Jahrelang galt Apples iPad nicht nur als das beste Tablet, an dem sich die Konkurrenz die Zähne ausbiss, es war zudem auch das einzig wirklich erfolgreiche Tablet am Markt. Nun hat diese Vorherrschaft allerdings ein Ende und innerhalb eines Jahres konnten Android-Tablets das strauchelnde iPad auf den zweiten Platz verdrängen. Aber wie konnte das passieren?
Die Entwicklung auf dem Tablet-Markt hat sich in den letzten 12 Monaten sehr stark verändert. Bisher konnte diese Geräteklasse ein starkes Wachstum verzeichnen, was allerdings zum Großteil Apples iPad zuzuschreiben war – zumindest bisher. Im zweiten Quartal sind die Tablet-Verkäufe zwar um 9,7 Prozent gesunken – dies ist der erste Rückgang seit der Markteinführung des ersten iPads 2010 – allerdings ist dies auch ausschließlich Apple zuzuschreiben. Im zweiten Quartal 2013 sind die Verkaufszahlen des iPad auf 14,6 Millionen Einheiten zurückgegangen – im ersten Quartal waren es noch beachtliche 19,5 Millionen Geräte und im zweiten Quartal 2012 wurden immerhin noch 17 Millionen verkaufte Tablets verbucht.
Als Grund dafür einen veralteten Produktfuhrpark zu vermuten ist allerdings nicht richtig, denn die vierte Generation des 9,7 Zoll-Tablets wurde erst im vergangenen Oktober zusammen mit dem 7,9 Zoll kleinen Bruder iPad Mini vorgestellt – also gerade einmal 9 Monate vor dem Ende des zweiten Quartals 2013. Es muss also andere Ursachen geben.
iPad Verkäufe sinken
Wenn man sich den Veröffentlichungszyklus des iPad ansieht, wird schnell klar, dass Apple den Verkaufsrückgang selber verschuldet hat. Das allererste iPad ist im Frühjahr 2010 herausgekommen, das Zweite im Frühjahr 2011 und die dritte Generation hat im Frühjahr 2012 das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Soweit so regelmäßig – allerdings hat der Konzern aus Cupertino daraufhin die Strategie umgestellt – die neuen Modelle sollen nun im Herbst erscheinen um das Weihnachtsgeschäft noch stärker mitzunehmen. Als also im Oktober 2012 das vierte iPad sowie das iPad Mini vorgestellt wurden, fühlten sich viele Kunden, die sich das gerade mal 6 Monate zuvor erschienene Vorgängermodell gekauft hatten, zurecht betrogen, hatten sie doch gerade erst viel Geld für ein Tablet ausgegeben, das umgehen wieder veraltet war. Dies hat zu einem nicht zu knappen Vertrauensverlust seitens der Kunden und damit verbunden auch einer abwartenden Haltung gegenüber dem Kauf eines neuen iPads geführt.
Die International Data Corporation (IDC hat errechnet, dass im zweiten Quartal 2013 45,1 Millionen Tablets verkauft wurden. Dieser 9,7 Prozent Rückgang bedeutet demnach, dass 4,37 Millionen Tablets weniger verkauft wurden. Da das iPad aber einen größeren Rückgang, nämlich um 4,9 Millionen Tablets, verzeichnen musste, hat also ein anderes Tablet-OS ordentlich zugelegt – nämlich Android.
Android als Retter in der Not
Betrachtet man die Verkaufszahlen des zweiten Quartals 2013, konnten diese 28,3 Millionen Geräte um gewaltige 59,6 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres gesteigert werden. Da Apple vom iPad in Laufe dieses Jahres allerdings 2,4 Millionen Einheiten weniger abgesetzt hat, während die generellen Verkäufe allerdings zugenommen haben, wird deutlich, wie stark Android als Tablet-Plattform zugelegt hat.
Im zweiten Quartal 2013 konnten immerhin 28,2 Millionen Android-Tablets neue Besitzer finden, womit sie einen Anteil von 62,6 Prozent des gesamten Marktes ausmachen. Damit ist es Android gelungen, die Verteilung aus dem Vorjahr ziemlich genau umzudrehen – im Q2 2012 besaß das iPad nämlich noch 60,3 Prozent, während es Android nur auf 38 brachte. Aber wie konnte Android in so kurzer Zeit so stark zulegen?
