Das neue 6-Zoll-Phablet von LG sticht vor allem durch seine ungewöhnliche Form hervor. Die Performance braucht sich dahinter allerdings nicht zu verstecken.
Krummes Ding, „Banana Phone“, „gebogenes Monster“, „Gurkendisplay“ – die Titelzeilen und Kommentare zum neuen 6-Zoll-Phablet von LG fallen sehr bunt aus. Dabei sind geschwungene Oberflächen gar nicht so neu: Schon 2010 stellte Google mit dem Nexus S ein kurviges Gerät vor. Der Unterschied: Damals war es nur das Glas, das gebogen war.
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Du suchst ein kompaktes Gerät zum kleinen Preis? Das LG Flex ist nichts für dich.
Beim G Flex dagegen hat der Hersteller – wie auch Samsung beim beinahe gleichzeitig erschienenem Galaxy Round – dem Display-Panel selbst eine Biegung verpasst. Möglich macht dies eine Technologie, die LG „Plastic OLED“ nennt: Der Bildschirm wird aus einem flexiblen Kunststoffsubstrat hergestellt. Die gebogene Form bringt das Mikrofon näher an die Schallquelle im Gesicht und optimiert den Blickwinkel auf den Bildschirm. Zudem soll das flexible Panel mechanische Belastungen wie Stürze besser verkraften als die steife Konkurrenz. Tatsächlich lässt sich das Gerät inklusive Display und Rücken auf einer harten Oberfläche gänzlich flach drücken, ohne Schaden zu nehmen.
Neben dem flexiblen Display an der Vorderseite wartet das LG Flex auch auf der Rückseite mit einer Besonderheit auf: Die Beschichtung mit Polyrotaxan-Lack ist „selbstheilend“ und soll kleine Kratzer innerhalb kurzer Zeit zum Verschwinden bringen. Im Test funktionierte das in der Tat – allerdings nur bei sehr oberflächlichen Schrammen. Tiefere Abschürfungen, die etwa durch die Schlüssel in der Tasche oder einen Sturz auf Asphalt entstehen, kann der Lack nicht ausgleichen.
Von allen Eitelkeiten abgesehen ist das LG Flex auf der Höhe der Zeit, was die Hardware anlangt: Ein Snapdragon 800 liefert mit 4 x 2,3 GHz ordentlich Rechenleistung, 2 GB RAM und ein Adreno 330 Grafikchip tun ein Übriges. In unseren Benchmarks sticht das Flex damit bei Rechenleistung und Grafik sogar das Galaxy Note 3 aus. Beim Browser liegt es nur knapp dahinter.
Mit 177 Gramm ist das LG Flex für ein Gerät dieser Größe relativ leicht und lässt sich mit etwas Geschick durchaus mit einer Hand bedienen. Was dabei zuerst stört, ist die Lage des Einschalt-Buttons und der Lautstärkenwippe: Wer das Gerät balanciert, kann die rückwärtigen Buttons nicht bedienen. Für diesen Fall hat LG allerdings eine erfrischende Neuerung, die Schule machen könnte: Der Bildschirm lässt sich mit einem Doppeltipp aktivieren. KNOCKON nennt der Hersteller diese Funktion.
Auch sonst hat LG mit Anpassungen nicht gespart. Die Oberfläche, die einem Android 4.2.2-System aufgesetzt wurde, ist sehr bunt gehalten und bietet gelungene und weniger gelungene Funktionen. Simpel und praktisch ist etwa die Dual-Window-Option, die ohne viele Fransen echtes Multitasking ermöglicht. Eher verzichtbar ist dagegen das „QSlide“ genannte Feature, das mehrere Tasks in eigenen Fenstern laufen lässt – die klobigen Bedienelemente nehmen einfach zu viel Platz ein.
Positiv fällt wiederum die Akkuleistung auf: Mit 3500 mAh ist die Speicherzelle sehr üppig bemessen, selbst wenn man die Displaygröße in Betracht zieht. Auch der Stand-By-Verbrauch war im Test sehr gering. Die Kamera liefert durchschnittliche Ergebnisse, überrascht aber positiv mit einer sehr geringen Auslöseverzögerung.
Das LG Flex besticht mit ausgezeichneten Performance-Daten und einigen cleveren Software-Features wie der KNOCKON-Aktivierung und Dual-View-Multitasking. Der Nutzen der kurvigen Form aber will sich uns nicht erschließen. Die Vorteile bei Blickwinkel, Ergonomie und Mikrofon sind bestenfalls marginal. Es drängt sich die Frage auf, ob LG das G Flex allein deswegen gebogen hat, weil die Ingenieure es eben konnten. Der zweifellos hohe Entwicklungsaufwand – der sich auch deutlich im Preis niederschlägt – wäre wohl besser in ein hochauflösendes Display investiert gewesen.