Seit der Vorstellung des iPhone 5S und dem Apple A7-Prozessor haben 64 Bit Prozessoren auch endlich Smartphones erreicht. Bisher ist das Apple-Gerät aber das einzige Mobiltelefon mit einem Chip mit dieser Architektur. Wir könnten aber schon bald die ersten Android-Phones mit 64 Bit-Prozessoren zu Gesicht bekommen. Doch was steckt dahinter und welche Vorteile bergen 64 Bit-Chips?
Auch interessant: Graphen: 5 Dinge, die du zum Stoff, der die Welt verändern wird, wissen musst
Intel hat mit den Merrifield- und Moorefield-Prozessoren zwei x86-Chipreihen entwickelt und auf dem MWC vorgestellt, deren eine 64-Bit Architektur für mobile Prozessoren zugrunde liegt. Bisher gibt es aber noch keine Smartphones, welche diesen Chip verwenden. Ein Grund dafür ist, dass Googles Betriebssystem Android diese speziellen Prozessoren noch gar nicht unterstützt. Hier hat Intel selbst Hand angelegt und eine angepasste Version von Android 4.4.2 gebastelt und zum Download bereitgestellt. Sehr interessant ist, dass die Verwendung eines Atom Z3480 Prozessors, sprich eines 64-Bit Chips, eine Leistungssteigerung von 14 bis 34 Prozent bewirkt.
Sollte also Google in den nächsten Wochen oder Monaten eine Weiterentwicklung von Android anstreben, dann ist der Schritt in Richtung Anpassung für 64-Bit-Architektur der Richtige. Derzeit ist aber diesbezüglich noch nichts bekannt.
Verdoppelung bringt höhere Geschwindigkeit…
Doch warum ist ein 64-Bit-Betriebssystem so viel schneller? Vereinfacht ausgedrückt: Alles wurde verdoppelt. Um zu klären warum das so ist, müssen wir etwas tiefer in die Materie eintauchen. Bei einer 64-Bit-Architektur sind die Recheneinheiten oder korrekt ausgedrückt ALUs sowie der Adressbus doppelt so breit ausgelegt wie jene bei 32-Bit-Systemen. Dadurch können durch die größere Anbindung in einem Takt statt 32 Bit gleich 64 Bit verarbeitet werden.
… und doppelten Speicheraufwand
Dies birgt aber auch einen Nachteil in sich: Da doppelt so viele Bits berechnet werden können, ist auch die Speicherbelastung für Adresszeiger und Daten doppelt so hoch, woraufhin sich der Zwischenspeicher des Prozessors, der sogenannte Cache, schneller füllt. Der Level 1-Cache ist mit Abstand der schnellste, allerdings auch einer der kleinsten, weshalb dieser schnell voll ist. Ist dieser gefüllt, müssen die Daten in die langsamere Cache-Ebene darunter geparkt werden, was die Berechnung und Verarbeitung natürlich langsamer macht. Als Lösung für dieses Problem bleibt den Chip-Herstellern oft nichts anderes übrig, als die Größe des Caches zu erhöhen sowie die Latenzzeiten des L2-Caches zu verringern. Diese Maßnahmen haben Apple und auch andere Chiphersteller bereits ergriffen und in die Chip integriert.
Doch rein nur einen 64-Bit-Prozessor in einem Gerät zu verbauen reicht nicht aus, denn ohne angepasstes Betriebssystem und Apps kann der Chip seine Leistung nicht entfalten. Ganz im Gegenteil: Viele Anwendungen werden dadurch nur langsamer. Bisher hat nur Apple mit iOS7 ein angepasstes Betriebssystem veröffentlicht und auch Schnittstellen für App-Entwickler bereitgestellt, um ihre Anwendung auf 64 Bit optimieren zu können.
