BlackBerry PRIV im Test – ein wahrer Business Angel?

Der Name Blackberry steht noch immer für eine Insignie erfolgreicher Geschäftsleute. Weniger erfolgreich war in letzten Jahren das Unternehmen selbst. Dem Absatzrückgang entgegen­wirken soll nun das erste Telefon mit Android-OS.

Ein Blackberry-Telefon ist ein bisschen wie ein Ritterschlag der eigenen Firma. Es sagt: „Sie sind (uns) wichtig. Was Sie für uns machen, ist von Bedeutung und schützenswert.“ So war das früher auch bei einem ThinkPad, als dieses noch von IBM hergestellt wurde. Die Welt hat sich inzwischen weitergedreht und das Blackberry als erstes Smartphone (also hochkonnektives und mailfähiges Mobiltelefon) überhaupt wurde von Apples iPhone und seinen Android-Mitbewerbern rechts überholt. Dennoch geben auch heute noch viele Firmen ihren Top-Mitarbeitern Blackberry-Geräte an die Hand – nicht nur wegen des bereits genannten Auszeichnungscharakters. Die kanadische Firma verkaufte zu Ihren Mobilgeräten nämlich ein Sicherheitssystem, das Zugriffe der Mitarbeiter auf Daten limitierte und Aktionen protokollierte, daneben verschlüsselte und somit Spionage erschwerte. Doch irgendwann zieht auch dieses Argument nicht mehr, wenn man technisch zu weit hinterherhinkt und Apps für iOS oder Android nicht nutzbar sind.

Wo Ritzen sind, da ist auch Dreck. Das ist der Nachteil der echten Tastatur: In ihr sammeln sich Schmutz und Staub.

Das Beste beider Welten

Wohl deshalb hat Blackberry die Notbremse gezogen und nun das erste Android-Gerät auf den Markt ­geworfen. Wahrscheinlich sollen dadurch auch ­Privatkunden gewonnen werden (für die Daten­sicherheit nur sekundär ist). Der bekannte ­Blackberry Enterprise Service ist aber auch hier verfügbar, wenngleich eingeschränkt. Zusätzlich hat der Hersteller eine App installiert, die ­Aktionen fremder Apps und das Nutzerverhalten ­überwacht. Das Priv verbindet damit den Komfort und das große Angebot der Android-Welt mit dem, was Blackberry in den Köpfen vieler prototypisch ausmacht: die hohe Verarbeitungsqualität und – eine physische Tastatur.

Digitale Abschiebung – per Finger

Eben jene wurde nicht in doppelter Hinsicht perfektioniert. Die Tastatur selbst ist nicht fix, sondern wird im Normalfall vom Display verdeckt, das sich auf seinem (solide verarbeiteten) Schlitten über das Basisteil schieben lässt. Wird es textlastiger, zieht man das Keyboard heraus und los geht‘s mit zwei Fingern und ehrlich haptischer Rückmeldung. Ein Vertippen ist fast ausgeschlossen. Der Clou: Auch dieses Tastenfeld ist kapazitiv, es reagiert auf Wischbewegungen: nach links wird der Text wortweise wieder gelöscht, nach oben werden Wörterbuchvorschläge direkt befolgt. Fast revolutionär.

Die weiche Kante ist nicht nur schön. Mit­ ­einem Wisch von rechts nach links auf Höhe der ­Tasten gelangt man zu Terminen und Mails.

Kein Mangel an Kraft und Platz

Konservativer, aber dennoch stark geht es ­unter der Kohlefaserdecke zu. Hier rechnet ein ­Snapdragon 808 mit 4 x 1,4 und 2 x 1,8 GHz mit Unterstützung eines 3 GB-RAMs und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Ins ­Schwitzen ­wegen mangelnden Speicherplatzes dürfte auch der ­Nutzer nicht kommen. Neben den 32 GB Flash-Speicher stehen maximal 2 Terabyte auf einer ­entsprechenden SD-Karte zur Verfügung. Löschen war also gestern.

Haben oder nicht haben…

…das ist auch hier die Frage. Was das Priv nicht hat: Entsperrung per Fingerkuppe, 16:9-Format für Fotos, drahtlose Ladung (merkwürdigerweise gibt es einige Modellserien, die jedoch damit ausgestattet wurden) und einen kräftigen Lautsprecher. Davon vermisst man am ehesten noch das Breitbild. Auf der Haben­seite steht wieder die Kamera, bei der Software (erst seit einem Update im Januar), Optik und 18 MP-Sensor fast perfekt zusammenspielen. Wir waren begeistert von den Ergebnissen – und zwar nicht nur auf dem Monitor, sondern auch bei der Sichtung über das extrem scharfe (540 ppi) und satte Display. Darüber hinaus gefallen Kleinigkeiten aus der „Weichwarenabteilung“: Das Gerät lässt sich per Doppeltipp aufwecken (aber nicht wieder schlafenlegen) und beim Füllen des ausreichend dimensionierten Akkus wird der Ladevorgang über eine Schlange am Display-Rand visualisiert.

Die grüne „Ladeschlange“ signalisiert den Füllfortschritt bildlich. Außerdem wird die verbleibende Zeit bis zur Vollladung genau angezeigt.

Fazit

Ob das neueste Blackberry-Gerät Heilsbringer für die Marke wird? Wir wissen es nicht. Auch nicht, ob die für Unternehmen wichtigen Services wegen des ­Android-Betriebssystems zu sehr beschnitten wurden. Dafür können wir mit Bestimmtheit sagen, dass dieses Smartphone etwas geschafft hat, was man sich bei den Kanadiern lange wünschte: Es spielt technisch ganz vorne mit und hat eine Strahlkraft, die auch auf Privatleute wirkt. Die könnten sich allerdings am Preis verschlucken: Der ist hoch, aber deshalb noch lange nicht himmlisch.

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