Die Welt ist eine Google – Blicke in unsere technologische Zukunft

Hartmut Schumacher 13. August 2016 0 Kommentar(e)

„Entwicklerkonferenz“ – das klingt so, als ob die „Google I/O“ sich nur an ausgewiesene Fachleute richtet. Die Neuigkeiten jedoch, die Google auf dieser Veranstaltung vor­gestellt­ hat, sind auch für reine Anwender äußerst interessant – und zwar un­abhängig davon, ob sie Android-Fans sind.

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Vom 18. bis zum 20. Mai hat in Kalifornien die Entwicklerkonferenz „Google I/O“ stattgefunden, nun schon zum neunten Mal – und zum ersten Mal an einem Freiluft-Veranstaltungsort (einem Amphitheater in Mountain View) statt in einem Kongresszentrum in San Francisco.

Diese Örtlichkeit in Verbindung mit dem sonnigen Wetter und langen Warteschlangen führte bei vielen Teilnehmern zu Sonnenbrand – obwohl sie in ihren Willkommenspäckchen Sonnenbrillen, Sonnenschutzmittel und Kopftücher vorfanden. Für Enttäuschung sorgte auch die Tatsache, dass die Teilnehmer anders als in den vergangenen Jahren keine Hardware geschenkt bekamen.

Ansonsten aber war die Entwicklerkonferenz ein voller Erfolg: Google hat viele Innovationen präsentiert, die das Leben von Smartphone-Fans und allgemein Technik-Anwendern in den nächsten Jahren maßgeblich beeinflussen werden.

Auf den folgenden Seiten stellen wir Ihnen die wichtigsten Neuerungen vor. Dabei geht es unter anderem um Heimautomatisierung, einen digitalen Assistenten, eine neue Virtual-Reality-Plattform, ­Android für Autocomputer, leistungsfähigere Smartwatches und zwei neue Messenger-Apps.

Die kommende Android-Version N gehört streng genommen nicht zu diesen Google-I/O-Neuerungen. Denn sie war (in einer Vorschauversion) schon etwa zwei Monate vor der Konferenz verfügbar. Dennoch spielte sie bei vielen der Veranstaltungen eine wichtige Rolle, da sie als Grundlage dient beispielsweise für die Auto- und die Virtual-Reality-Projekte.

240 Veranstaltungen

Stolze 240 Veranstaltungen standen an den drei Tagen zur Auswahl. Darunter viele mit Themen, die tatsächlich vorrangig für Entwickler von Interesse sind. Auch für reine Anwender spannend ist jedoch beispielsweise die neu vorgestellte Funktion „Instant Apps“, die es erlauben wird, Android-Apps auf Smartphones zu verwenden, ohne sie vorher zu installieren. Von ebenfalls allgemeinem Interesse ist die Möglichkeit, in Zukunft fast alle der etwa 2 Millionen Android-Apps auch auf Chromebooks einzusetzen.

Google Home

Mit „Google Home“ hat Google einen stimmgesteuerten smarten Lautsprecher vorgestellt, der in Konkurrenz zu „Amazon Echo“ tritt. Auf den Markt kommen soll das Gerät voraussichtlich noch in diesem Jahr.

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„Google Home“ erlaubt es den Benutzern, durch gesprochene Befehle Informationen in Erfahrung zu bringen – also beispielsweise Termine, Verkehrsdaten, Paketversandbenachrichtigungen, Flugdetails und ­Lexikoneinträge. Das System ist aber auch imstande, derartige Informationen zu sammeln und erst dann preiszugeben, wenn der Anwender ihm zu verstehen gibt, dass er bereit ist zuzuhören. Zumindest teilweise kann „Google Home“ diese Informationen auch auf geeigneten Fernsehgeräten darstellen. Zudem ist der schlaue Lautsprecher imstande, Heimautomatisierungssys­teme anzusteuern, um zum Beispiel Lampen und Klimaanlagen ein- und auszuschalten.

Und nicht zuletzt ist es mit „Google Home“ auch möglich, Musik abzuspielen – über den Dienst „Google Play Music“, vermutlich aber auch über andere Dienste.

Google-Cast-Integration

Der „Google Home“-Lautsprecher unterstützt die „Google Cast“-Technologie, die von den Medien-Streaming-Adaptern der „Chromecast“-Reihe her bekannt ist. (Und basiert auch auf derselben Hardware). Daher kann „Google Home“ mit anderen geeigneten Lautsprechern drahtlos Verbindung aufnehmen, um mehrere Räume mit Musik zu versorgen.

