Seit mehr als zehn Jahren gibt es sie nun schon: Smartphones. Geliebt, gehasst, vergöttert. In jedem Fall sind sie aus der heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken. Sie fungieren als Sprachrohr zur digitalen Welt. Als Terminkalender, Musikplayer und Surfmaschine, als Fotoapparat genauso wie als Telefon.
Doch während viele Smartphones einer ähnlichen Designsprache und schlichtweg dem Zeitgeist folgen, gibt es immer wieder Ausreißer, die das Rad neu erfinden und eine Nische besetzen wollen, die teilweise zuvor gar nicht da war. Hersteller schrecken dabei vor keiner Kuriosität zurück, ganz egal ob es das integrierte Gamepad, der 3D-Modus oder die Facebook-Taste ist. Sie haben allesamt eines gemeinsam – sie haben es in unsere Sammlung an Kuriositäten und missglückten Experimenten geschafft.
Wichtig ist zu erwähnen, dass wir mit unserer Auflistung keineswegs nur am Erfolg auf dem Markt orientiert haben. Uns war es nur wichtig, eine abwechslungsreiche Übersicht zu liefern, auf welche vermeintlichen Innovationen die unterschiedlichsten Hersteller in den letzten Jahren gesetzt haben.
“Bei allen Kuriositäten: das größte Debakel war das Samsung Galaxy Note 7!”
Christoph Lumetzberger (Redakteur)
SAMSUNG GALAXY NOTE 7
Der Inbegriff des Smartphone-Flops
Als das Galaxy Note 7 im Spätsommer 2016 in unserer Redaktion einlangte, sind wir sehr beeindruckt gewesen. Optisch machte das Premium-Phablet von Samsung einiges her und auch die Funktionen konnten uns überzeugen. Wenige Tage später vernahmen wir die ersten Berichte über explodierende Akkus in den Geräten und taten diese Meldungen zunächst als branchenübliches Säbelrasseln ab. Doch die Berichte über abgefackelte Note 7-Geräte häuften sich in beängstigender Zahl. Spätestens, als Samsung selbst eine Rückrufaktion startete und von einem Produktionsfehler sprach, war es traurige Gewissheit – das Note 7 war gefährlich!
Zunächst tauschte Samsung potenziell betroffene Geräte gegen vermeintlich neue Note 7-Telefone aus. Doch als sich auch Austauschgeräte beim Ladevorgang entzündet hatten und unterschiedliche Fluglinien daraufhin die Benutzung des Phablets in ihren Flugzeugen untersagten, war das Schicksal des Geräts besiegelt. Samsung nahm das Note 7 vom Markt und musste empfindliche finanzielle Einbußen verkraften – ganz zu schweigen von dem Imageschaden, der sich in Zahlen gar nicht beziffern lässt.
AMAZON FIRE PHONE
Man kann nicht alles können…
Amazon drang ja schon in unterschiedliche Bereiche der Technologie-Welt vor. Neben einem hauseigenen Musik- und Videostreaming-Dienst gehören auch Smarthome oder klassische E-Books zu den erfolgreichen Betätigungsfeldern des Versand-Giganten. Im Jahr 2014 versuchte Amazon, auch im Smartphone-Bereich Fuß zu fassen. Dieses Vorhaben sollte mit einem Gerät klappen, welches sich nahtlos in das Amazon-Einkaufsuniversum integrieren ließ, dem Fire Phone. Die spendierte Funktion “Mayday” bot eine direkte Verbindung zum Amazon Kundencenter und offerierte bei benötigter Hilfe Unterstützung mittels Videochat. Außerdem war “Firefly” inbegriffen, eine Frühform der künstlichen Intelligenz in Smartphones sowie die “Dynamic Perspective”, eine Funktion, die die Kopfbewegungen des Nutzers analysierte und so eine plastische 3D-Ansicht ermöglichte.
Der große Haken damals war der Preis, der mit 650 US-Dollar in Bereichen eines Samsung Galaxy oder iPhone 5s lag. Nach einem Jahr und weltweit nur 35.000 verkauften Geräten stampfte Amazon das Fire Phone wieder ein.
SONY ERICSSON XPERIA PLAY
Smartphone meets Playstation- an sich selbst gescheitert
Zugegeben: Weder waren wir im Jahr 2011 verwundert, noch überrascht, als aus dem Hause Sony ein Smartphone mit integriertem Gamepad das Licht der Welt erblickte. Spielen auf dem Smartphone wurde immer beliebter.
