Guide: Genymotion: Android Apps auf dem PC

Hartmut Schumacher 30. June 2015 0 Kommentar(e)

Android-Apps nicht nur auf dem Smartphone verwenden zu können, sondern – mittels eines Emulators – auch auf dem PC, das ist eine reizvolle Möglichkeit mit vielen Vorteilen: Sie können dadurch beispielsweise Apps testen, ohne Risiken einzugehen und ohne Ihr Smartphone zuzumüllen. Darüber hinaus erlaubt es ein derartiger Emulator Ihnen, neue Android-Versionen auszuprobieren, die nie den Weg auf Ihr Smartphone-Modell finden werden. Verwenden können Sie zu diesem Zweck beispielsweise den Android-Emulator Genymotion – der schneller und komfortabler ist als viele seiner Konkurrenten.

genymotion_main

Genymotion: Noch ein Android-Emulator? Wozu?

Android-Apps auf dem PC laufen zu lassen, das ist schon seit langem machbar. Genauer gesagt seit November 2007, also ein knappes Jahr bevor das erste Android-Smartphone erhältlich war. Möglich machte dies der „Android Emulator“ aus dem Android Development Kit, der es erlaubt, auf PCs ein virtuelles Smartphone zu verwenden.
Dieser Emulator ist seitdem ein unverzichtbares Werkzeug für Software-Entwickler, weil sie mit seiner Hilfe ihre Apps auf unterschiedlichen (emulierten) Geräten testen können. Je leistungsfähiger und komplexer das Android-Betriebssystem jedoch wurde, desto langsamer wurde der Emulator. Das führte dazu, dass derzeit der Emulator selbst auf gut ausgestatteten PCs nur mit reichlich Geduld verwendbar ist.

Schneller: Android für PCs

Der neue Emulator Genymotion (der auch einfacher zu installieren und zu konfigurieren ist) geht daher einen anderen Weg: Er verwendet die Virtualisierungs-Software VirtualBox, um einen kompletten PC zu emulieren. Und auf diesem emulierten PC lässt er dann eine Android-Version laufen, die für PC-Prozessoren gedacht ist. Der Vorteil dieser Methode besteht darin, dass das zeitaufwendige Emulieren eines anderen Prozessors entfällt.

Das hat allerdings auch zur Folge, dass einige Apps (vor allem Spiele), die nur für Smartphone-Prozessoren gedacht sind, nicht auf dem Emulator funktionieren.

Genymotion 01

Einsatzzwecke

Selbst wenn Sie ein reiner Anwender sind, der keine Ambitionen hat, eigene Software zu entwickeln, ist dieser Emulator ein sinnvolles Hilfsmittel für Sie. Denn er ermöglicht es Ihnen erstens, neue Apps risikolos auf dem PC auszuprobieren, bevor Sie sie tatsächlich auf Ihrem Smartphone installieren. Und zweitens können Sie dank des Emulators mit neuen Betriebssystemversionen herumspielen, auch wenn diese für Ihr Smartphone noch nicht erhältlich sind.

Genymotion installieren

Sie können den Emulator Genymotion von der Web-Site seines Herstellers (www.genymotion.com) herunterladen, indem Sie dem Verweis „Get Genymotion“ folgen. Vor dem Herunterladen müssen Sie ein Benutzerkonto anlegen.

Am einfachsten machen Sie sich das Installieren, wenn Sie die Version „Windows 32/64 bits (with VirtualBox)“ herunterladen, bei der gleich die PC-Software VirtualBox enthalten ist. Wenn Sie die Installationsdatei starten, installiert sie auf Ihrem Computer automatisch sowohl die VirtualBox- als auch die Genymotion-Software. (Versionen für Mac OS und Linux sind ebenfalls erhältlich.)

genymotion_2

Virtuelles Smartphone einrichten

Nach dem ersten Start der Genymotion-Software erscheint automatisch ein Dialogfenster, das Ihnen die Frage stellt, ob Sie ein neues virtuelles Smartphone einrichten möchten. (Weitere Smartphones können Sie später einrichten, indem Sie im Hauptfenster der GenyMotion-Software die Schaltfläche „Add“ anklicken.) Im Dialogfenster „Create a new virtual device“ wählen Sie dann eines der vorgegebenen virtuellen Smartphones aus. Die einzelnen Smartphones unterscheiden sich voneinander durch die Bildschirmauflösung und durch die Android-Version. Nachdem Sie sich für ein Smartphone entschieden haben, muss die Software erst einmal die dafür benötigte Datei aus dem Internet herunterladen.

