Viele Konsumenten zögern bei der Anschaffung einer Smartwatch noch. Wir haben drei Modelle über mehrere Wochen getragen und berichten vom Für und Wider.
Viel ist geschehen seit der Vorstellung von Android Wear im Juni letzten Jahres. Die Anzahl der am Markt befindlichen Smartwatches auf Android-Basis nähert sich dem zweistelligen Bereich, mit Asus ist ein neuer Hersteller hinzugekommen. Android-Platzhirsch Samsung setzt bei Wearables indes weiterhin hauptsächlich auf sein Betriebssystem Tizen – die „Gear Live“ ist immer noch Samsungs einzige Smartwatch auf Basis von Android Wear. In unserem Langzeit-Test haben wir drei Smartwatch-Modelle mit besonders hohem Öffentlichkeitsprofil berücksichtigt: LGs G Watch war die erste im Handel verfügbare Android-Uhr. Die Moto 360 von Motorola ist für viele die Smartwatch schlechthin. Und Sonys Smartwatch 3 sorgte mit dem verbauten GPS-Modul für besonderes Aufsehen – eine Funktion, die erst mit dem Update auf Android Wear Lollipop überhaupt genutzt werden konnte. Apropos Lollipop: Die Smartwatch-Software hat das Update auf das aktuelle Android 5.0 zeitgleich mit dem Versionssprung bei den Smartphones erhalten – eine Gesamtschau der Neuerungen finden Sie auf der folgenden Doppelseite. Da Google per Lizenzvereinbarung Hersteller-Anpassungen an Android-Wear verhindert, kamen die Updates bei allen drei Uhren ohne Verzug aufs Handgelenk.
Unterschiede zeigten sich bei der Hardware im weitesten Sinn: Der Tragekomfort der Armbänder, die Bedienbarkeit, Helligkeit der Bildschirme und – ein besonders heikler Punkt – der Akkuleistung der tragbaren Geräte. Was die Uhren wiederum eint, sind die Schwächen von Google Now – dem „persönlichen Assistenten“ von Android, der sämtliche Sprachbefehle an die Uhr entgegennimmt und interpretiert.
Als Fazit nach einigen Monaten Nutzungsdauer fällt das Urteil über die Sprachbedienung nicht positiv aus. Viel zu oft werden Befehle nicht verstanden oder falsch ausgelegt. Außerdem ist der Sprachassistent zu ungeduldig: Schon bei kurzen Sprechpausen wird die Annahme des Befehls oder Diktats abgebrochen.
Bei LG G Watch und Moto 360 können Sie jedes Standard-Uhrenarmband mit 22 mm Breite verwenden (oder sie schon mit einem passenden Armband ordern). Die Sony Smartwatch 3 ist mit ihrem speziellen Silikon-Armband (in mehreren Varianten erhältlich) ein Sonderfall.
Mit einem Durchmesser von 46 Millimetern ist die Moto 360 ein großes Kaliber. Die Dicke von 11,5 mm trägt das Ihre zu dem wuchtigen Eindruck bei. Unser Testgerät mit schwarzem Lederarmband trug sich trotzdem recht angenehm.
Das Silikon-Armband der Smartwatch 3 ist nicht fest mit dem Gehäuse verbunden und lässt sich leicht tauschen. Durch die flache, abgerundete Bauform schmiegt es sich eng ans Handgelenk. Die weit öffnende Faltschließe garantiert bequemes An- und Ablegen.
Die G Watch hat unter den drei Konkurrenten die kantigste Form. Das ist mitunter beim Ankleiden hinderlich – die Uhr hakt gerne mal im Jackenärmel.
Die Moto 360 verfügt als einzige Uhr über einen Helligkeitssensor, der die Beleuchtung den Lichtverhältnissen anpasst. Bei Inaktivität schaltet sie den Bildschirm komplett aus – einen „Immer an“-Modus wie bei den anderen Uhren gibt es nicht.
Das LCD-Display der Sony-Uhr enttäuscht mit einem leichten Gelbstich und schlechter Blickwinkelstabilität. Dafür bleibt der Bildschirm in heller Umgebung auch bei Inaktivität ablesbar, weil nur die Hintergrundbeleuchtung zum Stromsparen abgeschaltet wird.
Das Display der G Watch zeigt kräftigere Farben als das der Smartwatch 3,
braucht im „Immer an“ – Modus allerdings etwas mehr Strom als diese. Blickwinkel-Stabilität und maximale Helligkeit sind wiederum besser als bei Sony und in etwa mit der des Konkurrenten Moto 360 vergleichbar.
