Vom Jawbone UP, einem Bewegungs- und Schlaf-Tracker, ist endlich ein Testgerät eingetroffen. Konkret handelt es sich dabei um ein stylisches Armband, das jede Bewegung und jede Ruhephase minuziös aufzeichnet und sich später mit einer App synchronisieren lässt, die als Extra auch die Aufzeichnung von Essgewohnheiten bietet. Jawbone bietet dazu interessatnte Statistiken und eine riesige Datenbank für Nahrungsmittel. Was das Ganze taugt, erfahrt ihr in unserem ausführlichen Test.
Für wen ist das UP geeignet?
Ein Tracking-Armband, das jede Bewegung, die Schlafphasen aufzeichnet und die Möglichkeit bietet, auch die zu sich genommenen Lebensmittel zu tracken, ist sicherlich nicht für jeden geeignet. Wer beispielsweise nur ab und an die zurückgelegten Schritte für einen Tag in Erfahrung bringen möchte, für den reicht eine vergleichbare, kostenlose App aus dem Play Store vollkommen aus. Dafür wäre das UP mit einem Preis von 129 Euro viel zu teuer. Wer hingegen das Jawbone UP als zusätzliches Gadget ansieht, um mit mehr Bewegung, Sport und der passenden Ernährung abnehmen, oder sich einfach nur mehr bewegen möchte, ist ganz gut beraten mit dem UP.
Lieferumfang
Das Up ist aufwendig verpackt: Eine durchsichtige Hartplastik-Hülle, umrandet im unteren Bereich von einem bedruckten Karton. Die Aufmachung ist schick und das UP ist ein einer speziellen Halterung, ähnlich einer Trophäe, verankert. Im unteren Teil (schwarzer Karton) befindet sich ein USB-Adapter, um das UP beispielsweise am Rechner aufzuladen. Die gedruckte Bedienungsanleitung befindet sich dort ebenfalls. Diese ist etwa halb so groß wie eine Visitenkarte und verweist lediglich auf die App und die zugehörige Webseite. Für Anfänger, die bisher kaum etwas mit Smartphones, Apps und Gadgets am Hut hatten, ist das eher dürftig.
Dreh und Angelpunkt ist beim UP die App, die kostenlos aus dem Play Store geladen werden kann. Interessant ist auch, dass auf der Verpackung kein einziger Hinweis auf die Kompatibilität mit Android-Geräten erwähnt wird. Stattdessen gibt es lediglich den Hinweis, dass als Systemanforderung Geräte mit iOS 5.1 oder höher kompatibel sind.
Bei Geräten mit Android funktioniert auch nicht jedes Smartphone. Offiziell und getestet wurden bisher nur wenige Geräte, und zwar folgende:
- Nexus 4
- Samsung Galaxy Nexus
- Samsung Galaxy Note 2
- Samsung Galaxy S2 Plus
- Samsung Galaxy S3
- Sony Xperia Acro
- Sony Xperia S
Das Samsung Galaxy S2 wird zwar nicht offiziell aufgeführt, ist aber ebenfalls mit der App kompatibel. Für die USA & Kanada wird auch das Samsung Galaxy S4 genannt, wie auch das HTC One. Beim One gibt es allerdings zahlreiche Meldungen, dass keine Kompatibilitätsprobleme gibt, dafür  sollen aber aber das HTC One X und XL gut funktionieren. Eine Einschränkung gibt es aber noch: Für die App wird allgemein Android in Version 4.o oder höher benötigt.
An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass Jawbone durchaus eine flexiblere App anbieten hätte können und sollen.
Look & Feel
Das Gerät als solches ist härter und steifer als erwartet. Es behält seine ringförmige Struktur, kann aber beim anlegen gebogen werden. Beim verwendeten Material handelt es sich um ein besonders hautfreundliches TPU (Thermoplastisches Elastomere auf Urethanbasis). Erzeugnisse aus diesem Material werden übrigens auch im medizinischen Bereich eingesetzt.
