Die unendlichen Weiten der Cloud-Musik überzeugen immer mehr Kunden und rufen damit auch neue Anbieter auf den Plan. Wir haben die angestammten Streaming-Dienste mit den Novizen verglichen.
Wir erinnern uns: Vor ungefähr 15 Jahren war die Bereitschaft in der breiten Bevölkerung, für Musik aus der Konserve Geld auszugeben auf ihrem vielleicht niedrigsten Stand. CDs wurden kopiert und mit Napster war der Tausch von MP3-Dateien salonfähig und einfach geworden. Warum also zahlen, wenn man auch aus dem Internet ziehen kann?
Seit nun aber das Smartphone und schnelle Übertragungsraten unseren Alltag verändert haben und wir alle immer und überall das Portal zu Galaxien voller Informationen in Händen halten, hat sich auch der Anspruch verändert und damit – Gott sei Dank! – auch die Haltung zum Bezahlen für Musik. Viele Musikkonsumenten wollen nun nicht mehr selbstständig nach Musik suchen, diese vielleicht von einem Medium aufs andere übertragen und womöglich noch selbst entscheiden, was sie heute zu hören bekommen. All das übernehmen nun Musik-Streaming-Dienste, die aber nicht nur durch Leistung zu überzeugen wissen, sondern auch vor allem durch einen unfassbar niedrigen Preis. Per Flatrate (in der Regel um die 10 Euro pro Monat) kann man sich ungeniert am Musik-Buffet der Welt bedienen, also hören was und wie lange man will – nur der Akku ist das Limit. Wer da nicht zuschlägt, rechnet wie ein Milchmädchen.
Da der Preis keinen Unterschied macht, haben wir uns ganz speziell den Details gewidmet: Wo unterscheiden sich die verschiedenen Anbieter? Wo sind ihre Stärken, wo ihre Schwächen? Zu den etablierten Streaming-Diensten haben sich neue gesellt. Neben dem Riesen Google macht jetzt sogar Apple mobil und wildert gar auf Android-Geräten. Aber sind die größten auch die besten? Lesen!
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Spotify ist mit seinen neun Jahren zwar nur der zweitälteste Streaming-Dienst, aber im Grunde derjenige, der diese Möglichkeit der Musikversorgung populär gemacht hat. Dementsprechend groß ist die Erfahrung, was sich in der Gestaltung der Bedienoberfläche zeigt. Abgesehen von Anmeldeproblemen, die wir im Test hatten (das Passwort wurde mobil nicht akzeptiert, über den Desktop jedoch schon), überzeugt diese mit verschiedenen Methode der Musikfindung:
Neben konkreter Suche nach Titeln (steht nur beim Premium-Abo zur Verfügung) kann man sich durch Hitlisten und Neuerscheinungen wühlen, aber natürlich auch durch Genres und durch, nennen wir es so: Situationen. Dazu zählen verschiedene Gefühlslagen (von Mucke zum morgendlichen Munterwerden bis hin zu Klängen zum traurigen Verkriechen), aber auch Gelegenheiten, zu denen eine spezielle Musik passen könnte, wie die Party, das Workout oder die kreative Arbeit.
Selbstverständlich kann man sich Playlists erstellen und jeden Song, der einem gefällt, der eigenen Bibliothek zufügen und diese dann auch offline verwenden. Das funktioniert auch bei Playlists, denen man „folgt“ , wovon diese sich übrigens von den Radio-Kanälen unterscheiden.Erwähnenswert ist der Punkt Qualität: In der Gratis-Variante erhält man 160 kbps, als Premium-User das Doppelte. Für jedes weitere Konto (z.B. für Partner, Kinder etc.) verlangt Spotify zusätzlich nur 4,99 Euro pro Monat. Das bietet kein anderer Dienst außer Apple. Gerade für Mehr-Parteien-Nutzer und Familien ein günstiges Angebot mit hoher Qualität und zahlreichen stimmigen Playlists für die richtige Musik zur rechten Zeit.
