China Phones: Die jungen Wilden aus dem Reich der Mitte

Die weltweiten Absatzzahlen für Smartphones steigen stetig an, der große Star der letzten Monate ist allerdings nicht etwa Samsung oder Apple, sondern Xiaomi. Der rapide Aufstieg des chinesischen Herstellers ist jedoch kein Einzelfall, sondern steht stellvertretend für den wachsenden Erfolg vieler chinesischer Hersteller. Wir nehmen die Entwicklung etwas genauer unter die Lupe.

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Es gibt über 7 Milliarden Menschen auf der Welt, von denen der Großteil noch kein Smartphone hat. Aus wirtschaftlicher Sicht besteht also noch ein großes unausgeschöpftes Wachstumspotenzial. Doch während die etablierten Hersteller wie Apple, Samsung und Co. versuchen sich mit immer leistungsstärkeren Flaggschiff-Smartphones zu übertrumpfen, zieht fast unbemerkt eine ganze Armada von Herstellern aus China mit neuen Marktstrategien an ihnen vorbei. Sie haben begriffen, dass außerhalb der reichen Industrienationen kaum jemand bereit oder vielmehr in der Lage ist, 600 Euro und mehr für ein Hochleistungs-Smartphone zu bezahlen. Unternehmen wie Huawei, Meizu, Oppo und allen voran Xiaomi haben in den letzten Monaten und Jahren ein massives Wachstum verzeichnet – dies liegt zum einen daran, dass sie High-End-Smartphones zu einem Bruchteil der großen Flaggschiffe anbieten und zum anderen, dass sie sich hauptsächlich auf den chinesischen Markt, sowie einige Entwicklungsländer konzentrieren und die gesättigten, hartumkämpften westlichen Märkte eher aus dem Augenwinkel betrachten.

Der chinesische Smartphone-Markt

Der kleine Hersteller Xiaomi hat es im zweiten Quartal 2014 erstmals geschafft, dank steigender Verkaufszahlen mehr Smartphones zu verkaufen, als die Konkurrenz von Samsung oder Apple. Die beiden großen Unternehmen haben beide mit sinkenden Verkaufszahlen zu kämpfen.

In China verkaufte Geräte (Zeitraum Q2 2014)

China gegen den Rest der Welt

Nachdem Apple 2007 mit der Vorstellung des ersten iPhones den damals kaum existenten Smartphone-Markt gehörig umgekrempelt hat, versuchte die ganze Industrie auf den Marktführer aus Cupertino aufzuschließen. Inzwischen verkauft Samsung deutlich mehr Smartphones als Apple. Einen großen Anteil daran trägt Android, das inzwischen einen weltweiten Marktanteil von über 80 Prozent besitzt. Man hat den Eindruck, dass die Karten nun relativ klar verteilt sind und die etablierten Hersteller wie Apple, Samsung, LG, Sony, HTC usw. die Sache unter sich ausmachen. Doch in China lief die Sache von Anfang an etwas anders. Hier konnte Samsung sich zwar, wie auch im Rest der Welt, an die Spitze der Geräteverkäufe setzen. Weil Apple auf dem chinesischen Markt jahrelang durch Abwesenheit glänzte, ergab sich allerdings für kleine Hersteller die Möglichkeit, eben diese Lücke zu füllen. Und genau dies ist auch geschehen – neben ein paar etablierten chinesischen Unternehmen wie Lenovo, Huawei oder ZTE, die plötzlich auch erfolgreich Smartphones fertigten, gelang es vor allem sehr jungen Unternehmen wie Oppo, Meizu oder Xiaomi große Erfolge einzufahren.

