5 Gründe warum Android langfristig Apple und Microsoft schlagen wird

Wer aktuell ein Smartphone oder Tablet kauft, entscheidet sich nicht nur für ein Gerät, sondern für ein Sammelsurium an digitalen Diensten. Gleichzeitig ist es eine Entscheidung für eines der großen digitalen Ökosysteme, denn die Wahl zwischen Google, Apple und Microsoft bedeutet gleichzeitig aus Google Play, Apple App Store oder Microsoft Windows Phone Marketplace zu wählen. Als vierter „Spieler“ betrat im vergangenen Jahr zudem der Versand-Riese Amazon mit einem eigenen Tablet, App-Store und einem angepassten Android-OS die Bildfläche. Derzeit ist sicherlich mehr als genug Platz für all diese Anbieter und Betriebssysteme, und das ist auch gut so. Die Vergangenheit hat aber bewiesen, dass die Karten in dieser Branche in wenigen Jahren völlig neu gemischt werden können. Wir verraten euch, warum Google mit Android sehr gute Chancen hat, auch weiterhin erfolgreich zu bleiben.

Ein kleiner Rückblick

Wir schreiben das Jahr 1999: Als Keanu Reeves in der Rolle von Neo ein modifiziertes Modell des Nokia 8110 in die Kamera hält, sind die Kinobesucher des Hollywood-Blockbusters Matrix in hellem Aufruhr. Jeder wollte dieses Telefon haben, inklusive dem Autor dieser Zeilen. Kein Wunder, der Name Nokia war damals der Inbegriff der Mobiltelefonie und dominierte die Branche über Jahre hinweg – erst Anfang 2012 löste Samsung Nokia als größten Handy-Hersteller der Welt ab.

Product-Placement anno 1999: Im Hollywood-Blockbuster Matrix wurde das damals coolste Mobiltelefon des damals größten Handy-Herstellers bildfüllend in Szene gesetzt.

1999 waren außerdem zwei ehemalige Studienkollegen gerade dabei, aus einem Uni-Projekt eine richtige Firma zu machen. Der Name dieses Dienstes war Google und niemand glaubte so recht an dessen Erfolg, da die Nachfrage nach Suchmaschinen als gesättigt galt und der (für damalige Verhältnisse) große Dienstleister Yahoo die erste Adresse war, wenn man etwas im Internet suchte.

Im Jahr 1999 überraschte außerdem der in den Jahren zuvor ins Straucheln geratene Computer-Hersteller Apple Inc. mit einem neuen Produkt: dem iMac. Unter Leitung des zurückgekehrten Firmengründers Steve Jobs, der sich 1985 aufgrund von Streitereien aus dem Unternehmen verabschiedete, gelang eine Neuausrichtung des Unternehmens. Der Markt wurde zwar weiterhin klar von Microsoft beherrscht, doch Apples aggressives Marketing gegen „uncoole“ PC-User und die Vermarktung des „coolen“ Apple-Users läutete eine neue und kommerziell extrem erfolgreiche Ära ein. Diese Neuausrichtung komplettierte 2001 der von Brancheninsidern als Himmelfahrtskommando eingestufte Musikplayer iPod und 2007 das von vermeintlichen Branchen-Kennern ebenfalls belächelte Smartphone iPhone – der Rest ist Geschichte.

Die Lehren der Geschichte

Wirft man heute, 13 Jahre später, einen Blick zurück auf das Jahr 1999 wird einem schnell klar, dass die Karten unter den ganz großen Spielern auf radikale Art und Weise neu gemischt wurden. Am massivsten ist dieser Umbruch wohl am Beispiel von Nokia ersichtlich: Ehemals als unangreifbar geltend, ist der finnische Handy-Hersteller heute in großen finanziellen, strukturellen und auch marketingtechnischen Schwierigkeiten. In den vergangenen Jahren hat sich die Branche radikaler und schneller denn je verändert, was zur Folge hatte, dass heute Unternehmen den Ton angeben, von denen das 1999 niemand erwartet hätte.

Die Gründe für den Aufstieg und Fall von Ideen, Konzepten und Geschäftsmodellen sind rückblickend analysierbar. Man kann aber natürlich, so wie wir in diesem Artikel, auch versuchen einen kleinen Blick in die Zukunft zu werfen und zumindest schon mal einige aktuelle Erfolgsrezepte festmachen.