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Google Play Music ist als eigenständige App für lokale Musikwiedergabe und Streaming auf beinahe allen Android-Geräten vorinstalliert. Der Dienst lässt sich kostenlos nutzen – jedoch nur mit Musik, die zuvor (als MP3, FLAC, OGG oder in anderen Formaten) bei Google hochgeladen wurde. Um die Sammlung vom PC in die Cloud zu bekommen, stellt Google für Windows, Mac und Linux den „Play Music Manager“ bereit – ein Client-Programm, das die Festplatte nach Musikdateien durchsucht und sie in die Cloud bugsiert.Das Programm erlaubt es auch, Ordner zu überwachen und neu abgelegte Dateien umgehend automatisch hochzuladen.
Bis zu 50.000 Titel lassen sich so gratis in der Cloud speichern, der Service sortiert und taggt die Songs und Alben automatisch. Einmal hochgeladen, kann man die Musik über den eigenen Google-Account auf bis zu zehn Geräten genießen und einzelne Alben auch für die Offline-Wiedergabe markieren. Darüber hinaus bietet Google über die App einen kostenpflichtigen Streaming-Service mit über 20 Millionen Titeln an. Einzelne Songs und Alben können gekauft oder ein Abo für €9,90 pro Monat abgeschlossen werden – letzteres lässt sich einen Monat lang gratis ausprobieren. In den USA hat Google kürzlich außerdem ein werbefinanziertes Gratis-Modell gestartet.
Ob und wann dieses auch hierzulande verfügbar sein wird, ist noch unklar.Play Music ist mit Cloud-Upload und Synchronisation derzeit vor allem für Nutzer mit bestehenden Sammlungen interessant. Mit dem geplanten Gratis-Streaming könnte sich das ändern.
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Der Napster-Musik-Streaming-Dienst hat mit der ominösen MP3-Tauschplattform nichts zu tun, die im Verdacht steht, Ende des vergangenen Jahrtausends die klassische Musikindustrie, wie sie jahrzehntelang bestand, zu Fall gebracht zu haben. Bis auf das Logo vielleicht. Dennoch ging er aus ihm hervor, als Reaktion der Musikriesen auf den „Angriff aus dem Internet“ – Napster soll von 2002 an legal die Titel der großen Plattenfirmen vertreiben. Doch zur App selbst: Nominell stehen mit über 30 Millionen Titeln genauso viele zur Verfügung wie bei den anderen Diensten auch, alleine man findet sich über Napster nicht gut zurecht. Eine Geschmacksermittlung findet nicht statt, man muss also weitestgehend manuell nach dem suchen, von dem man weiß, dass man es finden möchte.
Damit bleibt ein großer prinzipieller Vorteil der webbasierten Musikanwendung ungenutzt: Musik finden, die einem gefällt, von der man noch nicht weiß, dass es sie gibt. Doch auch bei konkreter Suche mittels exakter Song-Titel fanden sich nicht die gewünschten Ergebnisse (obwohl es sich um populären deutsche Hip-Hop handelte), mit einem Titelfragment (mehr weiß man ja oft nicht) kommt man überhaupt nicht weiter. Zu allem Überfluss waren manche Musikdateien von Natur aus leiser als andere, z.T. so leise, dass man sie kaum hören konnte. Das Gerät am Limit – was macht man dann ohne Regler in der App? Da nützt auch der Equalizer nichts.Diese App erlaubt aufwendige Social Media-Einbindung, verfehlt aber, dem Hauptzweck einer Musik-App nachzukommen: nämlich Songs zu finden und gut hören zu können.
