Ihr Smartphone versorgt Sie mit vielen nützlichen Infos. Allerdings findet der Datenfluss auch in umgekehrter Richtung statt: Denn das Smartphone schickt fröhlich Informationen über Sie an eine ganze Reihe von interessierten Abnehmern.
Heimliche Datenerhebungen, etwa von Standortdaten, sind ein schwerwiegender Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung“, warnte bereits im Jahr 2011 der nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte Ulrich Lepper. „Nutzerinnen und Nutzer müssen stets wissen können, welche Daten ihr Smartphone oder eine App, die sie nutzen, über sie speichert oder versendet. Sie müssen auch ohne Schwierigkeiten nicht gewollte Datenerhebungen unterbinden können. Wer ein Smartphone nutzt, darf deswegen nicht die Herrschaft über seine Daten verlieren.“
Leider aber ist teilweise genau dies eingetreten. Sogar Smartphone-Anwender, die vorsichtig sind, können es kaum vermeiden, dass persönliche Informationen über sie an diverse Empfänger übermittelt werden. Und Anwender die, von den technischen Möglichkeiten eines Smartphones berauscht, selbst simple Vorsichtsmaßnahmen außer Acht lassen, haben kaum noch ein digitales Privatleben. Ohne große Übertreibung lässt sich ein Smartphone als Überwachungswerkzeug bezeichnen, das das ausspionierte Opfer auch noch freiwillig mit sich herumträgt.
Und das hat Folgen. Besorgnisse bezüglich des Datenschutzes und der Privatsphäre kratzen am Image der digitalen Begleiter. In einer Umfrage des Marktforschungsinstituts TNS
Infratest stimmten 36 Prozent der Befragten folgender Aussage zu: „Aus Datenschutz-Bedenken werde ich in Zukunft weniger Funktionen meines Smartphones nutzen.“
Auf der nächsten Seite erfahren Sie, welche Informationen am häufigsten von Ihrem Smartphone sozusagen entführt werden. Und anschließend haben wir eine Übersicht für Sie vorbereitet darüber, welche Unternehmen auf welche Weise am unerwünschten Abzapfen Ihrer Daten beteiligt sind. Sie werden dort auf einige gute Bekannte stoßen …
Eine 24-Stunden-Zeitleiste schließlich zeigt Ihnen am Beispiel eines durchschnittlichen Tages, bei welchen Gelegenheiten Ihr Smartphone welche persönlichen Informationen über Sie an wen weiterreicht.
Wo bleibt denn da das Positive? Hier: Auf den letzten zwei Seiten dieses Artikels verraten wir Ihnen, was Sie unternehmen können, um sich vor den zahlreichen Datenspionen zu schützen. Und da gibt es erfreulicherweise doch einige wirksame und dennoch nicht besonders komplizierte Methoden.
Auf einem Smartphones sammeln sich viele persönliche Informationen über Sie an. Das ist nötig und praktisch. Denn ein Smartphone ohne Adressbuch, eine Telefon-App ohne Anrufliste, ein Web-Browser ohne Verlauf oder eine Navigations-App ohne Standortanzeige bieten nur eingeschränkten Nutzen. Das Fatale daran ist jedoch, dass diese Informationen sehr oft nicht lediglich auf dem Smartphone bleiben, sondern – teilweise recht unkontrolliert – in der Cloud landen oder heimlich von Apps ausspioniert werden. Hier eine Liste der Informationen, die am häufigsten abgezapft werden.
Die beliebtesten Dienste und Apps sind auch die datenhungrigsten und neugierigsten: Facebook, WhatsApp und Google. Dementsprechend oft erhalten diese Unternehmen Rügen vom Verbraucherschutzministerium, von den Verbraucherschutzzentralen und von der Europäischen Kommission. Dabei ist beim eifrigen Datensammeln dieser und anderer Unternehmen nicht einmal unbedingt böser Wille im Spiel: Denn erstens ist zumindest ein Teil der gesammelten Daten durchaus sinnvoll für das Bereitstellen des jeweiligen Dienstes. Und zweitens kollidiert die Wildwest-Mentalität US-amerikanischer Unternehmen mit den relativ strengen europäischen Datenschutzbestimmungen.
