Mit dem Kauf eines wiederverwerteten Telefons tun Sie der Umwelt etwas Gutes – doch tun Sie das auch für sich? Wir blicken einer Nischensparte in die Karten.
Die Zeiten, in denen man sein Handy über viele Jahre in Verwendung hatte, gehören der Vergangenheit an. Der Wunsch, immer das neueste und beste Smartphone zu besitzen, ist omnipräsent und führt dazu, dass immer mehr Geräte bereits nach kurzer Einsatzzeit zu einem lästigen Anhängsel, ja beinahe zu Elektroschrott verkommen.
Aufgrund dieser Problematik ist in den letzten Jahren der Smartphone-Markt um eine Sparte reicher geworden. „Refurbished“ lautet die Bezeichnung für Geräte, die wiederverwertet und nach einer Generalüberholung preisgünstig verkauft werden. Gerade in Zeiten von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit nach der Corona-Krise sollte genau überlegt werden, wie viel Geld für ein Handy ausgegeben wird. In der Regel werden die zurückgenommenen Geräte auf Herz und Nieren geprüft und bestimmte Verschleißteile ausgetauscht. In erster Linie betrifft dies den Akku und das Display. Danach wird dem Gerät neues, unbenutztes Zubehör beigepackt und die Ware geht, zumeist im neutralen Karton, erneut in den Handel. Zahlreiche Onlinehändler buhlen um die Gunst der Sparfüchse beim Smartphonekauf und verleihen den verlockenden Angeboten durch den Verweis auf die positive Ökobilanz ihrer Sparte einen gewissen Nachdruck.
Dieser verfehlt seinen Zweck keinesfalls: Recycelte Geräte boomen – und an sich spricht auch relativ wenig gegen ein wiederverwertetes Smartphone. Im Vergleich zum Neupreis können gut und gerne 50 Prozent eingespart werden. Außerdem lassen sich die CO2-Emissionen langfristig reduzieren und Käufer erhalten in der Regel eine vollwertige Garantie auf ihren Kauf. Ein Minuspunkt, den die Händler jedoch nicht beeinflussen können, ist die Tatsache, dass Geräte-Updates nur für einen bestimmten Zeitraum vom Hersteller angeboten werden. Bei Android-Geräten ist spätestens drei Jahre nach dem Erscheinungsdatum Schluss, Apple-Geräte werden hingegen bis zu fünf Jahre mit Updates versorgt. Dies könnte mitunter auch ein Grund sein, warum iPhones mit Abstand die beliebtesten Geräte sind, die in einem „Refurbished“-Store gekauft werden. Mit einem Telefon aus zweiter Hand lassen sich doch einige Euros sparen. Ein weiterer Grund ist sicher auch der hohe Geräte-Neupreis, der nur langsam fällt und der für Wiederverkäufer einen attraktiven Werterhalt bietet.
Doch keine Geldersparnis und kein ökologischer Grundgedanke wiegen eine mangelnde Gerätequalität auf. Daher ist gerade dieser Aspekt immer noch der wichtigste Fürsprecher eines recycelten Smartphones gegenüber eines Gebrauchten. Nur wenn das Gehäuse wenige und vor allem vernachlässigbare Gebrauchsspuren besitzt, der Akku entweder getauscht wurde oder nur selten in Gebrauch war und auch das Display beim Anblick Freude bereitet, dann hat der Käufer das Gefühl, mit dem Smartphone einen guten Griff gemacht zu haben.
Unter diesem Gesichtspunkt haben wir zwei Anbieter recycelter Smartphones unter die Lupe genommen. Wir werfen einen kritischen Blick auf ihr Sortiment, begutachten den Webauftritt und die Preisstruktur. Außerdem haben wir jeweils eine Testbestellung vorgenommen und wir ließen uns sogar Geräte direkt in die Redaktion schicken. Sind die Telefone überzeugend? Wie ist der äußere Zustand der Telefone? Wie sieht es mit dem Zubehör aus? Fragen, denen wir auf den Grund gegangen sind und deren Auflösung Sie auf den nächsten Seiten präsentiert bekommen. Wir klären Sie darüber auf, ob sich ein Smartphone aus zweiter Hand nicht nur für den Verkäufer, sondern auch für den Endkunden lohnt.
EIN BAUM PRO TELEFON
Der Smartphone-Wiederverwerter Refurbed spricht davon, dass recycelte Geräte die CO2-Emissionen bis zu 70 % reduzieren und dadurch langfristiger auch weniger Elektroschrott auf den unzähligen Deponien rund um den Erdball landet. Außerdem pflanzt Refurbed pro verkauftem Recycling-Smartphone einen Baum, entweder in Madagaskar, Nepal oder Haiti. Bei unserem Test fanden wir sogar ein Zertifikat im Versandkarton, das uns die Pflanzung eines Baumes bestätige.
