Huawei Watch gegen Motorola Moto 360: Wir haben einige Tage mit den beiden Smartwatches verbracht, auf Herz und Nieren überprüft und im direkten Duell gegeneinander antreten lassen. Außerdem klären wir die Frage, ob das Geld für eine intelligente Armbanduhr tatsächlich vernünftig investiert ist.
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Während die schlicht Watch betitelte Uhr von Huawei zwar schon vor einiger Zeit vorgestellt wurde, es bislang aber noch nicht flächendeckend in die hiesigen Läden schaffte, ist die Motorola Moto 360 schon länger in allen Märkten zu finden. Das macht einen direkten Vergleich auch nicht immer leicht: Die Moto 360 – wir sprechen von der ersten Generation – fungierte gewissermaßen als eine Art Wegbereiter, die schlichte Bauweise und das (beinahe) runde Display versetzten die Fachpresse bei der erstmaligen Präsentation durchaus in Staunen. Das ist mittlerweile aber über ein Jahr her, die zweite Generation der Moto 360 wurde im Rahmen der IFA im September bereits vorgestellt.
Alt gegen neu
Mangels Testgeräten und weil die Uhr ohnehin noch schwer zu bekommen ist, steigt aber die erste Version der Smartwatch in den Ring. Rein technisch sieht die Motorola-Uhr dementsprechend kaum Land gegen die Huawei Watch: Während der chinesische Hersteller auf einen mit 1,2 GHz getakteten Snapdragon 400 von Qualcomm setzt, werkelt bei Motorola ein schwachbrüstiger Texas Instruments-Chip. Der wurde von Anfang an bemängelt, im alltäglichen Gebrauch fällt dessen eingeschränkte Performance aber kaum ins Gewicht. Mails lesen, die Musiksammlung steuern, Minigames: Alles kein Problem, bis auf einige wenige, eigentlich kaum zählbare Ausnahmen läuft die ganze Sache rund. Das ist sicherlich auch der verbesserten Version von Android Wear geschuldet, die verbauten 512 MB RAM sind für die Software ausreichend. Einzig bei der Verbindungsherstellung hatten wir zu Beginn leichte Probleme, es war notwendig, einen etwas älteren Build des OS aufzuspielen. Dann klappte die Verbindung mit dem Smartphone, ein Update später war alles eitel Wonne.
Die Huawei Watch präsentierte sich in dieser Hinsicht besser: Einschalten, den Anweisungen folgen, loslegen. Innerhalb weniger Augenblicke erkannte das zum Testen verwendete Mate S des gleichen Herstellers die Uhr, die Verbindung war dementsprechend rasch hergestellt. Danach nehmen sich beide Testgeräte nicht viel: Da beide mit Android Wear laufen gibt es de facto keine Unterschiede beim Funktionsumfang.
Hübsche Begleiter
Etwas anders verhält sich das bei den äußeren Aspekten: Verarbeitet sind beide Modelle tadellos, insgesamt geht dieser Punkt dann aber doch an Huawei. Die Watch wirkt noch eine Nuance wertiger, der etwas erhöhte Rahmen um das Display schützt dieses zudem besser. Bei der Moto 360 hatten wir schon nach wenigen Tagen – zugegeben intensiven – Gebrauch unschöne Kratzer im Glas. Besser gelungen ist Huawei auch die Positionierung der einzigen physischen Taste: Während diese bei der Moto 360 genau auf drei Uhr liegt, verbaut Huawei den Button etwas weiter oben. Wer etwas kräftiger Hände hat, läuft damit nicht ständig Gefahr, das Rädchen unbeabsichtigt zu berühren.
