In einer dreiteiligen Serie widmen wir uns der Frage, die Handy-User seit dem ersten Touch-Display beschäftigt: Wie vermeide ich durch harten Kontakt verursachte Schäden an meinem Bildschirm? Eine gesondert aufgetragene Schutzschicht hilft. Aber welche?
Angst Nummer Eins von Smartphone-Besitzern bezüglich ihres Schätzchens ist eine Beschädigung des Displays durch unsachgemäße Handhabung – denn dann ist das Gerät oft nur noch stark eingeschränkt oder gar nicht mehr zu benutzen. Eine Reparatur ist in der Regel teuer und kostet manchmal gar mehr als das Smartphone noch an Wert hat.
Verglichen mit einem Auto sind Mobiltelefone ja trotz viel High Tech an sich sehr solide. Sie brauchen keine Wartung und gehen meistens nur durch äußere Einwirkung kaputt. Die buchstäbliche Schlagkraft solcher externe Einflüsse gilt es also abzumildern. In der Gleichung des kommunikativen Alltags lässt sich die Variable „Grobkontakt“ schließlich nicht wegkürzen – denn nur in der sicheren Schreibtischschublade nützt einem das Mobilgerät natürlich wenig.
Klarstellen wollen wir, dass ein Display-Schutz nicht vor Display-Bruch schützt, wenn der von einer harten Landung auf einer Gerätekante herrührt. Die Schirme sitzen unter Spannung in den Gehäusen und deren Scheiben können bei entsprechend festem Aufschlag bersten. Bei Bauchlandungen auf Teer und Kieselsteinen hilft die Extra-Schutzschicht aber allemal und auch vor Kratzern durch Schlüssel schützt sie. Die Frage ist nur: Welcher Typ ist am besten geeignet? Folie, Glas oder gleich ein Blickschutz? Dieses Mal Teil: Echtglas.
„Display-Schutzfolien aus Glas sind wahre Superhelden. Sie sind leicht, fast unsichtbar, aber unglaublich widerstandsfähig.“
Das Display eines Smartphones liegt auch ab Werk nicht frei. Über dem eigentlichen Anzeigemodul liegt nämlich immer eine Glasscheibe, die meist in das Gehäuse eingelassen ist und über die wir als Benutzer unsere Fingerkuppen bewegen. Kommt es zum vermeintlichen Display-Bruch ist damit oft „nur“ die Beschädigung dieser äußeren Glasschicht gemeint. Die Idee hinter eine Echtglasfolie (also einer sehr dünnen zweiten Glasscheibe) ist deshalb folgende: Wenn es zum Bruch kommt, dann soll dabei nicht das eingebaute Glas bersten, sondern nur ein aufgeklebtes. Das zu wechseln ist billiger als das Display-Glas oder gar die ganze Bildschirmeinheit tauschen zu lassen.
Wer nun aber glaubt, das zweite Glas sei nur so etwas wie eine „Opferschicht“, der irrt. Die Scheiben sind hochentwickelte Schutzprodukte, die unglaublich hart im Nehmen sind. Bei einer Materialstärke von unter einem halben Millimeter kann man kaum von Dicke sprechen (die Folien sind deshalb kaum zu sehen und schon gar nicht zu spüren, wenn man nicht mit Bedacht die Kanten sucht). Dennoch werben manche Hersteller damit, das ihre Produkte sogar Hammerschlägen standhalten würden. Vorweg: Wir waren skeptisch im Vorfeld und erstaunt während des Tests – was die dünnen Dinger aushalten, ist nahezu unglaublich.
Die Widerstandsfähigkeit ist oftmals so hoch, dass wir uns bei der für eine Beschädigung nötigen Gewalteinwirkung fragten, ob unter dem Glas nicht zuerst das Gehäuse nachgibt. Aber in der Regel drischt man nicht mit einem Hammer auf sein Display ein, sondern das Handy landet aus Brusthöhe maximal auf Asphalt oder Steinen.