Maus statt Touchscreen

Anschließend können Sie im Hauptfenster der Genymotion-Software das installierte virtuelle Smartphone auswählen und dann die Schaltfläche „Play“ anklicken. Nach einer kurzen Wartezeit öffnet sich der Bildschirm dieses virtuellen Smartphones in einem eigenen Fenster. Sie können das virtuelle Gerät genauso bedienen wie ein echtes Smartphone – mit dem entscheidenden Unterschied, dass Sie dazu die Maus des PCs verwenden, statt den Bildschirm anzutippen.

genymotion_3

Genymotion: Wo sind die Google-Apps?

Mit der „Settings“-Option „Language & Input“ ändern Sie die Sprache der Bedienungsoberfläche von Englisch auf Deutsch.

Wenn Sie das emulierte Smartphone verwenden, dann wird Ihnen eines schnell auffallen: Der Play Store und andere Google-Apps glänzen durch Abwesenheit. Das ist leider aus lizenzrechtlichen Gründen unvermeidbar.

Für einige Anwendungszwecke ist der Play Store nicht unbedingt erforderlich. In den meisten Fällen aber werden Sie ihn auch auf dem emulierten Smartphone benutzen möchten. Also müssen Sie ihn nachträglich installieren:

Die geeignete Version

Googeln Sie nach dem Begriff „gapps“ oder nach der Kombination „android gapps“. Das bringt Sie zu einigen Web-Seiten, von denen Sie Pakete mit den diversen Google-Apps herunterladen können. Achten Sie darauf, ein Paket herunterzuladen, das für die Betriebssystemversion des emulierten Smartphones geeignet ist. Die Google-Apps sollten in Form einer ZIP-Datei vorliegen. Um die Apps auf dem emulierten Smartphone zu installieren, ziehen Sie einfach diese ZIP-Datei in das Fenster des Smartphones. Der Emulator sollte die Datei als flashbare Datei erkennen und Sie fragen, ob Sie sie installieren möchten („Do you want to flash it […]?“). Bejahen Sie dies durch Antippen der Schaltfläche „OK“. Nach dem erfolgreichen Installieren sollten Sie das simulierte Smartphone sicherheitshalber beenden und neu starten.

Google-Konto einrichten

Nach dem Neustart rufen Sie den Play Store auf. Da bislang kein Google-Konto auf dem emulierten Smartphone vorhanden ist, fordert das Gerät Sie dazu auf, die Zugangsdaten Ihres Google-Kontos einzugeben.

Anschließend können Sie im Play Store zusätzliche Apps installieren oder aber zunächst einmal die installierten Apps aktualisieren.

In der Liste „Meine Apps – alle“ finden Sie die Apps aufgelistet, die auf Ihrem echten Smartphone installiert sind.

Genymotion: Internet, Finger und Tastatur

Das emulierte Smartphone verwendet automatisch die Internet-Verbindung Ihres PCs. Sie können also ohne jedes weitere Konfigurieren beispielsweise mit dem Browser des Smartphones aufs Internet zugreifen, mit dem E-Mail-Programm Ihre Nachrichten empfangen oder mit Google Maps Straßenkarten und Satellitenbilder abrufen. Das Smartphone betrachtet diese Verbindung als eine WLAN-Verbindung. Sie können sie also in den Einstellungen über die Option „WLAN“ ein- und ausschalten.

genymotion_4

Zwei Finger?

Sie können mit der Maus des PCs auf den Bildschirm des virtuellen Smartphones tippen. Das zeitgleiche Antippen mehrerer Bildschirmstellen ist naturgemäß jedoch nicht möglich. Die häufigste Bedienungsaktion, für die man zwei Finger benötigt, ist das Herein- und Herauszoomen (beispielsweise auf Web-Seiten oder auf Straßenkarten). Auf dem Emulator können Sie dies erledigen, indem Sie mit der rechten Maustaste klicken und dann mit niedergedrückter Taste die Maus nach links oder rechts bewegen.

Bildschirmtastatur

Standardmäßig verwenden Sie die Tastatur Ihres PC zum Eingeben von Text in das virtuelle Smartphone. Möchten Sie stattdessen lieber die Bildschirmtastatur des Smartphones benutzen? Dann rufen Sie auf dem Smartphone die App „Genymotion Configuration“ auf, schalten die Option „Keyboard“ ein und wählen den Eintrag „Virtual keyboard“ aus. Anschließend tippen Sie auf die Schaltfläche „Save“ – und dann auf die Schaltfläche „Yes“, um das Smartphone neu zu starten.

Der Austausch von Text zwischen dem PC und dem emulierten Smartphone ist erfreulich einfach: Die Genymotion-Software gleicht die Inhalte der beiden Zwischenablagen automatisch miteinander ab. Wenn Sie also auf dem PC einen Text in die Zwischenablage kopieren, dann können Sie ihn auf dem emulierten Smartphone über dessen Zwischenablage einfügen. Und umgekehrt.

