Samsungs S-Klasse hat mit dem Galaxy S7 und dem S7 Edge eine neue Doppelspitze. Der Hersteller hat dieses Mal an den Fundamentalwerten des gearbeitet, anstatt die Geräte mit flashigen Features zu überladen. Gut so.
Gebogenes Glas ist im Smartphone-Business ein Verkaufsrenner – so sehr, dass Samsung mit der Produktion der „Edge“-Variante seines Vorjahres-Flaggschiffs Galaxy S6 kaum nachkam. Dem Vernehmen nach hatten die Koreaner damit gerechnet, für jedes beidseitig gebogene S6 Edge vier reguläre Galaxy S6 zu verkaufen. Tatsächlich lagen die Verkäufe dann bei etwa 50:50. Grund genug, um beim Nachfolger Galaxy S7 das gebogene Glas in beiden Varianten zu verbauen – wenn auch nur auf der Rückseite, die nun sowohl beim 5,1 Zoll großen S7 als auch beim 5,5 Zoll großen S7 Edge zu den Seiten hin gewölbt ist. Das Design der Rückseite entspricht damit dem des (im deutschsprachigen Raum nicht erschienenen) Galaxy Note 5.
In Kurven: Rutschgefahr
In der Hand fühlt sich das kurvige Glas angenehm an, allerdings vermittelt die Form deutlich weniger Haftung als eine scharfe Kante, wodurch das S7 leichter ais der Hand rutscht als das S6. Vom Glas-Rücken abgesehen hat sich äußerlich aber nicht viel verändert. Nur die Kameraobjektiv ragt nun weniger stark hervor und der matte Alu-Rahmen verzichtet auf die glänzend gefrästen Kanten des S6.
Kein USB-C, aber wasserdicht
Keine Änderung gibt es beim Ladestecker: Samsung bleibt bei Mikro-USB, anstatt zum robusteren, verdrehsicheren USB-C-Standard zu wechseln. Der Hersteller erklärt den Schritt damit, dass er die Kompatibilität mit der herstellereigenen VR-Brille Gear VR nicht verlieren wollte, die ja per Mikro-USB mit dem Smartphone verbunden wird. Tatsächlich schätzt Samsung die neue USB-Norm aber wohl noch als Verkaufshindernis auf dem Massenmarkt ein und lässt zuerst lieber andere Hersteller (wie LG mit dem G5) ins kalte Wasser springen. Apropos kaltes Nass: Obwohl die Anschlüsse ohne lästige Abdeckungen auskommen, ist das Galaxy S7 wasserdicht bis zu einer Tiefe von zwei Metern und auch gegen eindringenden Staub geschützt. Wie erste „Tear-Downs“ der Geräte zeigen, wird dies durch großzügigen Einsatz von Kleber zwischen Display und Rahmen, Gummidichtungen an den Buchsen und Einschüben sowie ein superfeines Metallgitter über dem Lautsprecher erreicht, das Luft für den Klang durchlässt, Wasser aber abweist. So erreichen beide S7-Modelle die Schutzart IP68. Die kompakte Bauweise und der Einsatz von Kleber hat aber zur Folge, dass der Akku – wie auch schon beim S6 – selbst vom Fachbetrieb nur schwer zu wechseln ist.
Mehr Akku
Das Stichwort Akku bringt uns zu einer wesentlichen Hardware-Neuerung. Beim S7 stehen nun 3000 mAh Ladung zur Verfügung, beim S7 Edge 3600 mAh – das sind 18% bzw. 20% mehr als die jeweiligen Vorgänger (bereinigt man diese Zahl beim S7 Edge um den größere und daher stromhungrigere Bildschirmdiagonale, bleibt immer noch ein Plus von 8%). Das Mehr an Ladung schlägt sich auch in den Laufzeiten nieder – sogar überproportional. So konnten wir mit dem S7 nun (bei mittlerer Bildschirmhelligkeit) über 10 Stunden Youtube streamen, 13 Stunden Websurfen und 5 Stunden 3D-Games spielen. Beim S6 waren nur 7 Stunden (Youtube) knapp 8 Stunden (Surfen) und knapp 3,5 Stunden (3D-Spiel) möglich. Neben seinem Vorgänger steckt das S7 damit auch die gesamte Android-Konkurrenz in die Tasche – von großformatigen Akku-Riesen wie dem Z630 von ZTE oder dem R7 Plus von Oppo abgesehen.
