Gute Smartphones, niedrige Marktanteile, wechselvolle Geschichte, ungewisse Zukunft: Der Mobiltelefonhersteller Sony Mobile Communications hat es nicht leicht – schmiedet aber ambitionierte Pläne.
Die Geschichte von Sony Mobile Communications begann nicht etwa in Japan, sondern in Deutschland, genauer gesagt in Stuttgart. Seit Mitte der 90er Jahre entwickelte Sony dort in Zusammenarbeit mit Siemens Mobiltelefone. 1998 dann trennte Sony sich von Siemens und errichtete in Dornach bei München ein eigenes Design- und Entwicklungszentrum, unter der Leitung eines ehemaligen Siemens-Managers. Hergestellt wurden die Mobiltelefone im Sony-Werk im oberelsässischen Ribeauvillé.
Ein weiterer Ursprung von Sony Mobile Communications liegt in Schweden: Dort produzierte das Unternehmen Ericsson bereits seit 1956 Mobiltelefone. Das erste Modell wog 40 Kilo und hatte etwa die Größe eines Koffers. Im Laufe der nächsten 40 Jahre wurden die Ericsson-Mobiltelefone ein klein wenig handlicher. Und 1997 betrug der Anteil von Ericsson am weltweiten Mobiltelefonmarkt etwa 40 Prozent. Damit war Ericsson einer der größten Mobiltelefonhersteller, zusammen mit Nokia und Motorola. Diese Herrlichkeit sollte jedoch nicht lange dauern: Unerwartet niedrige Absätze und ein ungeschickt gehandhabter Brand in der Fabrik eines Chip-Zulieferers führten dazu, dass die Mobiltelefonabteilung Ericsson Mobile Communications dem Unternehmen im Jahr 2000 Millionenverluste statt Gewinne einbrachte.
Gut daher, dass Sony auf der Suche nach einem neuen Partner war: Auf sich allein gestellt hatte Sony bis zum Jahr 2000 einen Anteil von weniger als 1 Prozent am weltweiten Mobiltelefonmarkt erobern können. Und so gründeten Sony und Ericsson im Jahr 2001 ein Gemeinschaftsunternehmen namens Sony Ericsson Mobile Communications.
Das bescheidene Ziel dieses Unternehmens: innerhalb von fünf Jahren die Nummer eins im Markt der „mobilen Multimediaprodukte“ zu werden. Allerdings waren dem Gemeinschaftsunternehmen nicht von Anfang an Erfolge beschieden: In den ersten zwei Jahren musste Sony Ericsson Verluste verzeichnen. Ab 2003 dann jedoch fuhr das Unternehmen Gewinne ein. Zu verdanken hatte Sony Ericsson dies vor allem den für damalige Zeiten guten Multimediafähigkeiten seiner Mobiltelefone. (Soll heißen: Kameras und Farbbildschirme. Wir waren bescheiden damals.) Im Jahr 2009 war Sony Ericsson weltweit der viertgrößte Mobiltelefonhersteller (nach Nokia, Samsung und LG Electronics).
Allerdings zogen in dieser Zeit auch schon wieder dunkle Wolken am Horizont auf: Ab 2007 machte dem japanisch-schwedischen Gemeinschaftsunternehmen einerseits das neu auf den Markt gekommene iPhone schwer zu schaffen – und andererseits die Weltwirtschaftskrise. Das führte dazu, dass Sony Ericsson bis 2010 etwa 5.000 von ursprünglich über 8.200 Arbeitsplätzen streichen musste.
Im Jahr 2012 dann gab Sony Ericsson Mobile Communications bekannt, in Zukunft keine herkömmlichen Mobiltelefone mehr zu produzieren, sondern ausschließlich noch Smartphones. (Zu diesem Zeitpunkt handelte es sich bei bereits über 80 Prozent der verkauften Sony-Ericsson-Mobiltelefone um Smartphones.) Und das war nicht die einzige grundlegende Änderung in jenem Jahr. Denn Sony kaufte Ericsson dessen Hälfte des Gemeinschaftsunternehmens ab – für 1,05 Milliarden Euro. Dem Vernehmen nach wollte Sony eine größere Entscheidungsgewalt über die Produktion der Smartphones erlangen, um „den Verbrauchern schneller und auf einer breiteren Ebene Smartphones, Notebooks, Tablets und Fernsehgeräte anbieten zu können, die sich reibungslos miteinander verbinden lassen und neue Welten der Online-Unterhaltung eröffnen“, so der damalige Sony-Geschäftsführer Sir Howard Stringer. Der Name des Mobiltelefonherstellers lautete nun Sony Mobile Communications.
