Seismographen sind im Prinzip nichts anderes als überdimensionierte und sehr genaue Accelerometer – seit dem Erscheinen des iPhones gibt es kaum ein Telefon, das keinen Lagesensor mitbringt.
Aus diesem Grund kamen Erdbebenforscher vor einiger Zeit auf die Idee, die tausenden im Umlauf befindlichen Smartphones als Sensornetzwerk zur Erkennung von Erdbeben einzusetzen.
Dazu ist eine spezielle Applikation erforderlich, die die vom Accelerometer angelieferten Beschleunigungsdaten analysiert und im Zusammenhang mit per GPS gewonnenen Standortinformationen in Richtung eines Servers schickt – die Weiterverarbeitung der Daten erfolgt dann zentral.
Noch ist die Genauigkeit der Sensoren nicht wirklich ausreichend: Erdbeben lassen sich erst ab der Stärkestufe fünf zuverlässig erkennen. Allerdings gehen die Forscher davon aus, dass zukünftige Telefone weitaus feiner auflösende Accelerometer mitbringen, die auch zur Erkennung von schwächeren Erdstößen geeignet sind.
Witzigerweise ist das nicht der erste Versuch, das Einsammeln von Erdbebendaten zu “demokratisieren”. Die Universität Stanford betreibt seit Jahren ein als “Quake Catcher Network” betriebenes Netz von Rechnern, die an einen USB-Seismographen angeschlossen sind. In besonders erdbebengefährdeten Bereichen sucht die Universität nach Freiwilligen, die einen Sensor “adoptieren” – die dadurch gewonnenen Daten helfen bei der Erstellung von Prognosen.
Die Idee der “verteilten Messungen” ist auch aus mathematischer Sicht alles andere als neu. Desto mehr Sensoren ein Phänomen beobachten, desto weniger fällt ein fehlerhafter Sensor ins Gewicht – schon ein einfacher gleitender Durchschnitt trägt in diesem Fall stark zur Steigerung der Datenqualität bei. Die Nutzung von Handys wirkt hier wie eine Freikugel – soviele Seismographen kann man einfach nicht aufstellen.
Aufgrund der enormen Anzahl von im Markt befindlichen Smartphones sind Manipulationen ausgeschlossen: selbst wenn ein Nutzer sein Handy in bösartiger Absicht schüttelt, sorgt das nebenan befindliche Telefon seines Nachbarn für korrekte Daten.
Noch ist die App nicht zum freien Download verfügbar. Wir fragen trotzdem: würdet ihr so einen Client auf euer Smartphone installieren? Erscheint euch das in Zeiten von PRISM und Co zu riskant? Oder macht ihr euch Sorgen um den gesteigerten Energieverbrauch?
Eure Meinung interessiert uns – hinterlasst uns doch ein Kommentar!
Quelle: Golem