Bereits seit zehn Jahren gibt es ihn in Deutschland: Der sogenannte e-Perso. Am 1. November 2010 wurde er vom Ministerium für Inneres herausgebracht. Der elektronische Personalausweis im Scheckkartenformat enthält einen integrierten RFID-Chip. Mit entsprechenden technischen Voraussetzungen ist es seitdem möglich, sich mit seinem Ausweis online zu identifizieren. Fachlich korrekt heißt das „Authentifizierung durch eine elektronische ID (e-ID)“. Nun soll der elektronische Personalausweis noch einfacher werden.
Aktiviert ist die Online-Funktion mittlerweile bei 33,8 Millionen Deutschen – 62,3 Millionen e-ID-fähige Personalausweise sind bereits ausgestellt. Tatsächlich verwenden die Funktion aber trotzdem noch wenige, wie die Studienautoren von BCG und Nortal analysiert haben: Im Jahr 2020 haben sie die Deutschen zwischen 2,5 und 3 Millionen Mal genutzt – im internationalen Vergleich befinden sie sich damit unter den Schlusslichtern.
Das ist ein echter Teufelskreis: Für Unternehmen ist es wenig attraktiv, den e-Perso als Möglichkeit zur Identifizierung für Online-Angebote zu befürworten. Und weil es wiederum nur eine unerhebliche Anzahl an Anbieter gibt, nutzen ihn recht wenige Leute. Dabei wäre es sowohl für einige Plattformen wie auch Benutzer wirklich sinnvoll. So könnte beispielsweise die digitale Altersfreigabe einen sicheren Jugendschutz bieten. Die Nutzung von neuen Online Casinos, Filme und Serien mit beschränkter Altersfreigabe oder die Bestellung von Produkten ab 18 im Internet viel unkomplizierter machen.
Dabei wurde eine große Schwäche inzwischen beseitigt: Anstatt eines eigenen Lesegerätes für die Nutzung am PC können seit 2017 die meisten Android-Smartphones und seit 2019 auch die meisten iOS-Geräte die digitale Identifizierung über den neuen Personalausweis übernehmen. Möglich macht das die vielseitig einsetzbare Technologie NFC.
Google startete mit der Einbettung des entsprechenden Pixels bereits 2016. Dementsprechend sind die meisten Smartphones grundsätzlich NFC-fähig, die etwa ab 2017 entwickelt wurden. Aber eben nicht alle: so scheitert zum Beispiel das 2018 erschienene Nokia 7.1 an der Firmware-Freischaltung, was der Handyhersteller allerdings für das Update Nokia 7.2 lösen konnte.
Das Smartphone muss einen NFC-Reader haben. Zusätzlich muss dieser die „Extended Length“-Kommunikation bedienen und per Firmware freigegeben werden. Außerdem muss mindestens eine Version von Android 5 installiert sein. Zum Auslesen der e-ID muss schließlich noch die Anwendung „AusweisApp2“ installiert sein, die vom IT-Dienstleister Governikus für den Bund entwickelte wurde. Die App erzeugt zwischen dem Ausweis und dem Webdienst Daten, die zur Anzeige der e-ID ausgelesen werden müssen. Sie ist kostenlos im Google Play Store verfügbar.
Trotz alledem hat die Methode noch mit einigen Hürden zu kämpfen. Die Verbindung des Personalausweises mit dem Smartphone ist laut Bernhard Rohleder, Geschäftsführer des IT-Verbands Bitkom, viel komplizierter und dauert wesentlich länger, als es die Verheißungen des Innenministeriums darstellen. Und selbst mit einem Smartphone, dass alle Voraussetzungen erfüllt, klappt der Vorgang nicht immer. Denn das Gerät muss den Chip des Personalausweises während des Auslesens mit Energie versorgen. Ist das Stromfeld nicht ausreichend stark, bricht die Verknüpfung ab. Der Hersteller der App empfiehlt in diesem Fall, eventuell vorhandene Schutzhüllen vom Telefon zu entfernen. Der Chip muss genau unter der NFC-Antenne liegen und sollte während des Vorgangs nicht bewegt werden.
Behördenchef des Innenministeriums Horst Seehofer sieht in der Online-Funktion des elektronischen Personalausweises großes Potential. Laut seiner Stellungnahme zum 10-jährigen Jubiläum sei es kein Problem, Dinge wie „Elterngeld, Bafög, Kfz-Zulassung […] mit dem elektronischen Ausweis zu beantragen. Und wir arbeiten zusammen mit der Wirtschaft daran, dass der Online-Ausweis künftig noch breiter eingesetzt werden kann.” Allein im letzten Jahr von Februar bis August gab es rund 250 Prozent mehr Nutzer der Funktion.
Laut dem Innenministerium soll der Einsatz des Ausweises so einfach und alltäglich wie die Verwendung des Smartphones selbst werden. Dabei sollen beim Thema Sicherheit natürlich keine Abstriche gemacht werden. Die Intention ist, dass jeder Nutzer in Zukunft seinen Ausweis direkt im Handy abspeichern kann. Mit der ausgelesenen e-ID im Smartphone kann jeder Bürger seine Identität online verifizieren. Zu diesem Zweck arbeiten die Hersteller mit mehreren Partnern zusammen an einer entsprechenden App. Damit wollen sie gewährleisten, dass nicht nur das Ausweisen künftig komplett ohne Karte geht. Auch ein Projekt zur digitalen Führerscheinkontrolle ist laut Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer für dieses Jahr geplant. Diese Schritte führen die Vorteile der Digitalisierung direkt vor Augen.
Das Bundesamt des Inneren verspricht, dass die Zunahme vielfältiger Verwendungsmöglichkeiten für den Online-Ausweis gefördert werden wird. Dafür erarbeiten Bund und Länder zusammen auf der Grundlage des Onlinezugangsgesetzes. Denn eine Bedingung für die Förderung ist, dass die Anwendung überhaupt digital angeboten wird. Unternehmen aus der Wirtschaft implizieren allerdings inzwischen immer häufiger die Möglichkeiten des Ausweisens mit dem Handy. Mobilfunkanbieter bieten beispielsweise zum Kauf einer SIM-Karte bereits seit längerer Zeit die Möglichkeit, seine Identität über das Internet zu legitimieren. Dieser Vorgang benötigt mit nur wenigen Sekunden deutlich weniger Zeit, als in einen Laden gehen zu müssen.
Bereits jetzt sind zahlreiche Verwendungsmöglichkeiten für den digitalen Personalausweis verfügbar, auch wenn einige davon wenig bekannt sind. Mit dem e-Perso können beispielsweise Anträge bei Behörden oder Krankenkassen gestellt oder Punkte in Flensburg abgerufen, sowie Policen bei Versicherungsgesellschaften abgeschlossen oder auch Konten bei einigen Banken online eröffnet werden. Weitere Möglichkeiten sind:
Eine Abnahme oder ein Ende der wachsenden Möglichkeiten zur Anwendung sind derzeit nicht in Sicht.