Die Google-Standortdienste stellen Ihre Aufenthaltsorte denjenigen Apps zur Verfügung, die danach fragen. Das ist einerseits natürlich nützlich und fast unverzichtbar, wenn es um Navigations-Apps geht oder um Dienste, die Sie mit Information über Ihre Umgebung versorgen (beispielsweise über Restaurants, Singles oder Schnäppchen). Andererseits sind Bewegungsdaten sehr private Informationen, die die meisten Anwender nur ungern mit Werbenetzwerken teilen.
Die Such-Software von Google auf Smartphones untersucht den Verlauf des Web-Browsers Chrome (und die verwendeten Suchbegriffe) auf dem Smartphone und auf dem PC. Das ermöglicht es dem digitalen Assistenten „Google Now“, Ihnen nützliche Informationen zu liefern. Diese über die Cloud synchronisieren Daten verraten viel über Ihre Vorlieben, Gewohnheiten und Meinungen.
Praktisch: Auf das Adressbuch Ihres Android-Smartphones können Sie auch vom PC aus zugreifen – und zwar über die Web-Site des E-Mail-Dienstes Gmail. Von einem Tablet, auf dem Sie dasselbe Google-Konto verwenden, haben Sie ebenfalls Zugriff auf dieses Adressbuch. Aber ist es wirklich eine gute Idee, derartig persönliche Informationen (nicht nur von Ihnen selbst, sondern ja auch von den Menschen, die in Ihrem Adressbuch stehen) in die Cloud zu verlagern?
Auf Android-Smartphones bietet das Betriebssystem es Ihnen an, nicht nur die Daten Ihrer Apps und Ihre Einstellungen in einer Sicherungskopie auf den Google-Servern abzulegen, sondern auch Ihre WLAN-Kennwörter. Das ist sehr bequem beim Zurücksetzen eines Geräts oder beim Einrichten eines neuen Geräts. Sicherheitsbewusste Anwender jedoch verzichten lieber auf diesen Komfort.
Mit dem Cloud-Speicherdienst „Google Drive“ können Sie Office- und andere Dateien ablegen, um sie von verschiedenen Geräten aus abzurufen – beispielsweise von Desktop-PCs, Notebooks, Tablets und Smartphones. Darüber hinaus ist es möglich, Dateien gemeinsam mit anderen Anwendern zu bearbeiten. Dateien mit vertraulichen Informationen jedoch sollten Sie bei der kostenlosen Version von „Google Drive“ nur in verschlüsselter Form speichern.
Kostenlose Apps versuchen sich in der Regel durch Werbeanzeigen zu finanzieren. Es wäre jedoch eher uneffektiv, wenn einzelne App-Entwickler sich selbst um das Akquirieren der Anzeigen kümmern müssten, die in ihren Apps erscheinen sollen. Also greifen die Entwickler auf Werbenetzwerke zurück. Zu den bekanntesten dieser Netzwerke gehören AdMob (Google), Flurry (Yahoo) und AdColony (Opera).
Die meisten von uns tragen ihr Smartphone fast 24 Stunden am Tag bei sich oder haben es zumindest in ihrer unmittelbaren Nähe liegen. Daher ist das Gerät ohne Mühe in der Lage, unseren Tagesablauf fast lückenlos aufzuzeichnen. Mittels der Informationen, die auf dem Smartphone eintreffen. Aber auch dank der Sensoren (wie GPS-Empfänger, Schrittzähler und Mikrofon), die in das Gerät eingebaut sind. Hier ein beispielhafter Tag eines typischen Smartphone-Benutzers, der seinen üblichen Tätigkeiten nachgeht – und dabei zahlreiche Informationen über sich preisgibt.
… Das liegt unter Umständen daran, dass Sie eine App verwenden, die Sie dann aufweckt, wenn Sie sich nicht in einer Tiefschlafphase befinden. Wenn Sie Pech haben, dann gleicht die App ihre Messungen mit dem Server des Herstellers oder mit einer Gesundheitsplattform ab.
Dies verraten meine Daten:
Ergänzen Sie den Blick aus dem Fenster mit einem Blick auf eine Wetter-App? Und schauen auch im Laufe des Tages immer mal wieder nach, wie sich das Wetter entwickelt? Oder informieren sich über das voraussichtliche Wetter in Ihrem Urlaubsland? Das hat Konsequenzen …
Dies verraten meine Daten:
Verwenden Sie eine Navigations-App? Oder aber eine App für öffentliche Verkehrsmittel? Lassen Sie sich Verkehrshinweise anzeigen? Bestellen Sie Taxis mit Ihrem Smartphone? Verwenden Sie eine App, die sich für Sie merkt, wo Sie Ihr Auto geparkt haben?
