Lange wurden sie belächelt und als Geek-Gadgets abgetan, nach und nach mausern sich die Smartwatches aber zu einem nützlichen Gerät für Business- und Privatkunden. Vor allem dank innovativer Start-up-Unternehmen bekommen die smarten Zeitmesser regelmäßig ihre Auftritte in Blogs und Onlineportalen. Doch gehört den smarten Uhren tatsächlich die Zukunft?
Als Michael Knight in der Erfolgsserie der Neunziger, „Knight Rider“, sein Auto über seine Armbanduhr rief, konnten wir zumindest erahnen, welcher technologischer Fortschritt uns bevorstand und viele unter uns malten sich auch ihre eigene Zukunft mit dieser Uhr am Armgelenk aus. Für Michael Knight war die Technologie ein Mittel zum Zweck, in der breiten Öffentlichkeit manifestierte sich aber vor allem ein Gedanke: Irgendwann wird eine Armbanduhr viel mehr können, als uns über die Zeit zu informieren.
Damals war das alles noch Utopie, mittlerweile sind wir aber beinahe am Ziel angelangt: Die Smartwatch ist bei uns angekommen und wird uns ab sofort als kleines aber nützliches Helferlein tatkräftig zur Seite stehen.
Ein Zukunftstraum wird wahr
Bei aller Euphorie – der Weg der Smartwatch begann sehr früh: Schon vor Michael Knight und KITT gab es Uhren, die vor Technik nur so strotzten – für damalige Verhältnisse jedenfalls. In den 1970er Jahren präsentierte der bekannte japanische Uhrenhersteller Seiko die erste Uhr mit digitaler Unterstützung. Mit dem Siegeszug der PCs rund zehn Jahre später begann auch das große Experimentieren mit den ersten Vorläufern der heutigen Smartwatches. 1984 veröffentlichten die Japaner mit der RC-1000 das erste „Wrist Terminal“, eine Armbanduhr, die mit den meisten Computern der damaligen Zeit kompatibel war. Zudem konnte man die RC 1000 zum Datenaustausch auch mit dem C64, einer Spielkonsole, oder einer externen Tastatur verbinden – ein absolutes Novum. Auch Casio brachte zu dieser Zeit eine Art Smartwatch auf den Markt, die „Databank“, eine Uhr mit integriertem Taschenrechner. Und zur Jahrtausendwende kam dann IBM mit einer noch weiter entwickelten Smartwatch, die mit dem offenen Betriebssystem Linux lief: Die WatchPad. Diese Uhr verfügte bereits über eine simple Kalenderfunktion und hatte Bluetooth und einige Sensoren mit an Bord. Aufgrund mangelnder Akzeptanz bei den Kunden versank aber dieses Produkt recht rasch wieder in der Bedeutungslosigkeit. Deutlich besser kam hingegen die Bluetooth Watch von Sony an (siehe Infokasten rechts).
Androide Einstiegshilfe
Die Renaissance der smarten Uhren wurde mit der Erfolgsgeschichte von Android eingeläutet. Einige Hersteller stellten fest, dass mit dem Google-Betriebssystem auch im Uhren-Sektor einiges möglich sein sollte – die ersten Projekte ließen also nicht lange auf sich warten. Die bislang vorgestellten Smartwatches können allerdings noch nicht vollends überzeugen. Was sind die Gründe, dass es bislang bei zahlreichen interessanten Projekten blieb, und kein Hersteller den echten Durchbruch schaffte? Das größte Problem ist die nach wie vor vorhandene Skepsis der Kunden. Die „klugen Uhren“ gelten gemeinhin noch nicht als logischer Ersatz für ihre konventionellen und unbestritten schick aussehenden Brüder, ihnen haftet nach wie vor der Nimbus eines Geek-Gerätes an. Für Otto Normal-Verbraucher stellen die Uhren noch keine ernst zu nehmende Alternative dar, nicht zuletzt weil der Begriff Smartwatch noch nicht genau definiert ist. Während beispielsweise Sony und I‘m Smart, der Hersteller der I‘M WATCH, auf komplett selbstständige Uhren mit eigenen Betriebssystemen setzen, verwendet Pebble seine Uhr als Wiedergabe- bzw. Steuerungsmedium für das Smartphone und dessen Inhalte. Beide Bauarten haben ihre Berechtigung, dem technisch wenig interessierten Käufer wird die Entscheidung damit allerdings nicht gerade erleichtert.