„Adaptive Fast Charge“
So langsam sich der Akku entleert, so schnell ist er wieder befüllt: Mit „Adaptive Fast Charging“, wie Samsung seine Schnelllade-Technologie nennt, ist ein leeres Gerät in etwa 30 Minuten zu 50% voll, die 100-Prozent-Marke war in unserem Test beim S7 schon nach 1 h 23 min erreicht. Das funktioniert offiziell zwar nur mit Original-Netzteilen, die mit 5 bis 9 Volt laden – wir konnten beinahe die selben Ladezeiten aber auch mit Ladegeräten von Drittherstellern erreichen, die mit Qualcomms Quickcharge 2.0 Verfahren arbeiten und damit je nach Anforderung des Smartphones Spannungen von 5, 9 und 12 Volt liefern.
Wie schon die Vorgänger lassen sich die S-Geräte auch drahtlos laden. Das funktioniert über eine auf der Rückseite verbaute Induktionsspule entweder mit einem herkömmlichen, Qi-kompatiblen Ladepad oder mit Samsungs eigener „Fast Charge“-Ladestation, die ein Geschwindigkeits-Plus von 40% verspricht.
SD-Karte: Das Comeback-Kid
Der Wegfall des beliebten SD-Karten-Slots beim Galaxy S6 im Vorjahr löste eine Menge Kritik aus – Nutzer mit erhöhtem Speicherbedarf waren gezwungen, 100 Euro für die 64 GB-Version bzw. 200 Euro für 128 GB-Variante aufzuzahlen. Bei S7 und S7 Edge rudert Samsung zurück und verbaut einen kombinierten Nano-SIM- und microSD-Schlitten, der Speicherkarten mit bis zu 200 GB aufnimmt. Leider verzichtet der Hersteller aber auf die in Android Marshmallow vorgesehene Option „Adoptable Storage“, die es ermöglicht, den Speicher der eingeschobenen Karte mit dem internen Speicher zu fusionieren, um sich lästiges- Hin- und Herkopieren von Daten zu ersparen. Eine bedauernswerte Entscheidung.
Beim Systemchip fährt Samsung wieder auf zwei Schienen: Während die S7-Serie in Nordamerika mit Qualcomms Snapdragon 820 bestückt wird, kommt bei europäischen Geräten der herstellereigene Exynos 8890 Octa zum Einsatz, für den Samsung nun vier der acht Prozessorkerne selbst entwickelt. Im Vergleich zum Vorgänger Galaxy S6 ist im Benchmark eine etwa 20-prozentige Leistungssteigerung zu vermerken, woran auch die von 3 auf 4 GB erhöhte Menge an Arbeitsspeicher ihren Anteil hat. Im Alltag sind die Performance-Gewinne dennoch minimal – App-Starts und der Wechsel zwischen Anwendungen gehen um Sekundenbruchteile schneller von der Hand, ebenso das Entsperren per Fingerabrucksensor in der Home-Taste.
Samsungs Touchwiz-Oberfläche verändert das zugrunde liegende Android 6.0 Marshmallow sehr stark – das hat bei den Koreanern langjährige Tradition. Schade ist, dass dabei etliche nützliche Marshmallow-Features unter die Räder kommen, wie etwa der in Stock Android viel genauer regelbare „Nicht Stören“-Modus, die Möglichkeit zum Anlegen von verschiedenen Benutzerkonten oder die oben angesprochene, optionale Fusion von internem Speicherplatz und SD-Karte. Auf der anderen Seite stehen in TouchWiz aber auch nützliche Add-ons, wie etwa das „Always On“-Display, das auf Wunsch auch bei gesperrtem Display permanent Informationen wie Uhrzeit, entgangene Anrufe oder den Kalender anzeigt. Dank der OLED-Technik des Bildschirms erhöhte sich der Akku-Mehrverbrauch dadurch nur um etwa 0,2 Prozent pro Stunde.