1. Google hält seine Android-Geräte Hersteller bei Laune

Der Erfolg einer Software steht und fällt mit der Hardware. Was nützt ein gutes Betriebssystem, wenn es keine guten Geräte gibt, auf denen dieses läuft? Bestes Beispiel für dieses Erfolgsrezept ist Windows, bei dem die Rollenverteilung bislang immer gleich war: Microsoft liefert die Software, Hardware-Hersteller wie Compaq, Dell, IBM (bzw. Lenovo) etc. bauen die passenden PCs und Notebooks. Dieses ungeschriebene Gesetz hat Microsoft vor Kurzem mit der Vorstellung des Microsoft Surface Tablets gebrochen und ist auf die Linie von Apple geschwenkt, denn der Konzern will künftig auch selbst Tablets herstellen und somit in direkte Konkurrenz zu seinen über Jahre hinweg umsorgten Partnern treten. Wie erfolgreich Surface sein wird, und wie sich die Strategie von Microsoft auswirken wird, lässt sich aktuell aber nicht abschätzen.

Marktanteile von Smartphone-Herstellern am US-Markt im zweiten Quartal 2012. Quelle: nielsen.com

Google fährt mit Android hingegen eine sichere Schiene und schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Einerseits können Partner wie ASUS, HTC, LG und Samsung ihre Smartphones und Tablets kostenlos mit Android ausstatten und nach Lust und Laune modifizieren. Andererseits nimmt Google mit den Nexus-Geräten das Ruder mehr oder minder ebenfalls selbst in die Hand und lässt Smartphones und Tablets nach eigenen Vorstellungen herstellen. Der Clou daran: Google setzt dabei auf seine stärksten Partner und ließ das aktuelle Nexus-Smartphone, das Galaxy Nexus, vom Marktführer Samsung und das Nexus 7-Tablet vom für qualitativ hochwertige Produkte bekannten Hersteller ASUS fertigen.

2. Google bietet das attraktivste Komplettpaket an kostenlosen Diensten

Android, und in noch viel größerem Maße das PC-Betriebssystem Chrome OS, können getrost als Schaltzentrale für Google-Dienste betrachtet werden. Angefangen von den alltäglichen Google-Suchanfragen, über die Kalenderverwaltung bis hin zur Nutzung des Social Networks Google+ lassen sich sämtliche Google-Aktivitäten komfortabel vom Smartphone oder Tablet aus verwalten. Klar, diese Dinge können auf einem iPhone oder einem Windows Phone-Gerät ebenfalls erledigt werden, doch keines der Betriebssysteme hat diese Features so tief und intuitiv verankert wie Android. Mit „Drive“ konkurriert Google sogar erfolgreich mit einem der Kernprodukte von Microsoft, nämlich Office. Gleichzeitig bietet dieser Dienst Online-Speicher, was wiederum beliebte Anbieter wie Dropbox direkt angreift. Dass man nur einem Anbieter seine Daten anvertraut, bereitet vielen Usern verständlicherweise Kopfzerbrechen, rein aus strategischer Sicht steht Google aber sehr gut da und hat in so gut wie alle Richtungen der aktuell wichtigsten Online-Dienstleistungen seine Fühler ausgestreckt.

Das Angebot verschiedener kostenloser Google-Dienste ist riesig. In Android werden die meisten der hier gelisteten Dienste auf kluge Weiser vereint.

3. Android ist eine Brutstätte für kreative Ideen

Die Linux-Wurzeln von Android werden vor allem beim Betrachten der Entwickler-Community ersichtlich, denn diese ist unglaublich aktiv. Abseits der offiziellen Weiterentwicklung unter der Federführung von Google wird Android unter anderem im legendären Forum der XDA-Developers unter Hochdruck auseinandergenommen und in abgewandelter Form wieder zusammengesetzt. Die Früchte dieser Tatsache sind unzählige Custom-ROMs, die sich auch technisch weniger versierte User mit minimalem Zeitaufwand auf ihren Smatphones oder Tablets installieren können.

