Huaweis Tochter Honor hat einen formidablen Start hingelegt. Vor allem die stärkeren, aber trotz alledem günstigen Geräte wurden dem Hersteller fast aus den Händen gerissen. Blüht das gleiche Schicksal auch dem Honor 8?
Mit dem Zweiten sieht man schärfer. Ganz ungeniert, denn voller Berechtigung wandeln wir den Slogan des ZDF für das neue Spitzenmodell von Honor ab: Wie bei der Verwandtschaft, dem Huawei P9, setzt dieses Gerät nämlich auf die Kraft der zwei Augen – eine zweite Kameralinse sammelt Tiefeninformationen. Doch damit nicht genug, auch sonst spielt das Thema Sehen ein große Rolle. Fangen wir gleich außen damit an: Denn das Ding sieht gut aus.
Ja, die Ähnlichkeit in der Formgebung zu einem 6er iPhone ist nicht zu leugnen. Sowohl Front als auch die Rückseite sind aber (auch anders als beim Honor 7) aus Glas, der Rahmen aus Metall. Einen einheitlichen Schwung von einer Display-Seite zur anderen über den Rücken gibt es also nicht, Glas und Rahmen sind aber abgerundet. Da die Schirmdiagonale üppige 5,2 Zoll beträgt, wirkt das Gerät mit seinen 7,5 Millimetern dünner als das bereits zur Referenz herangezogene iPhone 6 (7,1 mm bei 4,7 Zoll). Das Gewicht von 153 Gramm merkt man ihm nicht an. Kurz: Es ist ein Hingucker, auch wenn das Glas hinten gerne Fingerabdrücke sammelt und rutschig ist.
In der Sandwich-Position zwischen den beiden Glasscheiben werkelt ein HiSilicon Kirin 950-Prozessor mit acht Kernen und hoher Taktrate (4 x 2,3 + 4 x 1,8 GHz). Der schlägt sich in Kooperation mit dem 4-GB-RAM hervorragend in den Benchmarktests, entwickelt aber auch eine spürbare Wärme beim Rechnen. Vor allem beim Video-Genuss oder beim ausufernden Fotografieren hatten wir keine kalten Finger. Das ist nicht optimal, aber der Preis, den man für das Design und die Materialwahl bezahlen muss. Glas isoliert nun einmal besser als Aluminium und bei so wenig Platz staut sich Hitze natürlich auch besser im Gehäuse. Egal ob kalt oder erhitzt: Probleme in der Nutzung gab es keine.
Wie aber geht das Handy mit der Energie um, die es nicht in Wärme umsetzt? Um den Verbrauch klein zu halten, setzt Honor an verschiedenen Stellen den Rotstift an. Aktiviert man den ROG-Modus im Akkumenü, reduziert sich zum einen die Display-Auflösung von Full HD (1.920 x 1.080 Pixel) auf HD (1.280 x 720 Pixel), zum anderen werden alle aktuell geöffneten Apps gelähmt. Manuell können aber Anwendungen ausgenommen werden. Außerdem gibt es eine Optimierungsoption für Apps und eine Starkverbraucher-Firewall, die die Stromfresser in Quarantäne nimmt. Im Normalmodus haben wir trotz des Akkus mit 3.000 mAh und des energiesparenden LTPS-Displays jedoch keine berauschenden Standzeiten gemessen. Dafür ging die Ladung äußerst flott vonstatten.
Doch kommen wir endlich zur auffälligen Doppelkamera. Sie ermöglich die nachträgliche Verstellung des Schärfepunktes in einem Bild, und zwar nicht etwa durch nachträgliches Weichzeichnen bestimmter Bildbereiche wie man das von Apps wie Instagram kennt. Befindet man sich im Blendenmodus, werden einfach mehr Bilddaten gesammelt, quasi ein auf allen Ebenen scharfes Bild erzeugt. Leider arbeitet die Nachbearbeitung dann nicht so akkurat wie gewünscht. Die Abgrenzung zu anderen Bildebenen im Vorder- oder Hintergrund ist manchmal unsauber – schließlich wird nicht bei einer vollwertigen Kamera die Blende tatsächlich weit aufgerissen um geringe Tiefenschärfe zu erzeugen. Enttäuscht waren wir aber eher von den normalen Bildern. Die Farben waren oft sehr blass, gewisse Weißbereiche zu hell.
Begeistert hat uns dagegen das andere Mehr beim Bild, nämlich durch eine neue Interpretation des Themas Screenshot. Klopft man mit einem Fingerknöchel doppelt auf den Schirm, wird ein einfacher Screenshot erzeugt. Fährt man mit dem Knöchel einen Bereich ab, wird nur der ausgeschnitten und klopft man mit zwei Knöcheln, wird ein Screen-Video erstellt. Damit lassen sich Tutorials produzieren oder Snapchat-Videos konservieren. Und zeichnet man ein S z.B. in einen Nachrichtenverlauf, kann man auch diesen als Bilddatei abspeichern. Das ist clever. Praktisch ist der Fingerabdruck-Sensor hinter, der zugleich ein echter Knopf ist, mit dem sich beispielsweise ganz einfach die Taschenlampe aktivieren lässt.
Das Honor 8 ist ein schickes, leistungsstarkes Smartphone mit üppiger Ausstattung, sehr nützlichen Eingabehilfen und nur wenigen Schwächen. Knapp 400 Euro sind dafür nicht zu viel.