Analyse: Sollte Microsoft Android-Apps auf Windows Phone bringen?

Es wäre ein Paukenschlag in der Mobilfunkbranche: Angeblich denkt Microsoft darüber nach, Android-Apps sowohl auf Windows als auch Windows Phone zu bringen. Doch was wären die Konsequenzen eines solch radikalen Schritts? Eine Analyse. 

3,3 Prozent – so niedrig hoch ist laut aktuellen Zahlen des Marktforschungsunternehmens IDC der weltweite Marktanteil von Windows Phone. Das mobile Betriebssystem aus dem Hause Microsoft ist auch fast vier Jahre nach seinem Marktstart immer noch eine Nullnummer und liegt hinter Android und iOS abgeschlagen auf dem dritten Platz. Vielleicht sind es ja diese Zahlen gewesen, die Microsoft über einen sehr radikalen Schritt nachdenken lassen.

Wie die Kollegen von The Verge berichten, denkt man in der Chefetage in Redmond wohl aktuell darüber nach, ob man nicht Android-Apps auf Windows und Windows Phone bringen sollte. Die Idee dahinter: je größer das App-Angebot ist, so wohl die Denkweise von Microsoft, desto leichter lassen sich auch Geräte mit Windows und Windows Phone an den Mann bringen. Während das klassische Windows von dieser Problematik eher weniger betroffen ist, wenn man mal vom Modewort “App” absieht, laufen die meisten echten Anwendungen ohnehin auf Windows, sieht es bei Windows Phone schon anders aus.

Nutzer von Windows Phone fühlen sich oft ausgeschlossen

Der Windows Phone Store beherbergt aktuell etwas mehr als 200.000 Apps. Zum Vergleich: Der Google Play Store und Apple App Store sind das Zuhause von mehr als 1. Millionen Apps. Vor allem bei aktuellen Trends, man nehme nur mal Flappy Bird als Beispiel, können sich Nutzer von Windows Phone recht schnell ausgeschlossen fühlen.

Könnten Android-Apps hier also die Rettung sein? Vielleicht, aber sie bringen auch eine Reihe an Nachteilen mit sich.

Mehr als eine Millionen Apps: Vom Angebot des Play Stores können Nutzer von Windows Phone nur träumen. (Bild: Screenshot/Google Play Store)

Blackberry hat es nicht geholfen

Denn einerseits sagt die Zahl an verfügbaren Apps ohnehin nichts über die Qualität einer Plattform aus. Wenn es an hochwertigen Apps mangelt, dann sind auch 300.000 Furz-Apps wenig von Nutzen. Wichtig ist eher die richtige Mischung aus bekannten Namen und einer großen Anzahl an Anwendungen, die unterschiedliche Nischen bedienen und Einsatzzwecke abdecken. Android-Apps könnten hier die Lücke füllen – zumindest in der Theorie. Denn praktisch hat es auch Blackberry nichts geholfen, dass es bei ihrem neuen Betriebssystem BB10 eine grundsätzliche Kompatibilität zu Android-Apps gab. Die Kanadier, den meisten noch als RIM bekannt, stehen heute kurz vor dem Abgrund und werden immer wieder als Übernahme-Kandidat gehandelt.

Bruch der User Experience

Zudem würden Android-Apps die User Experience brechen. Man muss kein Fan von Windows Phone sein, aber neidlos anerkennen, dass es ein sehr kohärentes Betriebssystem ist, dessen Nutzungserlebnis sich wie “aus einem Guss” anfühlt. Android-Apps, die völlig anders aussehen und sich anders bedienen lassen, würden sich wie Eindringlinge anfühlen. Es würde nicht passen. Windows Phone würde damit zu einem OS mit gespaltener Persönlichkeit. Dass das fast immer in die Hose geht, sieht Microsoft bereits mit Windows 8.

Windows Phone ist ein sehr kohärentes Betriebssystem. Android-Apps würden die User Experience brechen. (Bild: Luca Viscardi/Wikipedia)

Kein Anreiz mehr für Entwickler

Microsoft müsste außerdem alle namhaften Entwickler überzeugen, ihre Android-Apps auch in den Windows Phone Store einzustellen und dort zu pflegen. Das kann klappen. Denn auch wenn Redmond das mobile Zeitalter fast vollständig verpennt hat, ist man auch heute noch der größte Softwarehersteller der Welt, dessen Wort in der Branche noch einiges an Gewicht hat. Aber, genau dieses Argument wenden ja auch die internen Kritiker des Vorschlags ein, Android-Apps auf Windows Phone zu bringen: wieso sollten Entwickler noch an eigenen Windows Phone-Apps arbeiten, wenn sie doch ihre Android-Apps stattdessen nutzen können? Microsoft würde mit so einem Schritt Windows Phone austrocknen, das eigene Kind langsam verdursten lassen.

Die weiße Flagge hissen

Das Medienecho wäre daneben verheerend. Es gehörte seit Jahrzehnten zu Microsofts Anspruch, sich mit den Besten zu messen und sie irgendwann auch zu überholen. Android-Apps auf Windows Phone zu holen, würde von der Fachpresse als Eingeständnis des Scheiterns aufgefasst werden. Keine schöne Aussicht für einen Konzern, der gerade nicht nur mitten Umbruch steht, sondern mit Bing und Windows 8 zwei weitere Sorgenkinder an der Backe hat.

Fazit

Microsoft täte also gut daran, Android-Apps nicht auf Windows Phone zu bringen. Von den Medien würde es Eingeständnis des Scheiterns angesehen werden, den Entwicklern nähme man so den Anreiz, Anwendungen für Windows Phone zu entwickeln und außerdem würde es die sonst so einheitliche User Experience von Windows Phone brechen. Anders sieht es hingegen aus, wenn Microsoft einen sogenannten “Fork” von Android entwickeln würde, doch darüber haben wir bereits an anderer Stelle gesprochen.

Was meint ihr, sollte Microsoft Android-Apps auf Windows Phone holen?