Genymotion: Kamera, GPS und Bildschirmfotos

An der rechten Seite des Emulator-Fensters finden Sie einige Schaltflächen, über die Sie wichtige Funktionen aufrufen können:
Mit der Schaltfläche „Rotate Screen“ drehen Sie den Bildschirm des emulierten Smartphones. (Stattdessen können Sie auch die Tastenkombination „Strg“ und „F11“ verwenden.) Über die Schaltflächen „Increase Volume“ (Tastenkombination „Strg“ und „+“) und „Decrease Volume“ (Tastenkombination „Strg“ und „-“) erhöhen und verringern Sie die Lautstärke des Smartphones.

genymotion_5

Simulierte GPS-Koordinaten

Die „GPS“-Schaltfläche erlaubt es Ihnen, Ihren virtuellen Aufenthaltsort zu verändern. So können Sie beispielsweise Navigations-Apps vorgaukeln, Sie befänden sich an einem anderen Ort. Festlegen können Sie diesen Ort durch Eingeben seiner Koordinaten – oder aber wesentlich intuitiver durch das Auswählen auf einer Karte (über die Schaltfläche „Map“).
Die „Camera“-Schaltfläche ermöglicht es Ihnen, dem emulierten Smartphone eine Kamera zu spendieren. Das ist nützlich, um Foto- oder Video-Apps zu testen, die eine Kamera voraussetzen. Die Option „Dummy Webcam“ erzeugt automatisch Beispielbilder. Die Option „Webcam“ dagegen verwendet die Bilddaten, die von einer echten Kamera stammen, die an Ihren PC angeschlossen ist.

Bildschirmfotos

Eine Funktion zum Anfertigen von Bildschirmfotos ist nur in den kostenpflichtigen Genymotion-Versionen vorhanden. Kein Problem, könnte man annehmen. Leider jedoch funktionieren herkömmliche Bildschirmfoto-Apps auf diesem Emulator nicht. Aber natürlich können Sie mit Ihrem jeweiligen PC-Betriebssystem ein Bildschirmfoto des kompletten Emulatorfensters anfertigen und dann den gewünschten Bereich ausschneiden. (Unter Windows verwenden Sie zum Anfertigen eines Bildschirmfotos die „Druck“-Taste und fügen das hergestellte Foto dann über die Zwischenablage in ein Bildbearbeitungsprogramm ein.)

Genymotion: Kostenpflichtige Versionen mit mehr Funktionen

Die frei herunterladbare Version von Genymotion lässt sich zu nichtkommerziellen Zwecken kostenlos nutzen. Und für reine Anwender reicht diese Version auch aus.
Für Software-Entwickler dagegen stehen zwei kostenpflichtige Versionen mit mehr Funktionen zur Verfügung: Die „Indie“-Version schlägt mit 99 Euro pro Jahr zu Buche. Die zusätzlichen Funktionen dieser Version:

  • Mit dem „Screencast“-Widget ist es möglich, Bildschirmfotos und Videos anzufertigen, die das Geschehen auf dem Bildschirm des emulierten Smartphones zeigen.
  • Das „Remote Control“-Widget erlaubt es Ihnen, den Beschleunigungsmesser und den Bildschirm eines echten Smartphones zu verwenden, um auf dem Emulator Bewegungen des Smartphones sowie mehrfache gleichzeitige Berührungen des Bildschirms zu simulieren.
  • Genymotion kann den Bildschirminhalt des emulierten Smartphones so darstellen, dass ein Bildpunkt des Smartphone-Bildschirms einem Bildpunkt des PC-Monitors entspricht. Das ist nützlich für Feinarbeiten an der Bedienungsoberfläche.
  • Es ist möglich, emulierte Smartphones zu klonen – also ihre Einstellungen für weitere emulierte Smartphones zu verwenden.
  • Sie können die Geräteseriennummern (IMEI und MEID) des emulierten Smartphones selbst festlegen.
  • Und nicht zuletzt ist es dank einer Programmierschnittstelle möglich, mit Hilfe von Java-Programmen automatisierte Tests zu schreiben, die dem Emulator simulierte Sensorwerte liefern.

genymotion_6

Schnellerer Support

Die „Business“-Version (die 299 Euro pro Jahr kostet) ist für Unternehmen gedacht. Sie entspricht von ihrem Funktionsumfang her der „Indie“-Version, die Benutzer der „Business“-Version haben jedoch Anspruch auf eine bevorzugte Behandlung beim Support: Antworten auf Fragen sollen sie in maximal 24 Stunden erhalten.

auf Facebook teilen auf Google+ teilen auf Twitter teilen
pic_HS

Hartmut Schumacher   Redakteur

Hartmut ist ganz vernarrt in Smartphones und Tablets. Allerdings hielt er auch schon Digitaluhren für eine ziemlich tolle Erfindung. Er betrachtet Gedankenstriche als nützliche Strukturierungsmittel – und schreibt nur gelegentlich in der dritten Person über sich selbst.

Kennst du schon unsere Magazine?

Alle Magazine anzeigen