Das Tragegefühl ist angenehm und durch das geringe Gewicht von gerade einmal 23 Gramm nach kurzer Zeit nicht mehr spürbar. Auf der Oberseite befindet sich ein gezacktes Muster. Dabei ist aber unklar, ob dies nur aus optischen Gründen gewählt wurde, oder ob dieses Muster auch eine stabilisierende Eigenschaft hat.
An einem Ende befindet sich zum einen der An- und Ausschalter, der auch zum Umstellen in den Schlafmodus genutzt wird. Auf der anderen Seite befindet sich die Schutzkappe, unter der sich der 3,5 mm Klinkenanschluss befindet. Die Kappe sitzt sehr fest. Hier könnte sich aber auch eine Schwäche des UP befinden: Wird die Kappe über Monate und vielleicht Jahre immer wieder abgezogen und aufgesetzt, könnte diese irgendwann einmal nicht mehr halten und unbemerkt abfallen. Dies ist aber nur eine Vermutung von mir und ob sich diese bewahrheitet, wird sich erst im Langzeittest herausstellen.
Die allgemeine Verarbeitungsqualität ist sehr gut, bei einem teuren Gerät wie diesem kann dies aber erwartet werden. Es gibt keine Grade oder unsauber Verarbeitete Stellen durch das Fertigungsverfahren, oder sonstige Unregelmäßigkeiten an der Oberfläche des UP.
Technische Daten
Abmessungen Größe S
- 52 mm W × 35 mm H (Innen)
- 66 mm W × 50 mm H (Außen)
- Umfang: 141mm (Innen), 198 mm (Außen)
- 19 g
Abmessungen Größe M
- 63 mm W × 40 mm H (Innen)
- 76 mm W × 54 mm H (Außen)
- Umfang: 167 mm (Innen), 220 mm (Außen)
- 22 g
Abmessungen Größe L
- 69 mm W × 43 mm H (Innen)
- 81 mm W × 56 mm H (Außen)
- Umfang: 180 mm (Innen), 236 mm (Außen)
- 23 g
Akku
- Lithium-Ionen-Polymer Akku
- Akkubetriebsdauer bis zu 10 Tage
- Aufladung des Akkus innerhalb von 80 Minuten (mit USB-Ladekabel; ist im Lieferumfang enthalten)
Sensor & Schnittstelle
- Präzisions-Bewegungssensor
- Schnittstelle über eine einzelne Taste
- Vibrationsmotor für Benachrichtigungen
- Doppel-LEDs
Software
- iOS 5.1 oder höher
- Android 4.0 (Ice Cream Sandwich) oder neuer
- Vollständige Liste mit kompatiblen Geräten anzeigen
Materialien & Pflege
- Medizinisch zertifiziertes, antiallergisches TPU Gummi
Lieferumfang
- UP-Armband
- Kurzanleitung
- USB-Ladekabel
Funktionsumfang
Neben dem Armband wird ein kurzer Adapter mitgeliefert. Mit dem USB-Kabel, kann das UP dann am Rechner aufgeladen werden. Die benötigte App ist im Play Store kostenlos verfügbar und bildet neben dem Armband das wichtigste Element, um die gesammelten Daten anzusehen und zu vergleichen.
Smart Alarms
Mit der App wird auch ein oder mehrere „Smart Alarms“ eingestellt. Damit könnt ihr eine Uhrzeit einstellen, zu der euch das UP durch Vibration wecken soll. Darüber hinaus kann ein beliebiges Zeitfenster eingestellt werden. Dieses ist wichtig, damit das App anhand eures Schlafrhythmus im idealen Moment wecken kann und ihr entspannter aufsteht. Bisher klappte die Weckfunktion des UP bestens. Wer nur sehr schwer wachzubekommen ist, wird sich allerdings auf das Up nicht vollkommen verlassen können.