Kamera: Weniger ist mehr
Schon das Vorjahres-Flaggschiff Galaxy S6 hatte eine ausgezeichnete Kamera – mit dem S7 und S7 Edge, die in puncto Kamera gleich ausgestattet sind, setzt der Hersteller noch eins drauf. Zwar wurde die Auflösung von 16 auf 12 Megapixel reduziert, womit sich der Hersteller aus dem Pixel-Wettrüsten der letzten Jahre ausklinkt. Dafür bleibt aber mehr Sensorfläche für jeden Bildpunkt und die Blende öffnet nun noch weiter (f/1.7 statt f/1.9), lässt also mehr Licht durch. Zudem hat Samsung den Phasenerkennungs-Autofokus überarbeitet („Dual Pixel“), wodurch die Kamera nun beinahe verzögerungsfrei scharf stellt. In Kombination mit der ebenfalls sehr kurzen Auslösezeit werden so auch bei schlechtem Licht schnelle und präzise Schnappschüsse möglich.
Display: AMOLED & QHD
In Sachen Bildschirm lässt Samsung die Dinge weitgehend beim alten. Das reguläre S7 bleibt bei einer Größe von 5,1 Zoll, die Edge-Variante wächst auf 5,5 Zoll. Beide Modelle stehen bei einer Auflösung von 2560 x 1440 (Quad-HD), was zu einer tadellosen Pixeldichte von 577 ppi bei der Standardvariante und 534 ppi beim S7 Edge führt – einzelne Pixel sind mit freiem Auge nicht wahrnehmbar. Anders sieht die Sache aus, wenn man die Geräte in Samsungs VR-Brille Gear VR einspannt, die der Hersteller für 99 Euro als Zubehör im Programm hat. Die Lupenlinsen der Halterung machen sogar die einzelnen Sub-Pixel sichtbar.
Allein die bessere Performance in der VR-Anwendung ist es Samsung also offenbar nicht wert, ein 4K-Display zu verbauen. Die zusätzlichen Kosten für die Bildschirm-Hardware und die nötige Rechenpower beim Rendern von 3D-Sequenzen sowie der erhöhte Stromverbrauch hat den Hersteller wohl zum Verzicht bewogen. Im Alltag ist aber ohnehin eher die maximale Helligkeit von Bedeutung, um das Display in jeder Situation ablesen zu können. Hier erreichen die beiden Galaxy S7 in unseren Messungen mit maximal 491 bzw 513 cd/m² sehr gute Werte, die bei Sonneneinstrahlung sogar noch höher gehen.
Fazit
Samsung bessert bei der neuen Generation seiner Spitzengeräte an den richtigen Stellen nach: Die Akkulaufzeit erhöht sich im Vergleich zu den Vorgängern deutlich, die Kamera profitiert vom besseren Autofokus und mit dem SD-Karten-Einschub und der wasserdichten Bauweise besinnt sich der Hersteller auf alte Tugenden. Das einzige schwerwiegende Manko ist der fehlende USB-C Anschluss.
Galaxy S7 Pro & Contra:
Ausgezeichnete Akku-Laufzeit
Exzellente Austattung, Kamera und Leistung
Haptik: Rutscht leicht aus der Hand
Galaxy S7 edge Pro & Contra:
Akkulaufzeit noch besser als beim Standard-S7
Exzellente Austattung, Kamera und Leistung
Haptik: Rutscht leicht aus der Hand
Noch teuerer als das Standard-S7
MicroSD USB Audio GPS HSPA+ NFC WLAN (a,b,g,n,ac) Bluetooth 4.2
Display: Speed: Akku: Verarbeitung: Ausstattung: Design: Haptik: Kamera: |
Leistung:
6008
Grafik:
4843
Browser:
6838
Akku:
588
|
Max. 80627 Max. 4942 Max. 7176 Max. 910 |