Laut aktuellen Marktzahlen hat die Kooperation zwischen Nokia und Microsoft für die Finnen keine guten Auswirkungen gehabt – seit dem die High-End-Handys auf Windows Phone basieren, geht es rapide nach unten.
Ein amerikanischer Analyst empfiehlt den Finnen nun die Nutzung von Google’s quelloffenem Betriebssystem im Low-End-Bereich. Als Begründung dafür führt er an, dass Newcomer wie FireFox OS mit der im Low-End-Bereich genutzten Asha-Plattform kurzen Prozeß machen würden.
Auf lange Sicht gesehen ist das nicht abwegig: auch wenn Mozilla derzeit das eine oder andere Problem mit seinem Betriebssystem hat – aufgrund der Vielzahl von schlagkräftigen Partnern dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, wann die Plattform auf immer billigeren Telefonen zum Einsatz kommt.
Das steht in scharfem Kontrast zur Aussage von Anssi Vanjoki – 2010 verglich er die Nutzung von Android mit der Idee, sich selbst zwecks Aufwärmen in die Hosen zu urinieren. Selbstverständlich erhöht das die Umgebungswärme kurz…über die langfristigen Effekte brauchen wir uns hier indes nicht auszulassen.
Allerdings befand sich Nokia damals in einer völlig anderen Lage. Das hauseigene Symbian-Betriebssystem rannte von Stärke zu Stärke, mit MeeGo und Meltemi gab es zwei potente Ersatzbetriebssysteme. Die Entwickler standen der Betriebssystemvielfalt dank Qt sorglos gegenüber, großzügige Hardwareverleihprogramme sorgten dafür, dass die finanzielle Belastung vernachlässigbar war.
Heute sind die Finnen in einer weitaus schlechteren Ausgangsposition. Symbian ist tot, MeeGo und Meltemi geht es ebenso elendiglich. Die hauseigene Betriebssystementwicklungsabteilung ist zerschlagen, in den meisten “Regional Offices” herrscht gähnende Leere. Zudem sind die meisten Entwickler in extremo sauer – nachdem sie ihre Symbian-Applikationen auf Qt portiert hatten, durften Sie – Microsoft sei Dank – gleich nochmals mit einer Portierung auf das .net-Framework weiterarbeiten.
Daraus folgt, dass viele der im Jahre 2010 offenstehenden Möglichkeiten heute nicht mehr realisierbar sind. Aufgrund des fehlenden Supports von Seiten der Entwickler hätte ein neues Betriebssystem mit extremem Applikationsmangel zu kämpfen – aufgrund der schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit dürfte kaum ein Programmierer gewillt sein, seine Programme ohne “cash advance” oder Portierungsprämie an das neue System anzupassen.
Das Fehlen der Regional Offices hat ähnliche Effekte auf die Netzbetreiberbeziehungen. Früher war es für Nokia ohne allzu große Probleme möglich, ein nicht allzu radikales Produkt in den Markt zu pushen – die für die guten Beziehungen zu den Netzbeteribern verantwortlichen Personen arbeiten nun bei anderen Unternehmen (gegen die Interessen ihres ehemaligen Arbeitgebers, der sie nach Meinung vieler Nokia-Mitarbeiter “verraten hat”).
Durch die Nutzung von Android umgehen die Finnen viele Probleme: das Betriebssystem ist etabliert, weshalb Nokia bei den Netzbetreibern keine wirkliche Überzeugungsarbeit leisten muss. Tausende Entwickler fluten den Play Store mit Anwendungen – die Vielzahl ist so hoch, dass wir euch mittlerweile mit AppCheck eine Liste der besten Programme präsentieren. In Summe kann Nokia somit die Reste der guten Reputation ernten, ohne viel Eigenleistung erbringen zu müssen.
Denkt ihr, dass Nokia mit Android den Turn-Around schafft?
Quelle: AndroidAuthority