Aktuelle Modelle mit Schwächen
Im Moment ist die Smartwatch von Pebble mit Abstand am populärsten. Die Uhr wurde über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter finanziert und wird bereits an zahlreiche Kunden rund um den Globus ausgeliefert. Vor Pebble versuchten sich schon Sony, I‘m Smart und die Google-Tochter Motorola an den Zeitmessern – alle mit mäßigem Erfolg. Dabei sind etwa die technischen Daten der „Motoactv“ durchaus beeindruckend und dank zahlreicher Sensoren lässt sich die Motorola-Uhr sogar als persönlicher Trainingsassistent einsetzen. Mit WLAN bzw. Bluetooth verbindet sich das Gerät zudem mit dem Smartphone. Ein ähnliches Konzept verfolgte auch Sony mit der „SmartWatch“. Aber auch dieses Gerät leidet nach wie vor an Kinderkrankheiten.
Wir stellen fest: An Konzepten und auch an Umsetzungsversuchen mangelt es nicht, bisher hat es allerdings kein Hersteller geschafft, ein spektakuläres Produkt zu präsentieren.
Die Pebble als Erfolgsmodell?
Doch es gibt bereits eine Uhr, die zweifellos das Potenzial hat, die Kunden für Smartwatches zu begeistern: die bereits erwähnte Pebble. Als kleines Projekt gestartet, erfreute sich das Konzept schon sehr früh eines enormen medialen Zuspruchs. Wohl auch, weil die Entwickler einen anderen Weg eingeschlagen haben als Sony und Co. Die Pebble-Uhr dient eher als Darstellungs- bzw. Steuergerät, denn als eigenständige Smartwatch.
Einmal mit dem Smartphone verbunden, können Sie Songs weiterschalten, SMS oder E-Mails lesen, Anrufinfos einholen oder Facebook-Benachrichtigungen abfragen. Dennoch beschränkte sich Funktionalität auf das Wesentliche. So kann man zum Beispiel keine Apps aus dem Play Store herunterladen. Die Pebble-Uhr kommt dafür ohne aufwendiges Betriebssystem aus. Erweiterungen werden aus einem – im Vergleich zum Play Store – minimalistischem virtuellen App-Laden geholt. Mehr ist ob der technischen Zurückhaltung auch kaum möglich und sinnvoll. Immerhin setzt die Pebble auf ein von den e-Readern her bekanntes E-Ink-Display, das Inhalte ausschließlich in Graustufen darstellt. Ãœber das Smartphone lassen sich einige Anpassungen festlegen, beispielsweise können Sie das Ziffernblatt der Uhr Ihren persönlichen Vorlieben anpassen.
Der Einstieg von Samsung und Apple
Die Anfänge sind also gemacht, Pebble gibt die Richtung vor. Doch wie geht es weiter? Und wann werden die großen Hersteller einsteigen?
Schon vor der Präsentation des Galaxy S4 kursierten einige Gerüchte, Samsung zeige beim Launch des neuen Flaggschiffs auch die dazugehörige S4-Smartwatch. Diese Meldungen stellten sich zwar als falsch heraus, wenige Tage nach der S4-Präsentation bestätigten die Koreaner allerdings die Entwicklung einer smarten Uhr. Ein Termin für den Marktstart oder gar ein Preis nannte Samsung aber noch nicht.