Ein großes Thema bei Schutzfolien ist die Anbringung. Bei den gläsernen Artgenossen gestaltet sich die weniger kompliziert, da die Folie sich nicht in Falten legt. Lufteinschlüsse gibt es daher kaum oder sie verflüchtigen sich nach kurzer Zeit von selbst, wenn das Display zuvor gut gereinigit wurde. Die Passform spielt dennoch ein Rolle.
Dass der erhöhte Schutz auch mehr Geld kostet, versteht sich fast von selbst. Der Herstellungsprozess ist auch viel aufwändiger. Zwischen 10 und 20 Euro für eine Schutzfolie sind zu investieren. Die sind aber gerechtfertigt.
Das Ausgangsmaterial
Zugrunde liegt üblicherweise Glas aus Aluminium-Silikat (teurer) oder Kalk-Natron-Glas (günstiger). Damit dieses bei Beschädigung nicht gefährlich splittert, kommen Trägerfolien wie bei regulärem Sicherheitsglas zum Einsatz. Auch beim Abnehmen der Folie (hier kommt es meist zum Bruch) besteht so keine Verletzungsgefahr.
Das Verfahren
Tempering nennt man den Vorgang, der das Glas härtet, auch wenn das nicht nur unter Wärmezufuhr passiert, sondern auch durch eine chemische Behandlung. Sie sorgt für eine Vorspannung: Wenn es zum Bruch kommt, entstehen nur kleine Brösel und keine großen Splitter.
1. Simulation des Displays
Die Folien wurden auf ein und denselben Untergrund aufgetragen, eine Plexiglasplatte. Dann folgte ein Feuchtigkeitstest mit Wassertropfen: Wie wurde beschichtet?
2. Murmelbefall
Dann folgte die erste mechanische Strapaze: Eine etwas über 4 Gramm schwere und 10 mm große Stahlkugel plumpste aus einem Meter Höhe auf die Folien.
3. Härteres Geschütz
Da die Kugel auch bei größerer Fallhöhe nur wenig Schaden anrichten konnte, folgte die Kollision mit einem in einem Fallrohr geführten 27 g schweren und 6,8 mm starken Metallprojektil (spitze und stumpfe Seite). Manche Folien überlebten sogar das.
4. Kratzbeständigkeit
Zum Schluss wurden die Folien mit Kristallstiften malträtiert – Schlüssel können ihnen nichts anhaben.
Für unseren Vergleichstest haben wir acht Echtglas-Folien für das iPhone 6s ohne farbigen Rand herangezogen. Hauptprüfkriterium war die Schlagfestigkeit. Bei der Kratzfestigkeit zeigten sich – zu unserer Überraschung – alle Produkte ähnlich resistent und waren in jedem einzelnen Fall völlig unempfindlich gegenüber Schlüsselkanten.
Displex – Real Glass
Die Real Glass-Folie von Displex landete bei uns auf dem geteilten ersten Rang – nicht nur weil das Paket aller Qualitätskriterien den höchsten Durchschnittswert erzielte und dazu noch ein vergleichsweise niedriger Preis für das Glas verlangt wird, sondern vor allem, weil das Ergebnis im Schlagtest ohne Tadel war. Sogar der „Kuss“ mit dem spitzen Ende unseres Metallprojektils aus einer Fallhöhe von 1,5 Metern konnte die dünne Glasschicht nicht verletzen. Danach haben wir aufgegeben… Schön wäre, wenn der Hersteller noch einen Klebefilm beigeben würde, mit dem sich Staubpartikel sicherer entfernen ließen als mit dem Tuch. Staub oder anderer Schmutz unter dem Glas sind problematisch bei der Anbringung.
Passgenau, dünn, glatt, extrem schlagfest und noch nicht einmal teuer. Das passt.
