Die Toten waren noch nicht kalt, da versuchten einige bereits, aus den niederträchtigen Anschlägen auf das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ Kapital zu schlagen. Ein besonders perfides Beispiel dieser Pietätlosigkeit kommt jetzt aus Großbritannien: Premierminister David Cameron will jetzt mit Verweis auf die Terrorabwehr jeden verschlüsselten Messenger verbieten lassen.Â
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Wie konnten die Attentäter es schaffen, trotz Polizeischutz in die Redaktion von „Charlie Hebdo“ einzudringen und ein Blutbad anzurichten? Agierten sie alleine oder auf Befehl von größeren Terrororganisationen wie ISIS oder Al Kaida? Gibt es ein grundsätzliches Integrationsdefizit unter muslimischen Einwanderern? Und wie lassen sich solche Gräueltaten in Zukunft verhinden? Es wird wohl noch Jahre dauern, die Anschläge, die Frankreich vor genau einer Woche erschütterten, aufzuarbeiten. Das hält einige geschmacklose Zeitgenossen aber nicht davon ab, bereits jetzt aus dem Schock und der Trauer politisches Kapital schlagen zu wollen. So auch Großbritanniens Premierminister David Cameron, der die Anschläge in Paris dazu nutzen will, um seine Überwachungsvorstellungen durchzusetzen.
Nur mit Durchsuchungsbefehl
„Wollen wir in unserem Land wirklich Kommunikationswege erlauben, die im Extremfall selbst mit einem Durchsuchungsbefehl des Innenministers nicht abgehört werden können?“, fragt der Premier. Für den Fall, dass er bei den Unterhauswahlen am 7. Mai 2015 wiedergewählt werde, versprach Cameron, sich für schärfere Überwachungsgesetze in Großbritannien einzusetzen. Als Rechtfertigung wird, wenig überraschend, das Attent auf die französische Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ herangezogen, die laut Cameron eine bessere Überwachung notwendig machen. Damit schlägt sich der Torrie-Politiker auf die Seite von Andrew Parker, seines Zeichens Chef des britischen Gehemdienstes Mi5, der bereits am Tag des Anschlages die Wichtigkeit von Abhörmaßnahmen betonte: „Das Abfangen von Kommunikation ist ein wichtiger Teil der Werkzeugsammlung der Sicherheits- und Geheimdienste“, sagte Parker.
Sorgen, dass schärfere Gesetze die Privatsphäre der Bürger aushöhlen, zerstreute Cameron: „Ich möchte erneut betonen, dass das nur passieren kann, wenn der Innenminister persönlich einen Durchsuchungsbefehl unterschreibt. Wir haben wahrscheinlich ein besseres Kontrollsystem für diese sehr aufdringlichen Maßnahmen als jedes andere mir bekannte Land.“ Sollte Cameron mit seinem Anliegen durchkommen, wäre es das faktische Todesurteil von beliebten Diensten wie WhatsApp, Threema oder auch Apples iMessage. Sie alle verwenden eine Verschlüsselung, die es für Sicherheitsbehörden schwer bis unmöglich macht, die Kommunikation zwischen einzelnen Teilnehmern zu überwachen.
Backdoors stehen für alle offen
Die Messenger müssten entweder aus Großbritannien abziehen, was kaum vorstellbar ist, oder spezielle Backdoors für die Behörden einrichten, um ein Mitlesen im Extremfall möglich zu machen. Genau hier liegt aber Krux: Lücken, die die Überwachung ermöglichen, bleiben in der Regel nicht geheim, sondern werden irgendwann auch entdeckt. Dann könnten sie auch von Kriminellen oder dem Westen feindlich gesinnten Staaten ausgenutzt werden. Eine Sicherheitslücke, die nur die „Good Guys“ zur Überwachug nutzen, gibt es nur im Märchen. Weiterhin ist es ziemlich geschmacklos, wenige Tage nach den Anschlägen von Paris solche Debatten anzustoßen. Über bessere und ausgeklügeltere Möglichkeiten, solche Gewalttaten zu verhindern, muss mit Sicherheit gesprochen werden. Und ja, auch wenn es unpopulär ist: Vielleicht ist dazu auch ein Mehr an Überwachung nötig. Vielleicht. Doch diese Diskussion sollte mit kühlem Kopf und dem nötigen Abstand geführt werden. Nicht 7 Tage nach den Anschlägen von Paris.
Was meint ihr: Ist für die Sicherheit mehr Ãœberwachung notwendig?Â
Quelle: The Independent (via Cnet) Artikelbild:Â Vaughan Leiberum