Dennoch hatte es das Xperia Play von Beginn an nicht leicht, sich auf dem Markt zu etablieren. Die Portierungen von längst erhältlichen PlayStation-Spielen waren für mobile Spiele verhältnismäßig teuer und mussten darüber hinaus auch von Besitzern des Original-Spieles aufgebracht werden. Außerdem grub sich Sony unter dem Strich sogar selbst das Wasser ab, indem das Unternehmen kurz nach Marktstart des Xperia Play die PlayStation Vita auf den Markt brachte und damit, zumindest teilweise, die identische Käuferschicht bediente. Alles in allem ging das Konzept nicht auf – und es blieb bei dem einmaligen Versuch eines PlayStation-Smartphones.
LG OPTIMUS 3D
Ein missglückter Ausflug in die dritte Dimension
Wir schreiben das Jahr 2011. Die 3D-Technologie boomt – zumindest wird dies von den diversen Fernsehgeräte-Herstellern suggeriert. Nur wenn neue Mattscheiben auch 3D-fähig sind, sind sie auch “cool” und “in”. Diesen Trend machten sich auch manche Smartphone-Hersteller zunutze und versuchten, in Kombination mit allerhand mehr oder weniger nützlichen Funktionen, eine Unterkategorie in der Smartphone-Branche zu erschaffen. Stellvertretend für mehrere Experimente der Hersteller (HTC, Sharp, etc.) steht in unserem Artikel das LG Optimus 3D. Das Gerät wurde seinerzeit als das erste 3D-fähige Smartphone überhaupt vermarktet.
Neben der Darstellung von dreidimensionalen Inhalten ohne Brille, war das Optimus 3D auch in der Lage, mit der Kamera entsprechende Inhalte aufzunehmen und sogar Games in 3D darzustellen. Die Geräte mussten jedoch in einem bestimmten Abstand zum Auge gehalten werden, ansonsten sahen die Nutzer “Geisterbilder” und klagten nicht selten über Kopfschmerzen oder Schwindel. Daher war der dreidimensionale Trend vorbei, bevor er überhaupt begonnen hat.
3D im Smartphone
Die dritte Dimension konnte auf den entsprechenden Geräten ohne einer 3D-Brille begutachtet werden, wie viele sie von Fernsehgeräten kennen. Möglich machte dies eine spezielle Display-Beschichtung, die dem linken und dem rechten Auge leicht unterschiedliche Bilder zeigte.
WINDOWS PHONE
Kein Platz für das dritte Rad am Wagen
Nachdem Apples iOS und Android bereits fleißig den gedeihenden Smartphone-Markt bevölkerten, versuchte Ende 2010 Microsoft mit seinem Windows Phone auf den Markt zu drängen. Nach etlichen Jahren mit zahlreichen Auf und Abs ist der Windows Phone-Nachfolger, der auf den Namen Windows Mobile hört, dem technologischen Tod geweiht.
Das mobile Betriebssystem hatte von Beginn an mit zahlreichen Widrigkeiten zu kämpfen. Allen voran ist hier die geringe Zahl an Apps zu erwähnen, die im Windows Store verfügbar waren. Viele Entwickler empfanden es schlichtweg nicht als attraktiv genug, eine große Zahl an Ressourcen in die Schaffung von Windows-basierten Applikationen zu stecken. Dies setzte einen Kreislauf in Bewegung, wodurch die Plattform über Jahre hinterherhinkte und sich nicht entwickeln konnte – eben auch ob der mangelnden Verfügbarkeit von Apps.
Im Frühjahr 2016 erschien mit dem Lumia 640 das letzte Smartphone aus dem Hause Microsoft. Danach stellte der US-amerikanische Technologieriese die Produktion neuer Geräte ein und beschränkt sich nur noch auf die Bereitstellung von Sicherheitspatches für die existierenden Geräte.
Das Marktforschungs-Unternehmen IDC prognostizierte seinerzeit, dass Windows Phone im Jahr 2016 iOS überholen sollte. Nun, diese Prognose ging gehörig daneben.
HTC CHACHA
Mehr Nische geht nicht
Für die Facebook-Enthusiasten hatte HTC einen ganz besonderen Pfeil im Köcher – das ChaCha. Dieses knapp 300 Euro teure Telefon konnte neben einem Querformat-Display und einer physischen Tastatur mit einer ganz speziellen Besonderheit aufwarten. Es hatte eine eigene Facebook-Taste. Drückte der Nutzer diese, öffnete sich direkt der Facebook-Account und auch ansonsten bettete sich das soziale Netzwerk nahtlos in das Gesamtbild des Android-Telefons ein. Es ist müßig zu erwähnen, dass dieses Gerät keine Nachahmer fand.