Die Entwicklung von intelligenten Uhren hat man natürlich auch in Cupertino beobachtet und so wundert es niemand, dass auch Apple bereits an einer „iWatch“ arbeitet. Auch zu diesem Produkt gibt es noch keine detaillierten Infos, in Insiderkreisen wird aber vermutet, dass sich der Hersteller aus dem Silicon Valley eines ähnlichen Konzepts bedient wie Pebble. Die iWatch soll allerdings auch als Headset Verwendung finden.
Zukunftsmusik
Der aktuelle Technologiestand der Smartwatches zeigt freilich erst den Beginn einer Entwicklung, die sich hinter dem Begriff „Wearable Computing“ verbirgt. Fast alle großen Hersteller arbeiten an Technologien, die wir später in sämtlichen Bereichen unseres Lebens am Körper tragen können. Das bekannteste Beispiel dafür ist neben den Smartwatches sicherlich Google Glass, die Augmented Reality-Brille des Suchmaschinenriesen. Damit soll der Träger in Echtzeit Informationen über die Umgebung abrufen können, außerdem wird auch hier das Smartphone-Display angezeigt – nur eben auf dem Brillenglas. Andere Technologien verstecken sich noch dezent im Hintergrund, sind aber dennoch bereits integraler Bestandteil unseres Lebens.
Mobiler Arzt
Samsung präsentierte beispielsweise mit dem Galaxy S4 ein Feature namens S Health. Die App gibt es zwar schon länger, mit dem neuen Flaggschiff wurde aber auch das passende Zubehör präsentiert: Das S Band zeichnet Daten wie die täglich zurückgelegte Distanz auf, zählt unsere Schritte und überwacht unseren Schlaf. Via Bluetooth werden die erfassten Daten dann an das Galaxy S4 übertragen, S Health wertet die Ergebnisse anschließend aus. Die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen, in Zukunft soll uns das Smartphone aber die meisten Arztbesuche ersparen. Glaubt man den Entwicklern und Herstellern, wird der mobile Begleiter irgendwann unsere Vitaldaten überwachen und im Bedarfsfall an Ärzte oder Krankenhäuser übermitteln. Eine Entwicklung, die sich wohl nicht einmal die Regisseure von Knight Rider erträumt haben.
Einschätzung
Im Moment hält sich das Angebot an hochwertigen Smart-Uhren noch in Grenzen, eines steht allerdings fest: Spätestens mit dem Einstieg der großen Hersteller wie Samsung oder Apple werden die intelligenten Uhren auch für die breite Masse interessant werden. Das Konzept ist durchdacht, denken Sie nur an die vielen praktischen Einsatzmöglichkeiten in Beruf und Privatleben. Das Ende der technologischen Fahnenstange ist mit den smarten Uhren aber noch lange nicht erreicht –  Stichwort „Wearable Computing“. Klar ist aber auch, dass für den Einsatz von AR-Brillen, Uhren mit Kameras etc. erst ein rechtlicher Rahmen gefunden werden muss – durch den Einsatz solcher Technologie sind immerhin auch zahlreichen Aktionen in rechtlicher Grauzone Tür und Tor geöffnet. Zeit bleibt dafür aber noch genug, immerhin steckt die Entwicklung erst in den Kinderschuhen. Nichtsdestotrotz dürfen wir uns auf viele spannende Innovationen freuen, künftig wird Android nicht mehr nur auf den Einsatz in Smartphones, Tablets und diversen Home Entertainment-Systemen beschränkt sein – gutes Futter für uns Journalisten.
Google Glass
Die innovative Brille von Google ist auch unter der Bezeichnung „Project Glass“ bekannt. Beide Namen meinen jedoch dasselbe Projekt: eine intelligente Brille, die dem Träger in Echtzeit zahlreiche Informationen zur Umgebung liefern soll. Die ersten Entwicklergeräte wurden bereits an eine Vorauswahl versendet und derzeit werden bereits Applikationen für die Brille realisiert. Branchenexperten rechnen mit einem Launch Ende dieses Jahres, bestätigte Details über Preis, Hardware etc. gibt es noch nicht.