Gleichzeitig tut sich nicht nur bei der Software einiges, sondern auch bei der Hardware. So ist schon seit längerem klar, dass Android längerfristig nicht auf Smartphones und Tablets bleiben wird. Neben exotischen Ideen wie etwa Kühlschränke mit Android-OS oder ähnlichem, gibt es in diese Richtung bereits sehr konkrete Ausformungen.

Medial die meiste Beachtung bekommen derzeit wohl die Google Glasses. Diese Augmented Reality-Brillen sollen angeblich mit einer abgewandelten Form von Android auf den Markt kommen. Das mit Android 4.1 eingeführte Feature „Google Now“, das dynamisch und in Echtzeit brauchbare Zusatzinfos liefert, könnte bei diesen Brillen eine tragende Rolle einnehmen, ebenso wie Sprachbefehle.

Google-Gründer Sergey Brin nutzt jede Gelegenheit um die Google Glasses der Öffentlichkeit zu präsentieren. Mehr Infos zu Project Glass findet ihr in diesem Artikel. Bildquelle: Google

Android ist außerdem jenes Betriebssystem, bei dem die technische Entwicklung aktuell am rasantesten vonstatten geht. Während im letzten Jahr die ersten Dual Core-Smartphones und -Tablets an den Start gingen, gibt es mittlerweile eine breite Palette an Quad Core-Geräten. Bei Spielen ist hier vor allem Nvidia mit seinem Tegra 3-Chipsatz extrem aktiv und zeigt, welche Grafikpracht auf mobilen Geräten möglich ist.

Eng damit verknüpft ist das Kickstarter-Projekt Ouya. Dabei handelt es sich um eine Videospielkonsole zu einem Preis von nur 99 US-Dollar, die mit Android und Tegra 3 ausgestattet ist. Gut möglich, dass dieses Gerät die Videospiele-Industrie in ihren Grundfesten erschüttern wird, zumal nicht nur Android-Games, sondern auch „richtige“ Videospiele über das OnLive-Streaming-Service angeboten werden sollen. Was wir davon in Europa zu sehen bekommen, ist aber noch nicht fix. Im März 2013 werden wir mehr wissen, denn da soll Ouya voraussichtlich starten.

Die Android-Konsole Ouya soll 2013 die Videospiele-Industrie aufmischen. Details und ein Video zu Ouya findet ihr hier. Bildquelle: Ouya

4. Android wird mit günstigen Tablets die Haushalte erobern

Bei Smartphones ist Googles Android neben Apples iOS das beliebteste Betriebssystem. Das ist interessant, denn Android ist in vielen Belangen genau das Gegenteil von iOS. Bei Smartphones ging das Konzept eines auf unzählige Geräte in allen Preisklassen verteilten Betriebssystems mit einem so gut wie nicht reglementierten App-Marktplatz auf. Bei Tablets konnte Android bislang weniger Marktanteil einheimsen, was vor allem an der extrem dominanten Stellung des iPads liegt.

Während Hersteller wie ASUS oder Samsung zwar sehr gute Tablets bauen, greift die große Mehrheit der Tablet-Käufer nach wie vor zu einem iPad. Warum das so ist, wollen wir jetzt nicht analysieren. Das Resultat davon ist jedenfalls, dass sich Käufer unter gleich teuren Tablets mehrheitlich für ein Apple-Produkt entscheiden und Menschen, denen all diese Geräte zu teuer sind, ganz einfach auf ein Tablet verzichten.

Amazon deckte als erster Hersteller die Nachfrage nach günstigen Tablets ab und veröffentlichte bereits im letzten Jahr den Kindle Fire. Bildquelle: Amazon

Dass es auch anders geht, hat als erstes Amazon erkannt und im vergangenen Jahr das günstige Tablet Amazon Kindle Fire veröffentlicht. Die Strategie dahinter ist eine ähnliche, wie sie   auch von Herstellern von Videospielkonsolen angewendet wird: die Hardware wird möglichst billig und unter Inkaufnahme von minimalen Gewinnmargen oder sogar von Verlust an die Kunden gebracht, denn Geld soll schlussendlich mit dem Verkauf von Spielen und anderem Content verdient werden. Zum Weihnachtsgeschäft 2011 war Amazon mit dem Kindle Fire extrem erfolgreich und konnte in den USA die iPad-Verkäufe toppen.