„Wir sind nicht die einzigen, die den Präsentationsstil von Steve Jobs adaptiert haben. Die ganze Welt macht das.” – Hugo Barra (Global Vice President Xiaomi)

Die jungen Wilden

Die Smartphone-Hersteller in China teilen sich in mehrere Kategorien auf – da wären zunächst die vielen No-Name-Hersteller, die überwiegend Billig-Smartphones produzieren. Diese Gruppe wollen wir hier aber nicht weiter beachten, da die Geräte oftmals kaum der Rede wert sind. Interessanter sind da schon etablierte Hersteller von Kommunikations-Elektronik wie Huawei, ZTE oder Lenovo, die seit einiger Zeit auch mit großem Erfolg Smartphones bauen. Die interessanteste Gruppe sind allerdings junge Unternehmen wie Oppo, Meizu und Xiaomi, die mit einer neuen Philosophie den Markt gehörig umkrempeln. Eines haben all diese Unternehmen gemeinsam, sie bauen High-End-Smartphones, die für einen Bruchteil der Flaggschiff-Preise großer Hersteller verkauft werden. Während das Samsung Galaxy S5 stolze 600 Euro kostet, erhält man in China die technisch vergleichbaren Meizu MX4 oder Xiaomi Mi4 bereits für umgerechnet je 250 Euro – kein Wunder also, dass diese Hersteller innerhalb kürzester Zeit eine große, loyale Fanbasis aufbauen konnten.

Der Preis liegt dabei so niedrig, dass durch den Verkauf gerade mal die Herstellungskosten gedeckt werden. Um also sicherzustellen, dass auch ja alle Geräte verkauft werden, hat vor allem Xiaomi es geschafft, einen wahren Kult um die eigene Marke zu kreieren, so dass die vergleichsweise kleinen Produktionsreihen jeweils innerhalb kürzester Zeit ausverkauft sind. Wie können diese Unternehmen aber überleben, wenn sie die Geräte zum Selbstkostenpreis verkaufen? Ganz einfach, mit Zusatzservices. Xiaomi wird von Hugo Barra, der vergangenes Jahr von Google zu Xiaomi gewechselt ist und sich dort für die Expansion kümmert, dann auch nicht als Smartphone-Hersteller bezeichnet, sondern als Internet-Plattform-Unternehmen. Die Geräte sind quasi nur die Transportmittel für die Software. Geld verdient das Unternehmen mit Services und Produkten, ähnlich wie etwa Amazon mit den Kindle-Fire-Tablets oder dem Fire-Phone. Außerdem verzichten Meizu, Xiaomi, Oppo und OnePlus auf großangelegte Marketingaktionen oder klassische Vertriebswege – die Geräte werden über die eigenen Websites vertrieben und über die Social Networks beworben.

Nicht alle China-Hersteller drängen auf westliche Märkte

Inspirierte Kopien

Ein Vorwurf, den sich Meizu, Huawei und vor allem Xiaomi immer wieder gefallen lassen müssen ist, dass ihre Geräte letztendlich nur Kopien von Apples iPhone sind. Sowohl Hardware als auch Software ähneln auf den ersten Blick dem Smartphone aus Cupertino zugegebenermaßen sehr, jedoch unterscheiden sie sich bei genauerem Hinsehen genug, um nicht als dreiste Kopie abgestempelt zu werden und möglichen rechtlichen Problemen aus dem Weg zu gehen – es ist also eher eine Form der Inspiration, als eine reine Kopie. In China gilt das Nachahmen von Produkten zudem als Ausdruck von Anerkennung, was dann auch erklärt, warum nicht nur die Geräte sowie die Software von Xiaomi, sondern auch Meizu und Huawei starke Apple-Anleihen aufweisen. Die Ähnlichkeit zu Apple-Produkten hat den Unternehmen zudem vor allem geholfen, als das iPhone in China noch nicht erhältlich war, den potenziellen Kunden Geräte anzubieten, die immerhin sehr ähnlich sind.

Ganz unproblematisch ist dies aber zugegebenermaßen nicht, zumal es im Falle von Xiaomi sogar so weit geht, dass das Unternehmen sich großzügig bei der visuellen Sprache aus Cupertino bedient, nicht nur was die Geräte oder die MIUI-Nutzeroberfläche angeht, sondern auch Website und anderen Details, wie z.B. die Namensgebung von MiPad, MiCloud und MiTV. Und zu allem Überfluss gilt der CEO von Xiaomi, Lei Jun, nicht zuletzt durch seinen Kleidungsstil als der chinesische Steve Jobs.

Doch egal, ob nun Kopie oder nur Inspiration, der Erfolg von Xiaomi ist beeindruckend – innerhalb von nur vier Jahren hat es das Unternehmen an die Spitze des chinesischen Marktes geschafft und gehört dank einer vorsichtigen Expansion inzwischen bereits zu den Top 5 der meistverkaufenden Smartphone-Hersteller.