Der Aufstieg der Android Tablets
Um nachzuvollziehen, wie beachtlich dieses Wachstum ist, müssen wir kurz die Geschichte von Android Tablets betrachten.
Zu Beginn wurden die ersten Tablets, wie das Ur-Samsung Galaxy Tab, noch mit Android 2.3 ausgeliefert, einem Betriebssystem, das für die Nutzung auf Smartphones optimiert war. Bis das Motorola XOOM im Februar 2011 vorgestellt wurde. Dabei handelte es sich um das erste und lange Zeit auch einzige Tablet, das mit Android 3.x Honeycomb ausgerüstet war. Mit diesem ausschließlich für Tablets ausgelegten Betriebssystem hat Google Android in zwei Lager gespalten. Das Problem war, dass nicht nur Honeycomb schrecklich war, sondern auch dass die in der Folge veröffentlichten Tablets nicht überzeugen konnten. Diese waren nicht nur sehr klobig und schwer und nicht immer mit der besten Hardware ausgestattet, sondern zudem auch noch viel zu teuer. Zu der Zeit war es für Apple keine schwere Aufgabe, die Marktführung auszubauen.
Ein weiteres großes Problem der Android Tablets dieser Zeit war die geringe Zahl an speziell für Tablets optimierten Apps. Während Apple immer sehr stark die Entwickler gepusht hat auch für iPads zu entwickeln, haben sich Android-Entwickler sehr schwer getan, Anwendungen auch für Tablets anzupassen und so wurden viele Smartphone Apps unschön auf das größere Display gestreckt.
Mit dem Amazon Kindle Fire hat sich allerdings vieles geändert – zum ersten Mal war ein gutes und handliches Tablet, das allerdings mit einer stark beschnittenen Android-Version daher kam, zu einem günstigen Preis erhältlich und wurde wenig überraschend zu einem großen Erfolg. Dies hat bei Google zu der Erkenntnis geführt, dass dies die richtige Marschrichtung ist – als erstes Ergebnis ist daraus das Nexus7 hervorgegangen, das sich bis heute hervorragend verkauft hat. Viele Hersteller sind dem Beispiel inzwischen gefolgt, allerdings konnte Google mit dem gerade vorgestellten neuen Nexus 7 die Messlatte noch mal ein ganzes Ende höher legen.
Der Preis ist ein sehr wichtiger Aspekt, während Apple seine Smartphones und Tablets immer noch im Premiumbereich ansiedelt und einen entsprechend hohen Preis dafür verlangt, bieten andere Tablets, wie das Nexus 7, ähnliche Leistungswerte zu einem deutlich geringeren Preis, was für viele Kunden natürlich ein wichtiger Faktor ist.
Und was ist mit Apps?
Tablet-spezifische App stellen unter Android immer noch ein Problem dar, allerdings eines das immer kleiner wird. Während Apple gerne mit den Zahlen der verfügbaren Apps hausieren geht, hält Google sich hier sehr bedeckt und gibt keine konkreten Zahlen bekannt. Dies ist aber auch gar nicht unbedingt nötig, denn inzwischen ist die Anzahl der Tablet Apps unter Android gefühlt sehr stark gestiegen.
Seit Google mit Android 4.0 Ice Cream Sandwich endlich wieder den Smartphone und Tablet Zweit zusammengeführt hat, ist es für Entwickler deutlich einfacher geworden, ihre Apps für verschiedene Displaygrößen anzupassen und sogar dynamisch skalieren zu lassen. Die stetig steigende Anzahl an Hilfs-Tools hat sicher dazu geführt, dass mehr Apps für Tablets flott gemacht wurden, ein anderer großer Anreiz dürfte sicher sein, dass Android Tablets inzwischen endlich signifikante Marktanteile besitzen und es somit mehr potenzielle Abnehmer für die entstehenden Apps gibt.
Es dürfte spannend sein, ob Google es mit dem neuen Nexus 7 sowie dem kommenden Nexus 10 schafft, den Schwung zu nutzen und möglichst viele weitere Hersteller mitzuziehen. Auch ob Apple mit der nächsten iPad-Generation wieder auf die Konkurrenz aufschließen kann, wird durchaus spannend zu beobachten.