Im Sommer letzten Jahres hat Hugo Barra überraschend seinen Posten als Vice President of Product Management bei Google geräumt und ist zum chinesischen Hersteller Xiaomi gewechselt. In einem Interview mit Cnet spricht er nun über seine Zeit bei Xiaomi und das rapide Wachstum der Firma.
Es war eine faustdicke Überraschung, als nach Andy Rubin mit Hugo Barra ein weiterer hochrangiger Mitarbeiter das Android Team bei Google verließ. Ebenso überraschend war die Ankündigung, dass Barra nach China geht um für den aufstrebenden Smartphone-Hersteller Xiaomi als Vice President die globale Ausrichtung zu leiten. Nun hat sich Barra mit Aloysius Low von Cnet getroffen und über seine ersten 6 Monate in Beijing und die Zukunft von Xiaomi geredet.
Zunächst zeigt sich Hugo Barra geradezu begeistert von der Arbeitskultur bei Xiaomi. Diese gleiche der bei Google oder anderen Firmen im Silicon Valley insofern, als dass sie aus vielen kleinen Teams besteht, die weitestgehend unabhängig arbeiten. Ein Ergebnis, dass sich nach Ansicht Barras automatisch einstellt, wenn man viele intelligente und leidenschaftliche Mitarbeiter hat und zulässt, Dinge laufen zu lassen.
Xiaomi hat gerade erst begonnen wirklich globale Produkte zu planen. Dass das Team aus vielen ehemaligen Mitarbeitern besteht, die zuvor bei Google, Facebook oder anderen Unternehmen im Silicon Valley gearbeitet haben, ist dabei aber sehr hilfreich, da eine globale Mentalität existiert. Dieser Wechsel wird laut Barra erst in ein bis zwei Jahren abgeschlossen sein. Aber bereits jetzt wird bei jedem neuen Feature versucht, es sowohl aus einer chinesischen, als auch globalen Perspektive zu beleuchten. Dass Barra allerdings bereits deutlich weiter in die Zukunft blickt, zeigt die Aussage, dass seiner Meinung nach Xiaomi der Welt in der nächsten Dekade auf gewaltige Art die Zähne zeigen wird.
Derzeit versucht Xiaomi mit dem Redmi Note 5.5 und Mi-3 langsam auf weitere Märkte vorzudringen und auch ein LTE-Smartphone soll bald folgen – hierzu wollte Barra allerdings keine weiteren Details verraten. Die Strategie von Xiaomi wird allerdings nicht sein, sich zunächst auf den Einsteigerbereich zu konzentrieren – vielmehr sollen Qualität und Leistung im Fokus stehen und die Geräte sollen auch weiterhin zu einem sehr niedrigen Preis über die eigene Plattform verkauft werden.
Xiaomi bleibt dabei zudem Android treu – Barra sagt ganz klar, dass es keine Pläne gibt, Smartphones mit Ubuntu Phone oder Firefox OS herauszubringen. Android hat ein phänomenales Ökosystem. Es ist aus praktischer Sicht nicht sinnvoll seine Energien auf den Aufbau eines neuen OS zu verschwenden, da dies viel Zeit und Arbeit braucht. Google hat dies mit Android sehr gut gemacht, während andere Firmen an dem Vorhaben gescheitert sind. Barra ist allerdings auch der Meinung, dass Xiaomi Android durch die MIUI-Oberfläche zu einem noch besseren OS gemacht hat.
In letzter Zeit ist Xiaomi des Öfteren in die Kritik geraten, da einige Stimmen behaupten, das Unternehmen würde absichtlich geringe Stückzahlen ihrer Smartphones herstellen, die dann in Windeseile ausverkauft sind, um künstlich einen Hype zu kreieren. Barra weist diese Vorwürfe entschieden zurück und gibt zu Protokoll, dass Xiaomi so viele Smartphones herstellt, wie möglich. Die limitierten Stückzahlen seien eher Beschränkungen in der Lieferkette geschuldet, die es einem kleinen Hersteller nicht einfach machen, gewaltige Stückzahlen zu fertigen. Dies dürfte gerade bei der geplanten globalen Expansion eine der größten Herausforderungen für das junge Unternehmen darstellen.
Quelle: Cnet