Preis: EUR 16,99 / Dicke: 0,37 mm / Packungsinhalt: Reinigungstuch, Montagehilfe
Hama – Glass Screen Protector
Hama macht keinen Hehl daraus, das unter ihrem Namen Displex-Folien vertrieben werden – warum auch, es sind ohne Zweifel vorzeigbare Produkte. Um uns nicht zu wiederholen, fügen wir hier einfach noch an, was in der Spalte links bei Displex keinen Platz fand: Die Easy-On-Montagehilfe braucht es bei der Glasfolie nicht unbedingt, sie ist starr genug – sie schadet aber auch nicht. Wenn es eine Schwäche bei den Folien von Hama bzw. Displex gibt, dann ist es vielleicht der abgeschliffene Randbereich. Der fühlt sich zwar gut an, ist aber empfindlicher als bei scharfkantigen Folien. Top ist definitiv die Oberfläche. Sie fühlt sich nicht stumpf an, die Fingerkuppen haben also „gut gleiten“.
Wie bei der Displex-Folie auch: Alles passt, auch der Preis ist der gleiche.
Preis: EUR 16,99 / Dicke: 0,37 mm / Packungsinhalt: Reinigungstuch, Montagehilfe
4smarts – Second Glass
Mit der Second Glass-Folie von 4smarts hat es die günstigste Folie im Vergleich auf den zweiten Platz geschafft. Vor allem ihre Schlagfestigkeit auf absoluten Höchstniveau hat uns dabei verwundert. Sie steht den beiden Folien auf Platz 1 in dieser Kategorie nicht nach. Auch die Exaktheit des Schnitts, also die Aussparungen um Homebutton, Sensoren und Selfie-Kamera überzeugt. Ergänzung zum Thema Kamera an dieser Stelle:
Nicht alle Folien haben für sie eine Aussparung. Die braucht es aber auch gar nicht, solange das Glas nicht zerkratzt ist. Im Gegenteil: Eine Folie ohne „Kameraloch“ muss nicht ganz so exakt aufgetragen werden. Leichte Abzüge gab es beim 4smarts-Glas bei der Glätte der Oberfläche.
Starke Folie für kleines Geld! Für die Anbringung wäre eine zweite Schutzfolie toll.
Preis: EUR 10,90 / Dicke: 0,37 mm / Packungsinhalt: Reinigungstuch, Putztuch, Staubentferner
Artwizz – SecondDisplay
Auch bei der Schutzscheibe von Artwizz ist die Schlagfestigkeit noch immer hervorragend. Das Glas wurde erst bei einer Fallhöhe von 1,5 Meter durch das Projektil beschädigt, und dabei auch nur mit der spitzen Seite. Einen halben Punkt haben wir dennoch abgezogen, um die Differenz zu den drei Erstplatzierten abzubilden. Im Alltag sollte man aber keinen Unterschied bemerken. Ebenfalls einen kleinen Abzug gab es für die nicht vorhandene zweite Schutzfolie, die man erst am Ende der Anbringung abzieht. Okay, von großer Bedeutung ist natürlich auch nicht. Der Homebutton unten war im Vergleich großzügig ausgeschnitten. Man merkt, wir mussten Fehler schon suchen!
Diese Folie hat ebenfalls keine echten Schwächen und rangiert preislich im Mittelfeld.
Preis: EUR 19,99 / Dicke: 0,41 mm / Packungsinhalt: Reinigungstuch, Staubentferner
PanzerGlass – Schutzglas
Panzerglass (auf Deutsch ließe man ein ‚s‘ weg), das ist schon ein klingender Name, der die richtigen Assoziationen hervorruft. Er ist sogar so stark, dass andere Marken sich dieses Attribut anheften. Erstaunlicherweise schnitt gerade in unserem Kollisionstests diese Glasfolie nicht besonders gut ab. Bereits bei einer Fallhöhe von 60 cm (allerdings mit der spitzen Seite des Projektils) konnte die Scheibe verletzt werden – und das, obwohl es sich nach unserer Messung um die dickste Folie im Vergleich handelt. Eine Aussparung für die Selfie-Kamera gibt es auch hier nicht (das kann wie gesagt auch ein Vorteil sein). Uns wunderte die Angabe, dass die Folie auch für das iPhone 7 geeignet sei. Warum machen das alle anderen Marken nicht auch so?