Schnell alles erledigen, dann wieder schlafen
Der Vorteil der 64-Bit-Architektur liegt einerseits in der erhöhten Rechengeschwindigkeit, die das Betriebssystem flüssiger wirken lässt und wodurch auch Aufgaben schneller bewerkstelligt werden können. Diese Eigenschaft macht sich die „race to sleep“ Methodik zu Nutze. Der Prozessor soll in kurzer Zeit seine Aufgaben möglichst schnell und mit voller Rechenleistung erledigen, um anschließend gleich wieder in den Schlafmodus wechseln zu können. Sicher ist die aufgewendete Energie in der Rechenphase höher als bei einer anderen Vorgehensweise, allerdings ist diese Methode auf die gesamte Akkulaufzeit energiesparender, als wenn ein Prozessor mit geringerer Leistung und Stromaufnahme länger rechnet.
Zum anderen hat die Verdoppelung der Bits den Vorteil, dass mit 64 Bit 16 Millionen Gigabyte (das sind 16 Exabyte) Arbeitsspeicher adressiert werden können, während bei der 32-Bit-Architektur schon bei 4 GB Schluss ist.
So sieht die Zukunft aus
Früher oder später werden auch die restlichen Smartphone-Hersteller auf die 64-Bit-Architektur setzen. Spätestens dann, wenn Google auch das Betriebssystem anpasst. Die Chips stehen schon seit geraumer Zeit zur Verfügung, denn nicht nur Intel hat bereits mobile 64-Bit-Prozessoren vorgestellt, sondern auch Mediatek, Qualcomm und nVidia haben diverse Chips mit der Architektur in Petto. Auch Samsung werkelt angeblich an einer 64-Bit-CPU.
Brancheninsider gehen davon aus, dass am MWC nächstes Jahr die ersten Android-Smartphones mit 64-Bit-Architektur gezeigt werden könnten – unabhängig davon, ob Google entsprechende Anpassungen am Betriebssystem vornimmt oder ob sich die Hersteller selbst Lösungen basteln.
Doch nicht nur Android könnte einen Wandel erleben, sondern auch Windows Phone: Hier wäre der Performance-Zuwachs enorm, so die Experten, denn das Betriebssystem kommt schon mit 512 MB Arbeitsspeicher locker aus und hätte dann bei Geräten mit 2GB RAM oder mehr genügend übrig, um eine sagenhafte Performance zu bieten.
Schleichende Veränderung
Natürlich darf man sich mit der Vorstellung eines 64 Bit-Smartphones nicht gleich einen kompletten Umbruch in der Smartphone-Branche vorstellen, denn bereits beim PC hat die Umstellung viele Jahre in Anspruch genommen und ging schleppend voran. Während im Jahr 2003 mit dem Athlon 64 der erste 64-Bit-Prozessor vorgestellt wurde, hat es bis ins Jahr 2007 (Vorstellung Windows Vista) gedauert, bis 64-Bit-Prozessor und 64-Bit-Betriebssystem für den Massenmarkt erhältlich wurden. Zuvor waren beide Dinge nur dem High-End- bzw. Server-Bereich vorenthalten.
Doch nicht nur beim PC hat es eine ganze Weile gedauert. Auch Spielekonsolen haben lange auf die 64-Bit-Prozessoren warten müssen. Während zwar Xbox 360 und PS3 mit 64-Bit-Chips ausgestattet wurden, so wurde der Code nach wie vor in 32 Bit programmiert. Durch die Einführung der Xbox One und PlayStation 4 gehört auch das der Vergangenheit an und Spiele können jetzt direkt von Konsole auf den PC und umgekehrt portiert werden. Lästige Anpassungen entfallen dadurch fast gänzlich.
Apropos Portierungen: Microsoft geht den Schritt der Portierungen schon länger. Immerhin bietet der Software-Konzern unter Windows 8.1 sowohl für Tablets, Smartphones und PCs die gleichen Apps an. Entwickler müssen somit bei Anpassungen nicht mehrere Apps in unterschiedlichen Stores aktualisieren, sondern können sich auf die Optimierung einer einzigen konzentrieren.
Quelle: Golem.de