Derzeit beträgt der Anteil von Sony Mobile Communications am westeuropäischen Smartphone-Markt ungefähr 10 Prozent. Weltweit jedoch liegt der Anteil des Unternehmens bei lediglich etwa 2 Prozent. Daher machen sich Sony-Fans natürlich so ihre Gedanken darüber, wie lange das Unternehmen dies durchhalten kann.
Da stellte es eine Erleichterung dar, als der gegenwärtige Sony-Mobile-Geschäftsführer Hiroki Totoki im Juli 2015 erklärte, dass Sony sich „niemals“ aus dem Mobiltelefonmarkt zurückziehen werde. Unter anderem deshalb, weil die Welt sich auf die Ära des Internet der Dinge zubewege und Smartphones ein wichtiger Bestandteil dieser Ära seien.
Etwas weniger optimistisch jedoch klang das, was im Oktober 2015 Kazuo Hirai, der Geschäftsführer der Konzernmutter Sony, in einem Interview sagte: Es gebe das Ziel, mit Sony Mobile Communications im Jahr 2016 die Gewinnschwelle zu erreichen. „Andernfalls ist es nicht ausgeschlossen, dass wir andere Optionen in Betracht ziehen werden.“
Hiroki Totoki scheint davon auszugehen, dass sein Unternehmen diese „anderen Optionen“ nicht zu fürchten habe: Im Februar 2016 sagte er auf dem Mobile World Congress in Barcelona: „.Das Umstrukturierungsprogramm, das wir im vergangenen Jahr gestartet haben, ist fast beendet. Wir haben erreicht, was wir uns für 2015 vorgenommen haben. Und ich denke, im Jahr 2016 können wir erwarten, einen Gewinn zu erzielen.“
Totoki hat zudem für Sony Mobile Communications Pläne, die über Smartphones hinausgehen: „Wir müssen neue Arten von Kommunikationsgeräten entwickeln, die den Anwender nicht fesseln und ihm dennoch bequeme Möglichkeiten bieten, Informationen zu erhalten und mit anderen Menschen zu kommunizieren.“
Auf dem Mobile World Congress 2016 hat Sony Mobile folgerichtig das Produkt „Xperia Ear“ vorgestellt – einen kabellosen Kopfhörer, der dem Anwender beispielsweise E-Mail-Nachrichten, Navigationshinweise und Termine vorlesen kann. Umgekehrt ist es möglich, mit Hilfe von Sprachbefehlen unter anderem Anrufe zu starten, Nachrichten zu diktieren und Musikstücke abspielen zu lassen.
Die bekanntesten Sony-Ericsson-Mobiltelefone sind die Geräte der Serien W (Walkman), K und C (Cyber-shot). Bei den 2004 bis 2008 erschienenen K-Modellen handelte es sich um Mobiltelefone, deren Schwerpunkt auf den Kamera- und Multimediafunktionen lag. Ihre Nachfolger fanden diese Mobiltelefone in den 2008 und 2009 auf den Markt gekommenen Mobiltelefonen der Cyber-shot-Reihe. Die Walkman-Modelle (aus den Jahren 2005 bis 2011) richteten sich getreu ihrem Namen hauptsächlich an Musik-Fans und kamen mit verbesserten Abspielfunktionen sowie leistungsfähigeren Kopfhörern daher.
Die Smartphones von Sony Ericsson Mobile Communications und später von Sony Mobile Communications tragen den Markennamen Xperia. Das erste Modell hörte auf den Namen „Xperia X1“, kam 2008 auf den Markt und verwendete das Microsoft-Betriebssystem Windows Mobile, also den Vorgänger des heutigen Windows Phone.
Mit dem „Xperia X10“ veröffentlichte Sony Ericsson dann im Jahr 2010 sein erstes Smartphone mit dem Betriebssystem Android. Auch in der Zeit nach der Umbenennung in Sony Mobile Communications blieb das Unternehmen diesem Betriebssystem treu: Das erste Sony-Mobile-Smartphone erschien im Jahr 2012 unter dem Namen „Xperia S“. Das diesjährige Flaggschiffmodell trägt den Namen „Xperia X Performance“.