„Flaggschiff-Killer“ werden die Geräte von OnePlus oft genannt – weil sie die Leistung von Premium-Smartphones für 300 oder 400 Euro weniger versprechen. Wir lassen den neuesten Exponenten, das OnePlus 3T, zum Wahrheitsbeweis antreten.
Groß war die Verwunderung, als OnePlus ankündigte, ein neues Gerät auf den Markt zu bringen. Warum? Dafür braucht es eine kurze Retrospektive. Im Jahr 2014 sorgte OnePlus für ordentlichen Aufruhr, das erste Gerät der Serie sprengte alle Erwartungen. Ein Jahr später folgte dann die verbesserte zweite Variante und ein neues Modell, das OnePlus X. Die Hauptserie wurde aber wie gewohnt abermals ein Jahr später um das OnePlus 3 erweitert. Eine konsistente Geschichte also, die nun aber unterbrochen wurde. Etwas überraschend hievte der chinesische Hersteller vor einigen Wochen ein zusätzliches Gerät auf die Bühne, mit einem simplen Namenszusatz im Form des Letters „T“.
Gleichzeitig wurde bekanntgegeben, dass das reguläre Modell nicht mehr länger gebaut wird. Das wohl, um weiterhin effizient produzieren zu können. Bekanntlich sind die Modelle des chinesischen Erfolgsunternehmens kaum auf Lager, die einzige Möglichkeit, ein OnePlus-Smartphone zu bekommen, ist direkt über die Herstellerseite. Insofern ist der Schritt nachvollziehbar, wenngleich er nicht bei allen Besitzern des etwas älteren Modells auf Gegenliebe stieß. Warum das Interesse dennoch ungebrochen ist, lässt sich einfach erklären: Das chinesische Start-up OnePlus ist kein Hersteller wie jeder andere. Es hat keine vollwertige Niederlassung in Europa. Die Geräte werden hauptsächlich im Direktvertrieb online verkauft und erreichen den Kunden per Post über ein Auslieferungslager in Großbritannien. Mobilfunker führen die Smartphones nicht und auch von Zwischenhändlern sind sie nur schwer zu bekommen. Gewährleistungsfälle wickelt OnePlus zwar durchaus zur Zufriedenheit vieler Kunden ab, Rechtsansprüche lassen sich wegen der fehlenden EU-Niederlassung aber nur schwer durchsetzen.
All den kleinen Nachteilen in Sachen Einkaufen steht allerdings ein großer Vorteil gegenüber. Das liebe Geld. OnePlus steht für Flaggschiff-Power zum Mittelklasse-Preis. Entsprechend gilt es herauszufinden, ob das vierte Modell der Serie die mittlerweile recht hohen Ansprüche erfüllen kann und welche Schrauben der Hersteller nachgezogen hat.
Abgesehen von der etwas abgeänderten Farbgestaltung hat sich in optischer Hinsicht nichts getan. Das ist durchaus logisch, müssen so doch keinerlei Änderungen in der Produktion des Gehäuses vorgenommen werden – und das spart sowohl dem Hersteller als letztlich auch dem Endkunden Kosten. Das Preisargument zieht also immer noch, obwohl der Hersteller im Vergleich zum Vormodell etwa 10 Prozent aufschlägt: 439 Euro (statt 399) kostet das 3T. Für ein Smartphone dieser Verarbeitungsqualität und Ausstattung immer noch ein günstiger Preis.
Das Gehäuse besteht aus mattem Aluminium. Die Form ist flach und rückseitig leicht geschwungen. Die Metalloberfläche vermittelt in der Hand nur wenig Haftung, Stürze sind vorprogrammiert. Käufer sollten daher bei der Bestellung überlegen, sich eines der originalen Clip-On-Covers (nächste Seite) zu gönnen, um den Schaden bei einem Sturz zu vermindern. Alternativ gibt es auch noch eine Menge hübscher Hüllen von diversen Drittanbietern, unter anderem auch Flipcover, die auch das empfindliche Display schützen.
Nichtsdestotrotz vermittelt das Gerät einen wertigen Eindruck, ist exzellent verarbeitet und genügt auch den gehobenen Ansprüchen von Style-Gurus. „Gunmetal“ nennen die Entwickler die neue Farbvariante, die sich etwas vom „Graphite“-Ton des Vorgängers abhebt. Darüber hinaus soll es auch noch eine goldfarbene Version geben, die mit doppelt so viel Speicher aufwarten dürfte – momentan aber noch nicht erhältlich ist.
Über wesentlich tiefgreifendere Änderungen dürfen sich die Interessenten in Sachen Hardware freuen. Die Neuerungen betreffen drei Kernbereiche: Den Prozessor, den Akku und die Kamera.
