Paukenschlag im Mobilfunkmarkt: Für 5,44 Milliarden Euro übernimmt Microsoft die Mobilfunksparte von Nokia. Wird Stephen Elop jetzt neuer CEO von Microsoft?
Ganz überraschend kommt der Deal ja nicht – schließlich wurde schon seit langem darüber spekuliert, ob sich Microsoft irgendwann Nokia einverleiben und so zum Smartphone-Hersteller werden wird. Jetzt ist es geschehen. 3,79 Milliarden Euro lässt sich Microsoft die Mobilfunksparte von Nokia kosten, zusätzlich lizenziert man in Redmond für 1,65 Milliarden Euro Patente von Nokia. Daneben gewährt man Nokia günstige Kredite in Höhe von 1,5 Milliarden Euro.
Der Kauf soll 2014 abgewickelt sein, dann wechseln 32.000 bisherige Nokia-Mitarbeiter zu Microsoft, darunter auch etliche Manager wie Jo Harlow, Juha Putkiranta, Timo Toikkanen und Chris Weber. Stephen Elop gibt seinen Posten als Nokia-Chef auf und wird Vizepräsident der Gerätesparte bei Nokia, also genau jenem Teil, der von Microsoft übernommen wird.
Nokia bleibt als eigenständiges Unternehmen bestehen, doch im finnischen Espoo will man sich lieber auf das lukrative Netzwerk-Geschäft konzentrieren. Erst Anfang Juli hat man den bisher in Zusammenarbeit mit Siemens betriebenen Netzwerkausrüster Nokia Solutions and Networks (NSN) komplett übernommen. Bei Nokia verbleibt zudem die Abteilung Advanced Technologies. Die Kartenanwendung HERE bleibt ebenfalls im Besitz von Nokia, wird aber vier Jahre lang von Microsoft lizenziert.
Microsoft lizenziert außerdem die Marke Nokia, um den Namen weiterhin für Produkte nutzen zu können. Nokia selbst bleibt allerdings im Besitz der Namensrechte. Daneben übernimmt Microsoft die Smartphone-Marke Lumia und das Handy-Geschäft unter der Asha-Marke.
Die Patentlizenzierung zwischen beiden Unternehmen umfasst einen Zeitraum von zehn Jahren und schließt für Microsoft die Nutzung aller Nokia-Patente ein. Im Gegenzug darf Nokia Microsoft-Patente zur Weiterentwicklung seiner HERE-Kartenanwendung nutzen. Microsoft hat zudem die Möglichkeit, die Lizenzierung über das ursprüngliche Jahrzehnt hinaus zu verlängern. Außerdem tritt Nokia Rechte an Microsoft ab, bestimmte Patente von Drittanbietern zu nutzen. Dazu gehören u.a. Patente von Motorola, Qualcomm oder Motorola Mobility.
Im November sollen die Nokia-Aktionäre über die Offerte entscheiden und auch verschiedene Aufsichtsbehörden müssen ihre Genehmigung noch erteilen. Sollte der Kauf doch noch scheitern, wird Microsoft 750 Millionen US-Dollar an Nokia zahlen.
Mit der geplanten Übernahme von Nokia dürfte die Zukunft von Windows Phone noch fraglicher als ohnehin schon sein. Seit dem Stephen Elop 2010 das Ruder bei Nokia übernommen hat, arbeiten Microsoft und Nokia schon sehr eng miteinander zusammen, welche weiteren Vorteile könnte der Kauf von Nokia also bringen? Auch wenn Microsoft weiterhin unterstreicht, sein mobiles Betriebssystem auch anderen Herstellern zur Verfügung zu stellen, dürften Samsung, Huawei und Co. nach der Übernahme noch weniger Interesse daran haben, Smartphones auf Basis von Windows Phone herzustellen. Bereits jetzt führen sie neben Nokia ein Schattendasein auf dem Markt mit Windows Phones.
Der größte Gewinner dürfte indes Stephen Elop sein: der 50-jährige Manager hat sich, wie die Seattle Times berichtet, auf den Posten als CEO von Microsoft beworben und gilt unter Branchen-Kennern als aussichtsreicher Kandidat um Steve Ballmer als Boss des größten Softwareherstellers der Welt zu beerben.
Was haltet ihr von der Übernahme von Nokia? Genialer Schachzug von Microsoft oder rausgeschmissenes Geld?
Quelle: derStandard, Heise, Golem, Seattle Times