Ein ähnliches Konzept wie Amazon verfolgt nun Google mit dem Nexus 7, denn 200 US-Dollar sind auch der Preis, für den das Kindle Fire an den Start ging. Der Haken an der Sache ist aber, dass das Nexus 7 in unseren Breiten derzeit noch nicht erhältlich ist (soll im Herbst kommen) und auch der Content aus der Google-Cloud in Form von Büchern, Zeitschriften, Musik und Videos ist bei uns eingeschränkt oder gar nicht funktionsfähig. Mehr Infos zum Nexus 7 findet ihr in diesem Artikel.

Seit kurzem ist das erste Tablet der Google Nexus-Reihe erhältlich. Das von ASUS gefertigte 7 Zoll Gerät orientiert sich an der Strategie des Amazon Kindle Fire und ist ab 199 US-Dollar erhältlich.

5. Apples Firmenpolitik polarisiert und nützt Android

Die über Jahre hinweg aufgebaute Fanbasis von Apple ist nach wie vor groß, beginnt aber zusehends zu bröckeln. Ob die Patentklagen zwischen Apple und diversen Android-Herstellern ihre Berechtigung haben oder nicht, sei dahingestellt. Fest steht, dass die mediale Berichterstattung und die hitzigen Diskussionen auf Social Networks am coolen und entspannten Image des IT-Konzerns Apple kratzen. Während es über Jahre hinweg Apples Masche war, sich als schrullige, liebenswerte Aussenseiter zu positionieren, die einen idealistischen Freiheitskampf gegen die großen, bösen Konzerne IBM und Microsoft führen, ist Apple mittlerweile „nur“ noch selbst ein Unternehmen, dass seine Monopolstellung um jeden Preis behalten will. Hinzu kommt Negativpresse, wie etwa zu den schlechten Arbeitsbedingungen in chinesischen Foxconn-Werken oder den prüden Zensurmaßnahmen in Apples App Store. Es lassen zwar auch Hersteller wie Sony oder Nintendo bei Foxconn produzieren, jedoch bekommt Apple als eine emotional aufgeladene und extrem bekannte Marke das meiste von der Kritik ab.

In Summe profitiert Android vom angekratzten Image von Apple. Ein Vorteil von Android ist hier auch, dass die Loyalität der Nutzer dem Betriebssystem als solches gilt und nicht bloß einer einzelnen Marke. Wer von Samsung auf HTC wechselt, wechselt nur den Hersteller, nicht aber das Betriebssystem.

Patentklagen sind in der IT- und Mobilfunk-Branche an der Tagesordnung. Medial wird aber vor allem den Klagen zwischen Apple und Samsung die größte Aufmerksamkeit geschenkt. Bildquelle: PCMag.com

Fazit

Wer die Branche genauer beobachtet, merkt, dass sich die Strategien von Amazon, Apple, Google und auch Microsoft bei ihren jeweiligen mobile Plattformen nicht unähnlich sind – zumindest was die Software betrifft. Jeder der vier will Geld aus seinen digitalen App-, Musik- und Video-Marktplätzen abschöpfen und Kunden mit einem möglichst kompletten Angebot an digitalen Gütern für sich gewinnen. Apple ist hier (noch) am besten aufgestellt, doch Google respektive Amazon sind drauf und dran diesen Rückstand aufzuholen.

Sieht man sich die derzeitige Situation an, ist es definitiv Android, das am meisten Potential bietet. Googles Betriebssystem genießt das Vertrauen der aktuell relevantesten Hersteller von Smartphones und Tablets, es bietet ein stimmiges Komplettpaket an kostenlosen Webdiensten, es bietet Entwicklern genug Platz für neue, innovative Ideen, es läuft auf günstigen und dennoch guten Tablets und es profitiert vom angeschlagenen Image von Apple und vom bislang nicht geglückten Aufschließen von Microsoft auf dem mobilen Sektor. Alles in allem sieht es also rosig aus für Googles mobiles Betriebssystem.

Was denkt ihr? Seht ihr die fünf von uns genannten Aspekte ebenfalls als großen Vorteil von Android? Fallen euch mehr Pluspunkte ein? Oder habt ihr etwas zu kritisieren?

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