Gefahr für den Westen?

Auf die Frage, ob Xiaomi auch die westlichen Märkte im Visier hat, antwortete Hugo Barra in einem Interview mit CNN zwar mit einem Ja – auf die Folgefrage, ob man zum Beispiel den US-amerikanischen Markt aber überhaupt brauche antwortete er dagegen: „Ehrlich gesagt, nein. Wir wollen schon auf den US-Markt, da er wichtig ist, aber wir haben es nicht eilig. Kein Wunder, denn die Expansionspläne von Xiaomi haben zunächst Indonesien, Mexiko, Russland, Thailand und die Türkei auf dem Fahrplan. Allesamt also Märkte, die noch nicht übersättigt sind und daher noch großes Wachstumspotenzial bieten. Andere chinesische Hersteller haben dagegen deutlich globalere Pläne. Huawei versucht bereits seit ein paar Jahren in den USA und Europa Fuß zu fassen. Lenovo, das in China ebenfalls sehr stark ist, hat für die hartumkämpften westlichen Märkte gerade erst Motorola von Google übernommen. Oppo versucht bereits seit einigen Jahren in den USA und Europa mit den ausschließlich über den eigenen Webshop vertriebenen günstigen High-End-Smartphones zu punkten und das Tochterunternehmen OnePlus verfolgt eine ähnliche Strategie, hat dabei allerdings massiv mit der großen Nachfrage zu kämpfen, die nicht zuletzt auch durch eine offensive Social-Media-Kampagne kreiert wurde.

Auch wenn die chinesischen Hersteller momentan also noch nicht die ganz große Gefahr für die traditionellen Märkte wie Europa, USA oder Südkorea darstellen, so machen sie den großen Herstellern weltweit doch mehr und mehr das Leben schwer. Diese können nicht einfach reagieren und den Preiskampf aufnehmen, da ihr Geschäftsmodell vorsieht, mit den verkauften Geräten Geld zu verdienen, während Google das Betriebssystem in der Hand hat. Aber ihre Strategie müssen sie zumindest anpassen, um nicht von den chinesischen Herstellern überholt zu werden.

Die der Hersteller im Überblick

OnePlus

Gegründet wurde das Unternehmen von Peter Lau, ehemals Vice President bei Oppo. OnePlus ist zwar ein Tochterunternehmen von Oppo, das Unternehmen betont aber immer wieder, dass es eigenständig ist. Die Zusammenarbeit mit Cyanogen Inc hat unter Android-Fans für Begeisterung gesorgt.

Gründung: Dezember 2013

Sitz: Shenzhen

Anzahl Mitarbeiter: k.A.

Jahresumsatz 2013: k.A.

Xiaomi Tech

Innerhalb von nur vier Jahren ist das Unternehmen zu einem der größten Smartphone-Hersteller in China aufgestiegen. Geräte mit hervorragendem Preisleistungsverhältnis, sowie eine starke Ähnlichkeit zu Apple haben einen wahren Fan-Kult um Xiaomi kreiert.

Gründung: April 2010

Sitz: Beijing

Anzahl Mitarbeiter: >3.000

Jahresumsatz 2013: 33 Mrd. USD

Huawei

Huawei ist ein großes Unternehmen, das vor allem Telekommunikations-Hardware aller Art herstellt. Seit einigen Jahren bringt der Konzern auch Smartphones auf den Markt, wobei man sich langsam von der Einsteigerklasse nach oben gearbeitet hat.

Gründung: 1987

Sitz: Shenzhen

Anzahl Mitarbeiter: >11.000

Jahresumsatz 2013: 39,7 Mio. USD

Oppo

Oppo hat sich als Hersteller von High-End-Multimedia-Geräten einen Namen gemacht, bevor man anfing High-End-Smartphones zu einem günstigen Preis auf eigene Faust zu vertreiben. Durch die Zusammenarbeit mit Cyanogen Inc. hat der Hersteller weltweit Ansehen in der Android-Community erlangt.

Gründung: 2004

Sitz: Dongguan

Anzahl Mitarbeiter: k.A.

Jahresumsatz 2013: k.A.