Die teuerste Folie im Vergleich zeigte ausgerechnet bei der Resistenz Schwächen.
Preis: EUR 24,99 / Dicke: 0,51 mm / Packungsinhalt: Reinigungstuch, Putztuch, Staubentferner
Zagg – Invisible Shield Glass
Die Zagg-Folie ist laut unserer Messung auch eine der dickeren im Test – die Unterschiede im Zehntelmillimeterbereich sind aber kaum zu spüren. Dennoch, bei einem Meter Fallhöhe war die Belastungsgrenze erreicht, auch mit dem stumpfen Ende unseres Metallstiftes. Die Oberfläche fühlte sich eher griffig an, es kann aber sein, dass sich dies nach längerer Benutzung ändert. Aus der Verpackung heraus waren andere Folien aber „wischfreundlicher“. Wie auch bei anderen Folien ist hier die Kamera nicht ausgespart, doch der Homebutton ist sehr großzügig freigestellt. Hier hat man sich die Arbeit ein wenig leichter gemacht. Immerhin ist das Glas in zwei Folien gehüllt, bevor es angebracht wird.
Zwar ein wenig robuster als die PanzerGlass-Folie, aber mit Abzügen bei der Passgenauigkeit.
Preis: EUR 19,99 / Dicke: 0,47 mm / Packungsinhalt: Reinigungstuch, Putztuch, Staubentferner
Cellularline – Second Glass Ultra
Der Zagg-Folie nachgereiht haben wir die von Cellularline, weil die Schlagfestigkeit auf niedrigerem Niveau ist. Es reichte einmal ein Einschlag unseres Projektils aus 30 cm Höhe, um die Oberfläche zu beschädigen. Dabei kam nicht einmal die spitze Seite zur Verwendung. Ansonsten fielen auch noch andere Eigenschaften auf: Geschützt wird das Glas nur von einer „Transportfolie“, das ist aber vernachlässigbar. Sowohl die Sensoren oben als auch der Homebutton unten waren sehr großzügig ausgeschnitten – wie bei keinem anderen Glas im Test. Das sieht nicht nur günstig aus, sondern fühlt sich auch nicht gut an und schützt weniger. Außerdem hatten wir mit der sehr schwer zu öffnenden Verpackung zu kämpfen.
Hier ist die Schutzwirkung bereits spürbar eingeschränkt – nicht nur in der Theorie.
Preis: EUR 16,99 / Dicke: 0,45 mm / Packungsinhalt: Reinigungstuch, Staubentferner
Peter Jäckel – Schutzglas
Bevor wir in den Vergleichstest gingen, überlegten wir uns, wo wohl die Belastungsgrenze einer Glasfolie liegt und wie man sich an diese herantastet. In ersten Experimenten sahen wir aber, dass kleine Eisenkügelchen nicht viel ausrichten können. Diese Folie lieferte aber den Gegenbeweis. Als einziges Schutzglas ging dieses bereits nach dem Aufprall einer 10-mm-Eisenkugel aus lediglich einem Meter Fallhöhe zu Bruch. Das verwunderte uns angesichts der Ergebnisse mit den anderen Produkten. Die anderen „Mängel“ stehen dahinter deutlich zurück: Keine zweite Schutzfolie, keine Kameraaussparung. Ansonsten ist die Folie aber sehr exakt gearbeitet. Die Oberfläche ist dagegen sehr rau, die Finger rutschen nicht leicht.
Alleine aus Schutzaspekten empfiehlt sich diese Folie leider nicht. Es mangelt an Solidität.
Preis: EUR 19,99 / Dicke: 0,40 mm / Packungsinhalt: Reinigungstuch, Putztuch, Staubentferner