Goals
Die Standardeinstellung für Bewegungen liegt bei 10.000 Schritten pro Tag und ca. 8 Stunden Schlaf pro Nacht. Ihr könnt diese Werte aber leicht durch zwei Schieberegler verändern.
Idle Alert
Wer viel sitzt, der kann sich durch das Armband nach einer vorher festgelegten Zeit daran erinnern lassen, dass man sich wieder bewegen sollte. Die Zeit kann auch hier frei eingestellt werden. Wer jede Stunde erinnert werden möchte (UP vibriert kurz), kann dies ebenso einstellen, wie auch längere oder kürzere Intervalle.
Sport
Das UP kann unterschiedliche Bewegungsarten festhalten und später in der App auswerten. Dazu reicht ein Druck auf den einzigen Knopf des UPs. So können Trainingseinheiten später besser erkannt und im Nachhinein überblickt werden.
Power Nap
Mit dieser Funktion kann das UP kurz in den Schlafmodus geschaltet werden. Ideal für diejenigen, die tagsüber die Zeit für ein kurzes Nickerchen haben. Nach 45 Minuten weckt das UP wieder durch Vibration. Dabei lässt es euch nicht so lange schlafen, dass ihr in die Tiefschlaf-Phase kommt. Dies soll dazu dienen, dass ihr nach dem Nickerchen mit neuer Energie den Rest des Tages meistern könnt.
Bei allen Einstellungen muss das UP mit dem Smartphone verbunden sein, um die aktualisierten Informationen auf das Armband per Sync zu übertragen.
Team
Sehr interessant ist die Team-Funktion. Wenn ihr Freunde habt, die ebenfalls ein Jawbone Up nutzen, könnt ihr Teams bilden und sehen, wie viel sich die anderen pro Tag bewegt haben. Das kann durchaus einen ordentlichen Motivationsschub geben. Man will schließlich vor den Freunden ja nicht als faul auffallen.
Die App kann nicht nur die zurückgelegten Schritte schön darstellen, oder Trends aufzeigen, sondern auch ein Logbuch für eure Ernährung erstellen. Wer gezielt abnehmen möchte, muss auch zwangsläufig auf die Ernährung achten. Hierbei kann vieles schnell vergessen werden, was man im Laufe eines Tages alles zu sich genommen hat. In der App könnt ihr schnell und bequem in der  umfangreichen Datenbank Lebensmittel auswählen.
Tracking von Lebensmitteln
Allerdings habe ich dies nur die ersten Tage wirklich durchgezogen und es dann irgendwann einfach gelassen. Es ist teilweise mühsam, wenn jedes Lebensmittel getrackt werden muss. Hierbei sollte man konsequent und diszipliniert sein, um auch wirklich über einen längeren Zeitraum jedes Lebensmittel zu speichern.
Die App
Was ich nicht ganz nachvollziehen kann ist, dass Jawbone die App konsequent in englischer Sprache anbietet. Wer in Deutschland oder anderen Ländern ein so teures Gadget anbietet, sollte zumindest die App in der jeweiligen Landessprache anbieten. Andere Hersteller bekommen das auch hin.
Jawbone macht es sich offenbar aber generell gerne selbst schwer: Die App ist für iOS-Geräte ab der Version 5.1 und Android ab Version 4.0 verfügbar. Wer Android 4.0 hat, kann die App aber trotzdem nicht automatisch nutzen. Denn es werden bisher nur einige Smartphones offiziell unterstützt.
Auch wenn das Samsung Galaxy S2 nicht als unterstütztes Smartphone aufgeführt wird, läuft die App ohne Probleme. Es ist wenig nachvollziehbar, warum Jawbone es bisher nicht hinbekommen hat, die App kompatibel mit deutlich mehr Smartphones kompatibel zu machen. Auf Tablets läuft die App teilweise, dafür klappt der Sync-Prozess mit dem UP gar nicht. Das Archos 101 XS zum Beispiel kann die Daten abrufen, eine Synchronisation des UPs ist hingegen überhaupt nicht möglich.