STATISTIK
An diesen Statistiken sehen Sie deutlich, dass Telefone von Apple weitaus weniger von Wertverlust betroffen sind, als Geräte der Konkurrenz. Während Apple-Geräte nach zwölf Monaten im Gebrauch noch mehr als die Hälfte ihres Wertes halten konnten, müssen Geräte von Samsung schon mehr als 60 % ihres Kaufpreises einbüßen. Auf den Plätzen folgen Google, LG und Huawei.
Wertverlust / Hersteller innerhalb eines Jahres
Der Anbieter Refurbed bietet auf seiner Homepage zahlreiche unterschiedliche Geräte und Gadgets an, die auf zweitem Wege einen erneuten Abnehmer finden sollen. Von Smartphones über Tablets, Smartwatches und Laptops bis hin zu Kameras, Konsolen und sogar Haushaltsgeräten ist das Sortiment in der Breite sehr gut aufgestellt. Blickt man in die Smartphone-Kategorie, so zeigt sich ein im Bereich der wiederverwerteten Geräte bekanntes Bild. iPhones dominieren die Produktpalette, gerade Telefone aus der Serie 7, 8, X und Xs finden sich in zahlreichen Farben und Speichervarianten im Portfolio.
Zum Testen haben wir ein iPhone Xs Max in der Farbe Gold mit 64 GB Speicherplatz erhalten. Das Telefon kam in einer neutralen Verpackung, im Lieferumfang befanden sich das iPhone selbst, ein Lightning-Kabel sowie ein Poweradapter. Der Zustand konnte uns überzeugen, das Gerät wies keinerlei Gebrauchsspuren oder gar Kratzer auf. Die Akkuqualität, die im Apple-Gerät in den Einstellungen ausgelesen werden kann, betrug 98 Prozent.
Auch der Anbieter Backmarket hält für seine Kunden eine große Auswahl parat. Bereits auf der Startseite prangen zahlreiche Geräte, angefangen von Smartphones, über Tablets, Konsolen bis hin zu Laptops. Gerade Smartphone-Interessenten werden schnell fündig, so findet sich bereits auf der Startseite eine große Übersicht beliebter Telefone. Diese werden direkt unter der Suchleiste angezeigt und mit nur einem Klick kommen Sie zum gewünschten Telefon. Der Bestellvorgang ist unkompliziert und in nur wenigen Minuten erledigt.
Von Backmarket bekamen wir ein iPhone Xs mit 64 GB Speicher in der Farbe Space Grey zum Testen. Das Telefon kam in der Originalverpackung, im Lieferumfang befanden sich außerdem ein Lightning-Kabel, ein Poweradapter sowie Earpods-Kopfhörer. Der Gerätezustand war ausgezeichnet, es wies keinerlei Gebrauchsspuren oder Schrammen auf. Einzig der Akku dürfte wohl schon etwas länger in Gebrauch gewesen sein, gerade einmal 88 Prozent Restkapazität waren noch in den Einstellungen abzulesen.
Abschließend werfen wir einen Blick auf das Sortiment der getesteten Anbieter. Wie sieht es mit den verfügbaren Geräten aus? Sind sie in den unterschiedlichen Farben und Speichervarianten verfügbar? Wir haben uns 16 gängige Modelle herausgepickt und uns angesehen, welcher Anbieter welche Modelle lagernd hat. Standen mehrere Gebrauchszustände zur Auswahl, haben wir uns jeweils für die günstigste Variante entschieden. Bei Refurbed gibt es die Qualitätsstufen “refurbed” und “essential”, bei BackMarket heißen diese “Stallone”, “Genutzt”, “Gut”, “Sehr gut” und “Wie neu”.
Eines ist klar: Wenn Sie sich nicht daran stören, das aktuelle Topmodell in höchster Güte zu besitzen, dann ist ein Smartphone aus zweiter Hand definitiv eine Überlegung wert. Der Preis ist attraktiv, das Sortiment reichhaltig und dank des Tausches von Akku, Zubehör und – je nach Zustand – des Displays ist sichergestellt, dass Sie einen gewissen Zeitraum Freude an dem Gerät haben werden. Die Thematik mit nur für einen begrenzten Zeitraum verfügbaren Updates muss jeder für sich entscheiden. Personen, die ihr Gerät viele Jahre verwenden möchten, raten wir daher von einem „Refurbished“-Smartphone ab. Wenn Sie jedoch nur ein bis zwei Jahre damit planen, so sind Sie auf der sicheren Seite und können außerdem ein gutes Sümmchen sparen.