Fast drei Jahre nach Markteinführung kommt Windows Phone nur auf einen jämmerlichen Marktanteil von 3,7 Prozent. Will Microsoft in Zukunft noch eine Rolle spielen, sollte es Windows Phone einstampfen und auf Android wechseln. Ein Kommentar.
Microsoft hat verloren.
Manchmal sind drastische Worte nötig, um den Ernst der Lage zu verdeutlichen. Und die Lage ist sehr ernst. Microsoft, einst unbestrittener König in der IT-Welt, steuert wie die Titanic auf einen Eisberg zu. Doch statt entgegenzusteuern und den Kurs zu ändern, drückt Kapitän Steve Ballmer weiter unbeirrt aufs Tempo.
Die Zeichen für einen baldigen Crash sind jedoch unübersehbar.
Trotz größter Bemühungen, leider vor allem im Marketing und weniger in der Qualität der Suchergebnisse, ist Bing immer noch bedeutungslos. Selbst exklusive Partnerschaften mit Facebook oder Yahoo konnten daran nichts ändern. Die Suchmaschine aus Redmond ist nicht nur Lichtjahre von Google entfernt, sie wird mittlerweile selbst von länderspezifischen Suchmaschinen wie dem russischen Anbieter Yandex überholt.
Auch bei Windows 8 und Windows RT sieht die Welt nicht besser aus. Während die kastrierte Variante von Windows ein Flop sondergleichen ist und kein namhafter Hersteller mehr Interesse an Windows RT hat – selbst Microsoft hat mit seinem Surface RT mehr als 900 Millionen Dollar Verlust gemacht und muss die überschüssigen Tablets nun zu Sonderpreisen verscherbeln – läuft auch Windows 8 alles andere als rund. Der Nachfolger des so erfolgreichen Windows 7 entwickelt sich zum Ladenhüter und wird von Herstellern für die schleppenden PC-Verkäufe verantwortlich gemacht.
Einzig im Konsolenmarkt konnte man in den letzten Jahren erfolgreich Fuß fassen. XBOX 360, die passenden Spiele und Zubehör verkaufen sich selbst im achten Jahr der Konsole immer noch wie geschnitten Brot. Doch Microsoft wäre nicht Microsoft, wenn es nicht auch diesen Erfolg ohne Not zunichte machen würde. Die Vorstellung der neuen XBOX One geriet zu einem gigantischen PR-Desaster und mit einem Schlag hat man sich die in jahrelanger Arbeit hart aufgebaute Fangemeinde zum Feind gemacht. Kaum verwunderlich, denn wer will schon 499 Euro für ein Gerät ausgeben, was mehr an ein orwell’sches 1984 und die Stasi erinnert, als eine Spielkonsole?
Doch die größte und gleichzeitig wichtigste Baustelle bleibt Windows Phone.
Anfangs als verheißungsvolle dritte Alternative zu Android und iOS gestartet, ist davon gut drei Jahre nach Marktstart nicht mehr viel zu sehen. Der Marktanteil dümpelt im niedrigen einstelligen Bereich, populäre Apps wie Instagram oder Flipboard meiden die Plattform und wie die Ratten haben andere Hersteller das sinkende Schiff bereits verlassen.: nur noch Nokia ist geblieben. Doch selbst als einzig nennenswerter Hersteller von Windows Phones hat man in Finnland noch Probleme, seine Lumias an den Mann zu bringen.
Es brennt also an allen Ecken und Enden bei Windows Phone und für Microsoft stellt sich die Frage, wie der Konzern langfristig im Mobilsektor überleben kann? Die Antwort kommt aus einer unerwarteten Ecke: Android.
“Wenn man merkt, dass man ein totes Pferd reitet, sollte man absteigen”, besagt eine alte Volksweisheit der Indianer und auch wenn es die Fans von Windows Phone nicht gerne hören, aber Windows Phone ist tot. Ein Betriebssystem, was fast drei Jahre nach seiner Einführung auf einen jämmerlichen Marktanteil von weltweit nur 3,7 Prozent kommt, ist tot. Es ist tot. Da helfen selbst geschönte Formulierungen nichts, wonach “77,6 Prozent mehr Windows Phones als im Vorjahr verkauft wurden”.
Ein Zwerg kann seine Größe auch verdoppeln, dennoch wird er ein Zwerg bleiben.
Windows Phone ist tot und wenn Microsoft nicht auch sterben will, sollte das Unternehmen ganz schnell auf Android umsteigen. Verrückt? Ganz und gar nicht. Denn so verrückt, wie sich ein Wechsel Microsofts auf Android am Anfang auch anhört, ist die Idee längst nicht. Unzählige Hersteller, vornehmlich aus China, nehmen sich das offene Android und passen es nach ihrem Belieben an. Gerade das ist ja der Vorteil von Open Source. Das prominenteste Beispiel ist aber mit Sicherheit Amazon. Auf seinen Kindle Fire-Tablets verwendet der weltweit größte Onlinehändler eine angepasste Version von Android mit eigener Oberfläche, eigenem App Store usw.
Den gleichen Weg könnte auch Microsoft gehen, allerdings mit einer entscheidenden Ausnahme: Exklusivität. Denn während Amazon alle seine First-Party-Apps auch im Play Store und damit allen anderen zur Verfügung stellt, würde Microsoft seine Trümpfe natürlich in der eigenen Hand behalten. Mit der exklusiven Integration von XBOX und Office hätte das von Bill Gates und Paul Allen gegründete Unternehmen zwei schlagkräftige Verkaufsargumente.
Netter Nebeneffekt eines Umstiegs: auch die wenig populären Dienste der Konzernfamilie könnte man so pushen. Denn natürlich würde man Google durch Bing ersetzen, GMail durch Outlook.com, Google Maps durch die eigene Kartenanwendung usw.
An der Qualität der Hardware hat es bei Microsoft noch nie gemangelt. Jeder, der das exzellent verarbeitete Surface mal in der Hand gehalten hat, wird da zustimmen. Ein Smartphone in dieser Qualität, basierend auf Android und mit der exklusiven Integration von XBOX und Office, würde zu einem garantierten Kassenschlager werden.
Apple hat vorgemacht, wie man durch den Verkauf von Hardware aus einer Beinahe-Pleite zum wertvollsten Unternehmen der Welt aufsteigen kann. Microsoft hat alle Möglichkeiten in der Hand, diesen Erfolg zu wiederholen.
Dazu muss es nur eines sagen: Tschüss, Windows Phone!
Anmerkung des Autors: Manchmal liegt man mit seiner Glaskugel richtiger als man selbst gedacht hat. Dieser Kommentar wurde am gestrigen Freitag um 12:30 Uhr verfasst. Stunden später hat Steve Ballmer seinen Rückzug von der Microsoft-Spitze bekanntgegeben.