Eine Studie der Infosecurity in Großbritannien hat ergeben, dass viele der Gratis-Anwendungen unter den Top-50-Android-Apps Userdaten an ein US-amerikanisches Werbenetzwerk, das die Anzeige von Reklame in Apps abwickelt, schicken.Die Untersuchung im Auftrag eines britischen Fernsehsenders kommt zum Schluss, dass Adressbuch, Kalender und Aufenthaltsort routinemäßig an MobClix weitergeleitet werden, wie der Guardian berichtet. Die EU-Kommission kritisiert die Vorgehensweise scharf und verspricht Besserung.
“Das bestätigt unsere Befürchtung, dass Smartphone-Nutzer keinerlei Kontrolle darüber haben, welche Daten von Apps ausgelesen und weiterverwendet werden. Die User wissen oft nicht, was im Hintergrund geschieht. Eine Kontrolle der Apps, verpflichtende Kennzeichnungspflicht und Entscheidungsmöglichkeit für User fehlt komplett”, sagt Christian Jeitler von Quintessenz. Außerdem müsse für europäische Nutzer auch europäisches Datenschutzrecht gelten, einschließlich einer Möglichkeit gegen Verletzungen vorzugehen, ohne in Kalifornien klagen zu müssen.
Gierige Apps
Nicht nur Android-Nutzer laufen Gefahr, die Kontrolle über ihre Daten zu verlieren. Erst vor kurzem wurde bekannt, dass auch Apple-Telefone Dritten Zugriff auf Adressbuch und Fotos ermöglichen. “Die Tendenz gibt es schon länger. Anwendungen haben viele Möglichkeiten an Daten zu gelangen, etwa durch das Einschmuggeln von neuen Funktionen via Updates. User müssten theoretisch jeder Änderung zustimmen”, so Jeitler. Im aktuellen Fall erhält MobClix bei der Installation automatisch dieselben Berechtigungen, wie die App, für die es Werbung schaltet.
MobClix hat sich bisher nicht zu den Ergebnissen geäußert. Das Unternehmen gehört zu Velti, dem nach eigenen Angaben größten Mobile-Marketing-und-Advertising-Unternehmen der Welt. Android-Hauptproponent Google verweist in solchen Fällen wie gewohnt auf den Datenschutzleitfaden, den es für App-Entwickler gibt. Eine Kontrolle der Anwendungen findet nicht statt. “Privatsphäre hat bei der Entwicklung keine hohe Priorität”, erklärt Jeitler. Allerdings formiert sich zunehmend politischer Widerstand gegen diesen laxen Umgang mit dem Thema Datenschutz.
Im Visier der EU
EU-Kommissarin Viviane Redding, die jüngst auch schon Google Konsequenzen für die neuen Datenschutzbestimmungen des Konzerns angedroht hat, zeigt sich besorgt über die Studienergebnisse. “Das ist sicher nicht, was die User wollen, wenn sie eine kostenlose App herunterladen. Das müssen wir ändern”, so Redding. Auch der Vorschlag zu einer neuen EU-Datenschutzrichtlinie ist vorerst überraschend strikt gegenüber Datensammlern. “Die Kommission ist auf dem richtigen Weg. Noch ist nichts umgesetzt, aber die Politik scheint das Problem erkannt zu haben”, so Jeitler.
Längerfristig wünscht sich der Experte ein Datenschutzrecht, das Nutzern ähnliche Rechte einräumt, wie das Konsumentenschutzgesetz. “Derzeit gibt es kaum Möglichkeiten, Anliegen durchzusetzen, da es keine angemessenen Strafen und Sanktionen für Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen gibt”, erklärt Jeitler.
Quelle: Pressetext