Wecker-Apps kennen und hassen wir ja alle gleichermaßen, doch nun geht ein chinesischer Entwickler den umgekehrten Weg. Er bringt eine App, die uns zum Schlafengehen zwingt.
Wie krank muss die Menschheit noch werden? Müssen wir uns tatsächlich schon von einer App sagen lassen, dass es spät genug ist, um ins Bett zu gehen? Genügt denn nicht einfach nur ein Blick auf die Uhr, um zu erkennen, dass es Schlafenszeit ist. Oder ein längerer Blick in die Glotze – dann geht das mit dem Einschlafen meist sogar automatisch.
Nein, wir sind auf technische Hilfsmittel angewiesen, alleine können wir das längst nicht mehr entscheiden. Der Grund? Wir verlieren uns im Netz, mit Vorliebe im sozialen Netz. Wir chatten doch nur schnell mit einem Freund, ach ja, mit einem anderen Freund müssen wir die Fotos noch schnell teilen, die wir soeben im Kegelclub gemacht haben. Und dann müssen wir natürlich auch noch gucken, was denn der dritte Freund in den letzten 60 Minuten so getrieben hat. Könnte ja etwas Spannendes gewesen sein. Und dann kommen noch ein paar Mails dazu und ein paar SMS und schnell noch ein Spiel und schon haben wir die Zeit übersehen und der nächste Tag ist angebrochen. Früher hat wenigstens Mutti geschimpft, wenn wir nicht ins Bett gehen wollten. Heute übernimmt diese Rolle eben eine App. Mütter sind doch gar nicht so schwer zu ersetzen.
Doch was macht die App namens „I want to sleep early“ eigentlich? Trällert sie automatisch um 22.00 Uhr ein Schlaflied, das uns die Lider schwer macht? Wiederholt Sie monoton den aus der Kindheit bekannten Satz „Bub, geh endlich ins Bett, du brauchst deinen Schlaf!“ solange, bis es uns zu blöd wird und wir die Segel streichen?
Weder noch. Vielmehr gibt sie im Abstand von fünf Minuten ein Signal von sich, solange nämlich, bis der Anwende entnervt den Schlafmodus aktiviert. Dann wird das Handy für die nächsten zwei Stunden gesperrt und Chats und andere soziale Kontaktaufnahmen via Handy sind nicht mehr möglich. Endlich können wir mit ruhigem Gewissen einschlafen. Wann das Signal zum ersten Mal ertönen soll, lässt sich natürlich einstellen. Es geht schließlich nur um das Erinnert-werden.
Dass diese App ihre Berechtigung hat, hat der 23-jährige Entwickler namens Yang Yuan, bald erkannt. Laut einer Studie der Chinese Medical Doctor Association schlafen 14 Prozent der chinesischen Bevölkerung erst nach Mitternacht ein, wobei der Grund für das späte Einschlafen nicht selten im Umgang mit den sozialen Medien oder beim Handy-Spielen liegt.
Wir warten also nun geduldig darauf, dass diese wichtige App endlich auch den Weg in den deutschen Play Store findet, denn dann erst können auch wir wieder getrost einschlafen, wissend, dass in den nächsten zwei Stunden nicht einmal ein Jahrhundert-Tsunami unsere Träume stört.
Ob die App tatsächlich funktioniert – nicht im technischen Sinne, sondern im Sinne der Intention, können wir nicht sagen. Wir wissen, dass eine Wecker-App funktioniert, weil wir damit unüberhörbar aus dem Schlaf gerissen werden. Dass ein gleichermaßen sich wiederholendes Signal uns am Abend zum Einschlafen bewegt, mutet seltsam an. Wahrscheinlich ist das Deaktivieren des Signals mit einer Aufgabe verbunden, die uns an den Rand der Erschöpfung bringt. Wir kennen das ja von Wecker-Apps: Da muss man doch tatsächlich seine Rechenkünste unter Beweis stellen, um das dämliche Signal abzustellen. Wie viel ist doch gleich 2.398 mal 579?
Quelle: China Daily