Google Assistant

Der digitale Helfer, der im „Google Home“-Lautsprecher seinen Dienst verrichtet, trägt den naheliegenden Namen „Google ­Assistant“. Ähnlich wie „Google Now“ kann der Assistant Informationen aus dem Internet abrufen. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass der neue Assistent zu Unterhaltungen mit Nachfragen fähig ist – und die Informationen, die er dabei erhält, zusammensetzen kann, um zu verstehen, was der Anwender von ihm möchte.

Chatten mit Unterstützung Der neue Google-Messenger „Allo“ erkennt die Inhalte von empfangenen Fotos – und kann Ihnen passende Antworten in Ihrem eigenen Stil vorschlagen.

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Der neue Google-Messenger „Allo“ erkennt die Inhalte von empfangenen Fotos – und kann Ihnen passende Antworten in Ihrem eigenen Stil vorschlagen.

Zwei neue Messenger

Weil es noch nicht genügend Messenger gibt (beispielsweise Googles eigene Lösung „Hangouts“) hat Google mit „Allo“ und „Duo“ gleich zwei neue Messenger-Apps präsentiert – für Android und für iOS.

„Allo“ ist laut Google ein „smarter Messenger“. Denn die App unterstützt den Anwender auf zweierlei Arten: Erstens schlägt Allo ihm Antworten vor, die er nur noch auswählen muss, statt sie zu tippen. Im Laufe der Zeit lernt die App die Art, wie sich der Anwender ausdrückt, und kann dann Antworten vorschlagen, die tatsächlich zu ihm passen. Dabei kann Allo nicht nur auf geschriebene Texte reagieren, sondern auch auf die Inhalte von empfangenen Fotos.

Und zweitens ist es möglich, den neuen „Google Assistant“ direkt aus dem Messenger heraus zu verwenden – beispielsweise um während einer Unterhaltung mit Freunden beim Planen von gemeinsamen Unternehmungen Informationen über in Frage kommende Filme oder Restaurants abzurufen.

Die App „Duo“ dagegen widmet sich Videotelefonaten. Sie soll einerseits hochauflösende Videoübertragungen ermöglichen, andererseits aber auch mit schlechten Internet-Verbindungen zurechtkommen. Darüber hinaus ist es der Software möglich, nahtlos zwischen Übertragungen per Mobilfunk und per WLAN hin- und herzuwechseln. Und nicht zuletzt verwenden alle Videotelefonate eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.

Virtuelle Realität

Die neue Virtual-Reality-Lösung „Daydream“ von Google ist wesentlich leistungsfähiger als ihr sympathischer Vorgänger „Cardboard“ – erfordert aber auch teurere Hardware.

Headset plus Smartphone. In ein „Daydream“-Headset muss der Anwender ein geeignetes Smartphone einsetzen, um virtuelle Realität erleben zu können.

Headset plus Smartphone.
In ein „Daydream“-Headset muss der Anwender ein geeignetes Smartphone einsetzen, um virtuelle Realität erleben zu können.

„Daydream“ soll realistischere Virtual-Reality-Darstellungen ermöglichen als die Bastellösung „Cardboard“, verabschiedet sich dafür aber von dem Konzept, mit beinahe jedem Smartphone zu funktionieren:

Die neue Plattform besteht aus Software und aus Hardware. Bei der Software handelt es sich um Funktionen, die in die kommende ­Android-Version N integriert sind und die unter anderem dafür sorgen, dass Virtual-Reality-Apps sehr schnell auf Kopfbewegungen und andere Sensordaten reagieren können. Die Verzögerung zwischen Bewegungen und Reaktionen liegt dadurch unterhalb der magischen Grenze von 20 Millisekunden. Zusätzlich nötig sind ein kompatibles Smartphone, ein Headset und ein Controller. Der Controller erlaubt es dem Virtual-Reality-System, Bewegungen zu erkennen. Darüber hinaus verfügt er über ein Touchpad und zwei Tasten.

Virtual-Reality-Inhalte. Nicht nur YouTube-Videos und Street-View-Landschaften lassen sich mit einem „Daydream“-Headset betrachten: Auch Branchengrößen wie Netflix, Hulu, HBO, Ubisoft und Electronic Arts haben Interesse daran, passende Inhalte (Videos, Apps und Spiele) bereitzustellen.

Virtual-Reality-Inhalte.
Nicht nur YouTube-Videos und Street-View-Landschaften lassen sich mit einem „Daydream“-Headset betrachten: Auch Branchengrößen wie Netflix, Hulu, HBO, Ubisoft und Electronic Arts haben Interesse daran, passende Inhalte (Videos, Apps und Spiele) bereitzustellen.

