Home Office und Heimnetz-Anwendungen sorgen für gesteigerten Bedarf
Viele Experten hatten das Festnetz bereits für tot erklärt. Dann kam die Corona-Krise – und mit ihr eine Rückkehr zum Festnetz. Der Trend dürfte dauerhaft anhalten. Schaden tut das dem Mobilfunk jedoch nicht. Im Gegenteil.
Wenn es um Mobilfunk geht, zählt Österreich zu den weltweiten Spitzenreitern. Nicht selten verzichten hier vor allem die jüngeren Generationen auf einen klassischen Festnetzanschluss. Oder besser gesagt: verzichteten.
Österreich
Denn seit dem Beginn der Corona-Pandemie sind Festnetzanschlüsse auch in Österreich wieder populär. Laut des neusten „Internet Monitors“ der Regulierungsbehörde für Rundfunk und Telekom (RTR) nahm die Zahl der Breitbandanschlüsse in Österreich vom ersten auf das zweite Quartal 2020 um 109.000 zu. Den Anstieg führt RTR darauf zurück, dass der Großteil aller Österreicher von zu Hause arbeitet, studiert und auch die Freizeit vielfach mit Online-Aktivitäten verbringt. „Für derartige Langzeit-Dauerbelastungen bieten über Festnetz realisierte Breitbandanschlüsse eine größere Stabilität“, kommentiert Dr. Klaus M. Steinmaurer, Geschäftsführer der RTR für den Fachbereich Telekommunikation und Post, die Entwicklung bei den Breitbandanschlüssen. Das Resultat ist, dass es in der Alpenrepublik jetzt wieder mehr als 12,3 Millionen Anschlüsse gibt.
Deutschland
In Deutschland ergibt sich ein ähnliches Bild. Zum ersten Mal seit 13 Jahren wurde 2020 mehr im deutschen Festnetz telefoniert. Zum Beginn der Pandemie im März letzten Jahres verzeichnete Vodafone Deutschland sogar schlagartig 45 Prozent mehr Telefonate im Festnetz. Telefónica berichtete, dass die eigenen Kunden „ausgiebiger und länger“ miteinander telefonierten. Konkret stieg die Anzahl und Länge der Telefonate hier um ein Drittel. Die Deutsche Telekom sowie die Swisscom in der Schweiz bestätigten ebenfalls einen mitunter großen Anstieg im Festnetzbereich. Das Phänomen beschränkt sich dabei nicht auf deutschsprachige Länder, sondern lässt sich in ganz Europa und darüber hinaus feststellen. In Neuseeland verzeichnete der Anbieter Inspire Net sogar einen zeitweisen Anstieg von 150 Prozent bei Anrufen vom bzw. aufs Festnetz.
Weitere Funkstandards
Ausgelöst wurde der Trend zurück zum Festnetz unzweifelhaft durch die Corona-Pandemie. Die Frage ist nun, ob es sich um eine kurzweilige Trendwende handelt – oder ob diese anhält. Experten gehen davon aus, dass viele Arbeitnehmer auch über die Pandemie hinaus zumindest tageweise von zuhause aus arbeiten wollen. „Ohne Festnetz und die entsprechende Infrastruktur ist das dauerhaft kaum möglich“, betont  Ulrich Grote, Vorsitzender der ULE Alliance. „Um Breitbandanwendungen wie auch HD-Telefonie und Smart-Home-Anwendungen möglich zu machen, müssen die Internet-Provider Gateways anbieten, die neben WLAN auch weitere Funkstandards wie DECT und ULE unterstützen. Im Gegensatz zu DECT ist WLAN einfach zu unzuverlässig für wichtige Telefonate“, weiß Ulrich Grote. „Sind DECT-Chips im Gateway verbaut, lässt sich zudem mittels eines einfachen Software-Updates der ULE-Funkstandard hinzufügen, sodass das Gateway gleichzeitig zur Basis fürs Smart Home wird“, erklärt Ulrich Grote. Für Anwender bedeutet dies, dass sie sich ihr eigenes Smart Home Stück für Stück und unabhängig vom Angebot einzelner Hersteller aufbauen können, ohne eigens eine Smart-Home-Zentrale anschaffen zu müssen.
Keine Einbußen beim Mobilfunk
Umgekehrt bedeutet der Trend hin zum Festnetz allerdings nicht, dass sich die User vom Mobilfunk abwenden. Zwar fiel etwa bei Vodafone Deutschland der Anstieg der Datenmenge im Mobilfunk geringer aus als in den Vorjahren. Dennoch liefen im vergangenen Jahr 1,13 Milliarden Gigabyte an Daten durch das mobile Vodafone-Netz, was einen Anstieg von 37,5 Prozent im Vergleich zu 2019 bedeutet. Es sieht also danach aus, als seien weder das Festnetz noch der Mobilfunk tot. Stattdessen dürften beide zukünftig friedlich koexistieren und die unterschiedlichen Bedürfnisse jeweils ideal abdecken.