Die runde Uhr von Motorola wird (als bisher einzige Smartwatch) drahtlos geladen. Dazu legt man sie einfach in die mitgelieferte Ladestation (oder auf ein beliebiges Lade-Pad, das den Qi-Standard erfüllt). Der Nachteil: Auf Reisen führt kein Weg daran vorbei, die Ladestation mitzuführen.
Sony verbaut als einziger Hersteller einen micro-USB-Ladeanschluss. Ein Segen auf Reisen – der Stecker des Handys passt. Ein Fluch jedoch im Alltag, denn die Ladebuchse auf der Rückseite versteckt sich hinter einer Gummi-Abdeckung und das Uhrband steht dem Kabel im Weg. Übung macht den Meister, aber es bleibt eine Fummelei.
Die G Watch wird mit einer kompakten magnetischen Ladeschale geliefert, die die Uhr über Messingkontakte mit Strom versorgt. Das ist sehr bequem, obwohl die Schale auf Reisen mit ins Gepäck muss. Immerhin ist der Anschluss vom Typ micro-USB, unterwegs reicht also ein einziges Kabel.
Im Test wies die Moto 360 die schlechteste Laufzeit der drei Geräte auf. Nach rund 30 Stunden war Schluss – selbst bei sparsamer Nutzung und Bildschirm-Abschaltung bei Inaktivität. Schuld daran ist wohl der veraltete Texas Instruments-Systemchip, den Motorola in die Uhr verbaut hat.
Bis zu 3 Tage waren bei der Uhr von Sony drinnen, bevor sie wieder an den Stecker musste. Kein Wunder, hat sie doch mit 420mAh den größten Akku – um ein Drittel mehr Kapazität als jener der Moto 360. Aber auch eine genügsamere Rechner-Hardware ist für diesen Wert verantwortlich.
Die G Watch (die wir wegen des frühen Erscheinungstermins am längsten im Test hatten) pendelte sich unter moderatem Gebrauch und mit Bildschirm-Einstellung „Immer an“ bei etwa 48 Stunden Nutzungsdauer ein. Ein sehr brauchbarer Wert – so sind kurze Reisen auch ohne Ladeschale möglich.
In vieler Hinsicht ist die Entscheidung zwischen den drei Smartwatches eine Frage des Geschmacks. Durch die weitgehend idente Software-Basis ähnelt sich der Funktionsumfang der Modelle, nur das in der Sony Smartwatch 3 verbaute GPS-Modul bietet einen Mehrwert, den die anderen beiden Uhren nicht haben. Die viel gescholtene Akkuleistung von aktuellen Smartwatches ist selbst beim in dieser Hinsicht schwächsten Modell, der Moto 360, üblicherweise ausreichend. Für einen Tag reicht es bei typischer Nutzung allemal, und tägliches (oder nächtliches) Nachladen ist der Nutzer mittlerweile ohnehin vom Smartphone gewohnt. Wer viel reist, sollte zur Smartwatch 3 von Sony greifen, die per micro-USB-Port geladen wird und deshalb nur ein zusätzliches Kabel im Gepäck nötig macht. Ladeschalen mitzuschleppen – wie bei G Watch und Moto 360 unumgänglich – nervt.
Als praktisch erweisen sich nach wie vor allen voran die Basis-Funktionen von Android Wear: Benachrichtigung über Mails und Messenger-Nachrichten und neuerdings – im Zusammenspiel mit einem Smartphone mit Android Lollipop – die Smart Lock Funktion, mit der das Smartphone in der Nähe der Uhr entsperrt bleiben kann. Wer sein Handy im Taxi vergisst oder bestohlen wird, muss (Verschlüsselung vorausgesetzt) nicht um seine Daten fürchten, in sicherer Umgebung kann das Eingeben von Code oder PIN unterbleiben.
Google Now ist Sprachassistent und Informationslieferant zugleich, und als solcher eines der Herzstücke von Android Wear. Bevor die Sprachbedienung aber alltagstauglich wird, muss Google noch massiv Hand anlegen und die starre Befehls-Syntax flexibler ausgestalten. Man sollte keine Kommando-Strukturen auswendig lernen müssen, um per Sprachbefehl schnell einen Kalendereintrag zu erstellen, eine Erinnerung zu setzen oder eine E-Mail zu versenden. Wir müssen hoffen, dass die mit der Apple Watch neu erwachsene Konkurrenz den Ingenieuren von Google die Sporen gibt.