Und apropos Display: Auch hier finden sich erkennbare Unterschiede. Mit 400 x 400 Pixeln bei einem Durchmesser von 1,4 Zoll löst die Huawei Watch deutlich schärfer auf als der Konkurrent von Motorola (1,56 Zoll, 320 x 290 Pixel). Klar, das ist sicherlich auch dem neuerem Datum geschuldet, der Vergleich ist also nicht ganz fair. Was aber in Frage gestellt werden muss, ist der sogenannte „Flat Tire“ von Motorola – also der kleine schwarze Balken am unteren Displayrahmen. Dadurch ist das Ziffernblatt niemals ganz rund, was nicht nur unschön ist, sondern auch unverständlich. Huawei schafft es schließlich auch, das Display komplett rund zu halten, Helligkeitssensor hin oder her. Und Motorola? Die setzen auch bei der zweiten Variante des hauseigenen Erfolgsmodells auf dasselbe Konzept, der Balken ist auch bei Version Nummer 2 nicht verschwunden. An sich sind aber beide Bildschirme ausreichend scharf, kräftigere Farben weist allerdings das AMOLED-Panel von Huawei auf.
Dafür kann die Moto 360 (2015) über den Moto Maker individualisiert werden, was bei der von uns getesteten Variante noch nicht möglich ist. Verschiedene Armbänder gibt es aber trotzdem zu kaufen, ein wenig individuelle Gestaltung lässt die Moto also zu. Ebenso wie Huawei übrigens: Auch hier gibt es verschiedene Ausführungen, bei Gehäuse und Armbändern hat der geneigte Käufer die Qual der Wahl.
Akkulaufzeiten im Vergleich
Der letzte Unterschied findet sich beim Ladegerät: Die Moto 360 wird kabellos mit Strom versorgt. Das ist hübsch, weil die Uhr dann automatisch in einen Nachtmodus schaltet und wie ein Wecker die aktuelle Zeit anzeigt, und praktisch, weil es schlichtweg reicht, das Gadget irgendwie in die Station zu legen. Huawei setzt indes auf drei magnetische Pins auf der Rückseite. Auch das ist komfortabel gelöst, in puncto Optik hat hier aber Motorola die Nase vorne. Der Akku der Huawei Watch hielt 24 Stunden recht locker aus, auch mit stets aktiviertem Display. Wenn sich der Bildschirm auch noch automatisch ausschalten darf, sind auch die vom Hersteller angegebenen 24 Stunden Laufzeit problemlos zu erreichen. 300 mAh beträgt die Nennleistung der Huawei-Uhr, 320 mAh die der Moto 360. Die Laufzeit wurde anfangs stark bekrittelt, ist dank einiger Updates nun aber im üblichen Bereich. Das heißt, auch hier schaffen wir einen ganzen Tag mit einer Ladung, recht viel mehr lässt die Moto 360 aber nicht zu. Positiv: Der Akku ist innerhalb von rund einer Stunde wieder vollends aufgeladen.
Fazit
Fehlt also nur noch, ein Fazit zu ziehen – was nicht so einfach ist. Betrachtet man lediglich die Ausstattung, hat Huawei deutlich die Nase vorne. Schärferes Display, deutlich potenterer Prozessor, mindestens ebenbürtige Verarbeitung. Da wird es auch für die zweite Auflage der Motorola Moto 360 nicht einfach, mithalten zu können; vor allem, weil der schwarze Balken wohl nach wie vor bei einigen Interessenten für Unverständnis sorgen dürfte. Aber; und dieser Punkt spielt üblicherweise eine große Rolle: Die erste Moto 360 ist mittlerweile für rund 150 Euro – und teilweise darunter – im Fachhandel und Internet zu haben. Huawei will für die Watch satte 398 Euro, wobei auch hier der Preis aber noch fallen wird. Trotzdem: Der Preis ist happig, wenngleich Huawei punktemäßig als klarer Sieger aus dem Duell hervorgeht. Wer bereit ist, den Preis zu zahlen, erhält eine hervorragende Smartwatch, die momentan sicherlich ganz oben in der Rangliste anzusiedeln ist. Wer sich Android Wear lediglich einmal anschauen möchte, herausfinden will, ob eine Smartwach den eigenen Vorstellungen entspricht oder lediglich die Geldbörse nicht derart belasten will, erhält aber auch mit der Moto 360 nach wie vor ein feines Stück Technik für das Handgelenk.