Daydream-kompatible Smartphones sollen unter anderem von Samsung, LG, HTC, Xiaomi, Huawei, Asus, ZTE und Alcatel auf den Markt kommen – und zwar ab Herbst dieses Jahres.

Android Auto

Große Dinge tun sich beim Thema „Android im Auto“: Durch zwei Neuerungen wird Android bald wesentlich mehr Autofahrern zur Verfügung stehen als bislang.

Android Auto für alle Bald wird eine Version der „Android Auto“-App erscheinen, die wir auch verwenden können, ohne das Smartphone an einen Autocomputer anzuschließen. Zwei Bildschirme Zusätzlich zu dem Bildschirm hinter dem Lenkrad verfügt das Konzeptauto Maserati Ghibli über einen berührungsempfindlichen 15-Zoll-Bildschirm in der Mittelkonsole.

Android Auto für alle.
Bald wird eine Version der „Android Auto“-App erscheinen, die wir auch verwenden können, ohne das Smartphone an einen Autocomputer anzuschließen.
Zwei Bildschirme.
Zusätzlich zu dem Bildschirm hinter dem Lenkrad verfügt das Konzeptauto Maserati Ghibli über einen berührungsempfindlichen 15-Zoll-Bildschirm in der Mittelkonsole.

Die „Android Auto“-Software sorgt bislang dafür, dass geeignete Apps ihre Bedienungsoberfläche direkt auf dem Bildschirm des Autobordcomputers ausgeben können. Auf diese Weise ist es beispielsweise möglich, Verkehrsinformationen abzurufen, Nachrichten zu verschicken und Musik abzuspielen. Vorausgesetzt halt, das Fahrzeug verfügt über ein kompatibles Computersystem. Noch in diesem Jahr wird jedoch eine neue Version von Android Auto erscheinen, die darüber hinaus die Möglichkeit bietet, solche Apps auch direkt auf dem Smartphone-Bildschirm zu benutzen – wie gehabt mit vereinfachter Bedienungsoberfläche, die die Ablenkung des Autofahrers minimieren soll. Ebenfalls hinzu kommt in dieser neuen ­Android-Auto-Version die Unterstützung des auf Benutzerdaten basierenden Verkehrs-und Navigationssystems „Waze“. Darüber hinaus wird die Software in der Lage sein, den Stimmbefehl „OK Google“ zu erkennen, ohne dass der Fahrer vorher eine Taste betätigen muss. Die zweite wichtige Neuigkeit: Google wird es in Zukunft Autoherstellern einfacher machen, Android direkt als Betriebssystem für ihre Fahrzeug-Computer zu verwenden. Die ersten Autos, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, sollen im Jahr 2017 auf den Markt kommen.

Um zu demonstrieren, wie dies aussehen kann, hat Google zusammen mit dem Chip-­Hersteller Qualcomm ein Konzeptauto entwickelt und auf der Google I/O vorgeführt.

Smartwatches

Schlaue Uhren stoßen bei den Verbrauchern zwar auf freundliches Interesse – sind aber noch weit davon entfernt, ein Massenphänomen zu sein. Zwei Google-I/O-Neuerungen könnten dazu beitragen, dies zu ändern.

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Die Version 2.0 des Smartwatch-Betriebssystems „Android Wear“ ist noch nicht ganz fertig, Google konnte jedoch immerhin schon die neuen Funktionen präsentieren: Am wichtigsten ist wohl die Fähigkeit, Apps direkt auf der Uhr laufen zu lassen, also ohne eine Verbindung zu einem Smartphone zu benötigen. Auch der direkte Zugriff aufs Internet per WLAN oder Mobilfunk ist möglich (entsprechende Hardware in der Uhr vorausgesetzt). Zudem bietet ­Android Wear nun eine kleine Bildschirmtastatur und eine Handschrifterkennung.

Die Google-Abteilung „Advanced Technology and Projects“ hat auf der Veranstaltung den Prototyp einer höchst innovativen Smartwatch vorgestellt. Die Besonderheit dieser zusammen mit LG entwickelten Uhr: Sie lässt sich bedienen, ohne dass der Anwender darauf angewiesen ist, den kleinen Bildschirm der Uhr als Eingabefläche zu verwenden. Dies schafft die Smartwatch mittels Miniatur-Radar-System, das Fingerbewegungen er­kennen kann.

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Hartmut Schumacher   Redakteur

Hartmut ist ganz vernarrt in Smartphones und Tablets. Allerdings hielt er auch schon Digitaluhren für eine ziemlich tolle Erfindung. Er betrachtet Gedankenstriche als nützliche Strukturierungsmittel – und schreibt nur gelegentlich in der dritten Person über sich selbst.

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