Handy-Spiele sind ein beliebter Zeitvertreib. Etwas zu beliebt, wenn man sich das Verhalten mancher Nutzer anschaut: Sie greifen in jeder freien Minute zum Smartphone, um ein paar Runden zu spielen, zocken bis spät in die Nacht oder geben hunderte von Euros aus, um schneller voranzukommen. Im schlimmsten Fall wirkt sich das negativ auf ihr Leben aus. Beziehungen können ebenso darunter leiden wie die Leistung in der Arbeit oder die finanzielle Sicherheit. Trotzdem können viele Mobile-Gamer sich ein Leben ohne ihr Hobby nicht mehr vorstellen. Das ist kein Zufall. Die Macher von Mobile Games legen es bewusst darauf an, dass die Nutzer so viel Zeit wie möglich vor dem Bildschirm verbringen und dabei am besten auch noch viel Geld ausgeben. Sie setzen zahlreiche Tricks ein, damit ihre Spiele regelrecht süchtig machen.
Das Wort „Sucht“ ist natürlich ein starker Ausdruck, und lange Zeit stritten Psychologen darüber, ob er bei exzessivem Videospiel-Verhalten wirklich passt. Mittlerweile hat sich diese Sichtweise aber weitgehend durchgesetzt. Internet Gaming Disorder lautet der Fachbegriff für dieses Problem, das erst jüngst von der WHO anerkannt wurde. Es ist zwar durchaus umstritten, wo die Grenze zwischen einer Sucht und problematischem Verhalten liegt. Unzweifelhaft ist aber, dass das Thema ernstzunehmend ist. Eine kleine Minderheit aller Gamer haben die Kontrolle über ihr Verhalten verloren. Sie brauchen immer wieder die Bestätigung und die Glückshormone, die Erfolge im Spiel ihnen verleihen. Natürlich ist davon bei weitem nicht jeder betroffen, der etwas mehr Zeit auf dem Smartphone verbringt, als er eigentlich sollte. Aber vermutlich ist jeder in seinem Leben schon einmal in den Sog eines Videospiels geraten, das darauf ausgerichtet ist, den Nutzer möglichst lange in seinen Bann zu ziehen. Die Industrie bedient sich dabei verschiedener Tricks.
Zunächst gilt es natürlich einmal, das Interesse potentieller Spieler zu wecken. Hier kommen häufig ganz einfache Tricks zum Einsatz – Werbung mit bunten Bildern oder leicht bekleideten Damen gehören hier zum Standard. Andere Entwickler locken die Spieler mit der Möglichkeit, kostenpflichtige Spiele umsonst zu spielen. Die Gelegenheit, etwas Wertvolles umsonst zu bekommen, übt dabei eine enorme Anziehungskraft aus. Perfektioniert hat diese Technik die Glücksspielindustrie. Sie erfindet immer wieder neue Wege, ihre Spiele neuen Kunden umsonst zur Verfügung zu stellen. Letztes Jahr gab es kostenlose Demo-Versionen, dieses Jahr gibt es Freispiele bei Slots. Bei der Anmeldung in einem Online Casino kann der Nutzer 20 bis 50 Runden bei beliebten Spielautomaten umsonst spielen. Das Besondere daran: In der Theorie kann er dabei sogar echtes Geld gewinnen und es sich wieder auszahlen lassen. In der Praxis gestaltet sich das aber meist schwierig, denn die Auszahlung ist an eine gewisse Umsatzhäufigkeit geknüpft. Wenn der Nutzer etwas von seinem Geld haben möchte, muss er also weiterspielen.
Die meisten Online-Spiele mit Bezahlfunktion laufen etwas schleppend ab, wenn der Spieler den Ablauf nicht mit Spielwährung beschleunigt. Damit die Nutzer nicht abspringen, bevor sie Geld ausgegeben haben, lassen sich die Entwickler verschiedene Mechanismen einfallen. Oft ist das Spieltempo zu Beginn hoch, der Spieler investiert Zeit und Energie in die virtuelle Welt und baut eine blühende Stadt oder eine aufstrebende Streitmacht auf. Mit der Zeit wird der Spielfluss immer langsamer, irgendwann dauert es ohne Zahlungen Tage, bis es weitergeht. Wer schon viel Mühe in das Spiel gesteckt hat, muss sich jetzt entscheiden: Aufhören und alles verlieren oder bezahlen, um weiterzumachen. Eine andere Hinhalte-Taktik besteht darin, dass der Spieler immer wieder nur knapp an einer Errungenschaft scheitert. Zum Beispiel wird er vom Gegner angegriffen und es fehlen nur ein oder zwei Verteidigungsanlagen für einen Sieg. Dieses kleine Upgrade kann man sich doch gegen Bezahlung kaufen, denkt sich der Spieler – und landet in der Falle. Denn im Handumdrehen braucht er die nächste kleine Verbesserung, immer und immer wieder. Auf diese Weise gibt er entweder irgendwann sehr viel Geld aus, oder er wirft entnervt das Handtuch.
Wenn er sich für letztere Option entscheidet, geht die Rechnung des Spielbetreibers natürlich nicht auf. Darum lassen sich die Entwickler auch einiges einfallen, um ehemalige Spieler zurückzuholen. Wer sich ein paar Tage lang nicht eingeloggt hat, bekommt einmalig etwas Spielwährung geschenkt. Oder aber die Spieler werden durch Treueprogramme davon abzuhalten, dem Spiel den Rücken zu kehren. Dann gibt es eine Belohnung dafür, sich über einen längeren Zeitraum jeden Tag einzuloggen. Oder immer, wenn der Spieler eine gewisse Anzahl an Stunden im Spiel verbracht hat, erhält er ein Upgrade. Wenn ein Spiel Push-Benachrichtigungen anzeigen darf, kann es den Spieler immer wieder ansprechen, bis er entweder nachgibt oder die App löscht.
Angesichts solcher Taktiken ist die Versuchung groß, Mobile Games zu dämonisieren. Aber tatsächlich kommt es nur bei einem kleinen Bruchteil aller Nutzer zu Problemen. Andererseits leidet oft auch die Qualität der Spiele unter diesen Tricks. Die Grenze zur Abzocke ist schnell überschritten. Die besten Mobile Games sind daher oft diejenigen, die ein paar Euro kosten und dann wirklich umsonst sind.