Ebenfalls verwunderlich ist, dass zwar alle Daten irgendwo in der Cloud auf Servern liegen, Jawboneaber  keine Möglichkeit bietet, dass auf die Daten per Desktop-Rechner zugegriffen werden kann. Ausschließlich die App kann die Daten anzeigen. Das es auch anders geht, beweist beispielsweise Runtastic. Dort kann über die App und auch über einen normalen Browser auf die bisherigen Daten zugegriffen werden und macht die Sache auch etwas runder.
[pb-app-box pname=’com.jawbone.up’ name=’Jawboen UP’ theme=’light’ lang=’en’]
Nutzung weckt Interesse
Tragbare Gadgets wie das UP werden in den nächsten Monaten und Jahren verstärkt auf den Markt kommen. Das wird auch Begehrlichkeiten bei denen hervorrufen, die durch die gesammelten Daten profitieren können. Derzeit zwar noch nicht möglich, aber eine Krankenkasse könnte seine Kunden dazu drängen, ähnliche Geräte wie das UP dauerhaft zu tragen um zu überprüfen, wer sich ausreichend bewegt und wer nicht. Die Folge dessen könnten Ermäßigungen bei den Krankenkassenbeiträgen sein, oder (schlimmer) zusätzliche Kosten für den Kunden, wenn die Kasse feststellen kann, dass man sich zu wenig bewegt hat im Laufe der Jahre und dadurch spezifische Krankheiten entstanden. Ein Szenario, dass es so zum Glück noch nicht gibt, durchaus aber als Negativbeispiel denkbar ist.
Fazit
Nach längerer Tragezeit sieht das Jawbone UP immer noch gut aus und so wie am ersten Tag. Äußerliche Beschädigungen sind bisher keine aufgetreten und die runde Form ist auch erhalten geblieben. Meine große Sorge, dass die Form ausleiert oder die Verschlusskappe des 3,5 mm Klinken-Anschlusses verloren geht, hat sich bisher nicht bewahrheitet.
Das UP wird bereits nach kurzer Zeit kaum noch auf der Haut wahrgenommen. Zum einen liegt das am Material und zum anderen auch am sehr geringen Gewicht. Die Akkulaufzeit liegt bei ca. 8 – 10 Tagen und damit im Rahmen dessen, was Jawbone verspricht.
Abzüge gibt es allerdings für die App. Auch wenn die Daten wirklich sehr schön aufbereitet werden und das Design allgemein sehr gelungen ist, stört es, dass die App nur von wenigen Smartphones genutzt werden kann und dass hier die Mindestanforderung Android 4.0 gewählt wurde. Tatsache ist, dass auch aktuell noch zahlreiche Nutzer Android 2.3.x auf ihren Geräten haben.
Weiter negativ ist, dass Jawbone die App ausschließlich in englischer Sprache anbietet. Das wäre für einen simplen Schrittzähler vollkommen akzeptabel. Jedoch nicht für ein Gadget, dass 130 Euro kostet. Hier kann der Kunde schon die Erwartungshaltung haben, dass die App auch in der jeweiligen Landessprache verfügbar ist.
Jeder sollte sich bewusst sein, dass das UP und zahlreiche ähnliche Gadgets lediglich Hilfsmittel sind, um ein Ziel wie das Abnehmen zu erreichen. Die Hauptleistung muss der Träger erbringen. Darüber hinaus sollte man es sich auch gut überlegen, ob man auch über längere Zeit alle Bewegungen überwachen möchte. Dann sind 130 Euro ein akzeptabler Preis. Wer nur ab und an seine Schritte zählen möchte, wird das UP sicherlich nicht brauchen.
Würdet ihr euch ein Gerät wie das Jawbone UP zulegen? Wie denkt ihr über tragbare Gadgets allgemein? Eine vorübergehende Modeerscheinung, oder bald fester Bestandteil unseres Lebens?