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Der jüngste Streaming-Dienst im Test (er wurde erst 2014 ins Leben gerufen) macht zunächst einmal durch sein Zwei-Preis-System auf sich aufmerksam: Neben dem Standard-Abo für die obligatorischen knappen zehn Euro pro Monat wird ein doppelt so teures angeboten. Dahinter verbirgt sich eine Qualitätsoffensive, die selbst Klang-Connaisseure vom Musik-Streaming überzeugen soll, also die Menschen, die sich bewusst gegen Musik im komprimierten Format entscheiden, weil sie beim Hören Unterschiede zwischen gestauchten Dateien und denen mit Full Size-Sound wahrnehmen können. Für fast 20 Euro im Monat kommt man als Tidal-Kunde also in den Genuss von Musik in CD-Qualität, es gibt keinen Kompressionsverlust. Sieht auf den ersten Blick auch wie der teuerste Dienst aus – zumindest wenn man auf die zweite Preisangabe schaut.
In puncto Musikentdeckung bietet der Anbieter in seiner Rubrik „Rising“ den Musikern eine Plattform, die bereits eine Fanbase haben, aber den Durchbruch noch nicht geschafft haben. Unter „Discovery“ werden Musiker ohne Label-Vertrag ins Spotlight gerückt. Daneben gibt es auch hier Playlists für gewisse Gemütslagen und Anlässe, eine Systematik, die auf Genres beruht, aber nichts, was sich konkret „Radio“ nennt. So etwas vermisst man aber nicht wirklich. Auffallend sind bei Tidal Videos, die auch bei anderen Diensten unterstützt werden, hier aber besonders prominent platziert sind. Tidal ist die App für Musik-Aficionados, die sich nicht mit komprimierenden Datei-Format arrangieren wollen, sondern den vollen Genuss des CD-Klanges überall und jederzeit erleben wollen.
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Der 2007 gegründete Dienst Deezer verfügt mit über 35 Millionen Musiktiteln über das größte Angebot. Mit dabei: sogar Taylor Swift. Wie bei Spotify auch muss man bei der Registrierung Alter und Geschlecht angeben – ob dieser erste Schritt bereits das Musikangebot vorfiltert? Auf jeden Fall hilft der zweite Schritt, den Wünschen des Hörers gerecht zu werden, ohne ihm nur zu servieren, was er bereits kennt: Nach einer groben Angabe der präferierten Musikrichtung (in Testfall „Soul“) werden einem Stücke aus verschiedenen Ecken und Zeiten des gewählten Genres vorgespielt. Diese kann man dann mittels Herz-Like- bzw. Herz-Dislike-Button bewerten, woraufhin der nächste Titel folgt. Prinzipiell geht dieses Jury-Spiel endlos weiter. Je mehr man votiert, desto genauer wird das Profil. Aufgrund der Charakteristika der Stücke wird ein sogenannter Flow erstellt.
Selbstverständlich kann man auch hier ein Lied noch aus dem Rennen werfen, aber es auch einer Playlist oder einer Liste von Lieblings-Songs zuweisen, die man auch offline konsumieren kann. Abseits von üblichen App-Erklärungstouren ist diese Anwendung zu jeder Zeit behilflich und erklärt, was man alles noch mit ihr anstellen kann. Das nervt nicht, sondern wirkt sehr aufmerksam – ganz so als würde sie bemerken, dass man gerade zögert, weil man nicht weiß, wie man machen kann, was man eigentlich tun will. Kleiner Schönheitsfehler: Der Titel einer Playlist kann nach Erstellung nicht mehr verändert werden. Dafür gibt‘s eine Textfunktion zum Mitsingen. Deezer ist die benutzerfreundlichste Streaming-App und überzeugt durch Gimmicks wie Texte zum Mitsingen.
Eine gute Musik-Streaming-App zeichnet sich dadurch aus, dass sie dem Nutzer in jeder Situation die für ihn richtige Musik schnell und unkompliziert anbietet. Konkrete Titel müssen schnell gefunden werden genauso wie die Playlist für die Party bei Onkel Heinz. Jedoch gerade auch Einweben unbekannter Songs „wie von Zauberhand“, die ein User zwar noch nicht kennt, die ihm aber gefallen, macht das Streamen so interessant. Bei Deezer gelingt das für uns am besten. Tidal bietet dagegen die höchste Audio-Qualität, Spotify einen Preisvorteil. Napster ist das klare Schlusslicht.