Beim Prozessor ist es allerdings nur ein Minimal-Upgrade: Statt des Systemchips Snapdragon 820, der vor allem wegen seiner Hitzeprobleme in den Schlagzeilen stand, ist nun das Modell 821 verbaut, bei dem die Kerne etwas höher getaktet sind. In den Benchmark-Tests schlägt sich dies mit etwa fünf Prozent höheren Leistungsnoten nieder. Im Gebrauch ist von der Steigerung nichts zu merken, was wohl auch an der gleichgebliebenen Grafikeinheit liegen dürfte. Bei den diversen CPU-Tests erzielt das OnePlus 3T dementsprechend zwar mehr Punkte, die Grafikeinheit verhindert gewissermaßen aber, dass sich das auch großartig auf das Spielerlebnis niederschlägt. Dennoch: Das OnePlus 3T ist wie sein Vorgänger eines der schnellsten Smartphones am Markt, wozu auch die üppige Ausstattung mit Arbeitsspeicher mit satten 6 GB beiträgt. Zudem gilt der 821er aus dem Hause Qualcomm als noch eine Nuance energieeffizienter als sein Vorgänger – was uns direkt zum nächsten Punkt bringt.
Stärkere Auswirkungen als der neue Prozessor hat der gewachsene Akku: Mit einer Nennkapazität von 3,400 mAh ist er gegenüber dem Vorgänger um zehn Prozent angewachsen und beschert dem Nutzer laut unseren Tests eine ganze zusätzliche Stunde beim Video-Streaming oder mehr als 90 Minuten längeres 3D-Spiele-Zocken. Damit liegt das Oneplus 3T unter den besten zehn Prozent der ausdauerndsten Smartphones.
Praktisch unverändert ist die Kamera geblieben – abgesehen davon, dass sie jetzt hinter einer kratzfesten Saphirglas-Scheibe sitzt. Eine Kleinigkeit, die aber für deutlich mehr Schutz sorgt und zusätzlich ein längeres Geräteleben garantieren dürfte. Die produzierten Fotos sind scharf, detailreich und gelingen auch bei wenig Licht. Dahingehend hat sich auch im Vergleich zum Vorgänger nichts geändert, die Fotoqualität muss sich vor den Konkurrenten am High End-Sektor nicht verstecken. Das mag auch daran liegen, dass OnePlus laut eigener Aussage ein wenig an der Bildstabilisierung gearbeitet hat. Ebenfalls nicht spektakulär, für perfekte Aufnahmen aber ungemein wichtig.
Einen Hauch mehr hat sich bei der Frontknipse getan, was vor allem Fans von Selbstporträts freuen dürfte. Die Megapixel-Anzahl wurde verdoppelt, das 3T schießt Fotos mit 16 MP. Der Unterschied macht sich bemerkbar, wenngleich sich die Verbesserungen im Rahmen halten. Dennoch: Etwas knackigere Farben sind erkennbar, in den Details sind die Aufnahmen auch schärfer.
In allen anderen Belangen setzt OnePlus auf die Stärken des ursprünglichen Geräts. Erwähnenswert ist in dieser Hinsicht der dreistufige Schieberegler am linken Gehäuserahmen. Damit stellen Sie das Gerät im Handumdrehen auf „Lautlos“ oder aktivieren den „Bitte nicht stören“-Modus. Damit lassen sich einzelne Benachrichtigungstöne ausschalten. Die dritte Stufe aktiviert dann alle Sounds, vom Klingelton über die Medienlautstärke bis hin zum Wecker. Im Homebutton ist wie gewohnt der Fingerprintsensor eingelassen, der in Sekundenbruchteilen reagiert und das OnePlus 3T aus dem Ruhezustand holt.
Softwareseitig läuft die aktuellste Version von Oxygen-OS, als Unterbau muss noch Android 6.0.1 herhalten. Ein Update auf Android 7.0 wird aber nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen, ein genaues Datum für den Start der Verteilung gibt es allerdings noch nicht.
Mit dem OnePlus 3T betreibt der Hersteller Modellpflege an dem erst im Juni letzten Jahres vorgestellten Topmodell OnePlus 3. Ein doch ungewöhnlicher Schritt, der sich aber bezahlt machen dürfte. Die Detailverbesserungen machen Sinn, das Modell mit dem „T“-Suffix ist dem Vorgänger in drei Kernpunkten Akku, Performance und Kamera überlegen – zwar um nicht viel, aber eben doch. Insofern ist auch der Aufpreis von etwa 40 Euro gerechtfertigt. Wer das OnePlus 3 sein Eigen nennt, muss aber nicht zwingend umsteigen, dafür sind die Verbesserungen dann doch zu marginal ausgefallen.