Dies verraten meine Daten:
Verwenden Sie einen E-Mail-Dienst, dessen Anbieter die Nachrichten zu Werbezwecken analysiert? Dann adieu, Briefgeheimnis. – Messenger mögen zwar die Inhalte der Nachrichten löschen, protokollieren aber Uhrzeit und Empfänger.
Dies verraten meine Daten:
Ein Kaffee und eine kleine Verschnaufpause: Was haben Ihre Freunde bei Facebook gepostet? Was liest man Neues bei Twitter? Und vielleicht gibt’s ja sogar ein süßes Katzenbild bei Instagram?
Dies verraten meine Daten:
Wie praktisch, dass Ihre Fotos automatisch in der Cloud landen. So ersparen Sie es sich, selber Sicherungskopien der Bilder anfertigen zu müssen. Weniger erfreulich dagegen, dass der Cloud-Anbieter die Fotos analysiert und dabei Orte und Personen erkennen kann.
Dies verraten meine Daten:
Verwenden Sie eine App, um Ihre sportlichen Aktivitäten zu protokollieren? Oder koppeln Sie Ihr Smartphone mit einem Fitness-Armband? Und synchronisieren Sie die gesammelten Daten mit einer Gesundheitsplattform?
Dies verraten meine Daten:
Nun wird es Zeit zum Fernsehgucken. Verwenden Sie zur Orientierung eine App statt einer gedruckten Fernsehzeitschrift? Benützen Sie Streaming-Angebote? Schalten Sie Originaltonspuren oder Untertitel ein?
Dies verraten meine Daten:
Vor dem Schlafengehen noch ein bisschen spielen? Oder schon früher, möglicherweise während der Arbeitszeit? Verwenden Sie dazu Ihr Smartphone? Oder doch lieber Ihr Tablet?
Dies verraten meine Daten:
Lesen Sie sich vor dem Installieren einer App die angeforderten Berechtigungen durch. Und verzichten Sie im Zweifelsfall lieber auf das Installieren fragwürdiger Apps. Oft stehen mehrere andere Apps mit ähnlichem Zweck zur Auswahl. Alternativ dazu können Sie (bei iOS und ab Android 6) den Apps gezielt einzelne Berechtigungen entziehen.
Um Ihre Daten zwischen Smartphone und PC abzugleichen, müssen Sie nicht unbedingt einen Cloud-Dienst verwenden: Dateien können Sie einfach mit Hilfe eines USB-Kabels auf das Smartphone übertragen. Und auch das Synchronisieren des Terminkalenders und des Adressbuchs lässt sich direkt zwischen PC und Smartphone erledigen.
Benötigen Sie die Ortungsdienste Ihres Smartphones tatsächlich ständig? Wahrscheinlich eher nicht. Dann schalten Sie sie einfach aus. Denn Standortdaten, die das Smartphone gar nicht erst erfasst, können auch nicht von neugierigen Apps abgegriffen werden. Darüber hinaus sparen Sie dadurch ein wenig Strom.
Daten, die Sie (mit Hilfe entsprechender Apps) nur in verschlüsselter Form auf Ihrem Smartphone speichern, können nicht (oder nur schwer) gestohlen werden. – Statt WhatsApp können Sie zudem Messenger-Apps verwenden, die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verwenden (beispielsweise Threema, Telegram oder ChatSecure).
Falls Ihnen der Datenhunger von Google nicht zusagt, kein Problem: Selbst wenn Sie ein Android-Smartphone verwenden, sind Sie nicht dazu gezwungen, die diversen Google-Dienste in Anspruch zu nehmen. Zur Google-Suche, zu Gmail, zu Google Drive und sogar zu Google Maps und zum Play Store gibt es einige Alternativen.
„Wenn ich nicht ausspioniert werden möchte, dann kaufe ich einfach die kostenpflichtige Version einer App, statt ihre kostenlose Version zu verwenden.“ – Gute Idee. Ein Allheilmittel ist das jedoch nicht. Denn auch 38 Prozent der kostenpflichtigen Apps übertragen Daten an Werbenetzwerke. (Bei den kostenlosen Apps sind es 71 Prozent.)