SAMSUNG ATIV S
Irgendwann geht jeder einmal fremd…
Hand aufs Herz: Können Sie sich überhaupt daran erinnern, dass der Weltmarktführer in Sachen Smartphone-Verkäufe je ein Telefon mit Windows-Betriebssystem auf den Markt brachte? Falls ja, gehören Sie definitiv zu einer Minderheit.
Das Gerät wurde erstmals auf der IFA 2012 vorgestellt und war ab Februar 2013 im Handel erhältlich. Es erinnert optisch an das Galaxy S3 und das Gehäuse war – trotz der metallischen Optik – zur Gänze aus Plastik gefertigt.
In Sachen Smartphone blieb es seitens Samsung bei einem einmaligen Rendezvous mit Windows Phone, allerdings erschienen unter dem Deckmantel der Ativ-Serie noch einige weitere Geräte. Einige Tablet-PCs standen zur Auswahl und sogar mehrere Ultrabooks kamen 2013 in den Handel.
Der Name “Ativ” ist ein Anagramm zu dem lateinischen Wort Vita, was für “Leben” steht. Und eben jenes Leben ist bei der Ativ-Serie bereits ausgehaucht. Denn auf der Homepage des Herstellers finden sich keine Hinweise mehr auf aktuelle oder zukünftige Geräte.
SAMSUNG Galaxy S4 ZOOM
Smartphone und Fotoapparat in einem
Als wir seinerzeit auch das Samsung Galaxy S4 Zoom in der Redaktion hatten, waren wir etwas zwiegespalten. Einerseits gefiel uns die Idee, ein aktuelles Smartphone mit einer starken Kamera auszurüsten. Andererseits erinnerte das S4 Zoom eher an einen Fotoapparat für Kleinbildfilm, als an ein futuristisches Smartphone. Da hilft es nur wenig, dass die technischen Daten des Gerätes (das im Wesentlichen auf dem “normalen” Galaxy S4 basierte) allesamt zeitgemäß waren. Zudem überzeugten die verbauten 16 Megapixel samt zehnfachem optischem Zoom. Eine Kombination, die es bei Smartphones bis zum damaligen Zeitpunkt so nicht gab.
Allerdings überwogen dennoch klar die Nachteile dieses Hybriden, nämlich die unsägliche Gerätetiefe von über 1,5 Zentimetern – und das ohne ausgefahrene Zoomlinse.
KURIOSE GERÄTE
NOKIA N-Gage
Als Anfang der 2000er-Jahre immer mehr Leute gleichzeitig ein Handy und einen Gameboy mit sich trugen, erschuf Nokia den N-Gage, einen Hybriden aus Telefon und mobiler Spielekonsole. Das Gerät war in der Szene beliebt, dennoch reichte der Erfolg nicht ganz an Nokias Erwartungen heran. Die überschaubare Anzahl an Spielen hatte sicher ihren Anteil daran.
NOKIA N93
Ebenfalls aus dem Hause Nokia entsprang dieser Hybrid aus einem Handy und einem Camcorder. Für das Jahr 2006 war das Telefon sehr fortschrittlich. Damals konnten Fotos mit bis zu 3,2 Megapixel und Videos bis zu 640×480 Pixel aufgenommen werden. Diese Zahlen bringen uns heute zum Schmunzeln, waren damals „State of the Art“.
SONY ERICSSON T68i
Im Jahr 2002 war das Sony Ericsson T68 das erste Handy mit einem Farbdisplay. Dem nicht genug, bekam es mit der „Communicam MCA-10“ eine externe Ansteck-Kamera spendiert, über welche es Fotos machen konnte. Die Auflösung betrug 352×288 Pixel.
Später folgte eine überarbeitete Version des Telefons, das unter dem Namen T68i zu großer Beliebtheit avancierte.
NOKIA 7600
Ob das Nokia 7600 einem nun gefallen hat oder nicht, musste im Jahr 2003 jeder für sich selbst entscheiden. Die Bedienung war jedoch alles andere als praktisch, denn die klassische Tastatur-Anordnung mit drei Zahlen in einer Reihe wurde durch das 7600 ad absurdum geführt.
SIEMENS XELIBRI 6
Auch im Jahr 2018, satte 14 Jahre nach der Veröffentlichung des Xelibri 6, rätseln wir noch immer, was Siemens mit diesem Gerät bezwecken wollte. Optisch erinnerte es an eine Puderdose und die Bedienung war maximal durchschnittlich. Die Tastenanordnung schien eine Zweihand-Bedienung zu ermöglichen, die geringe Geräte-Größe hatte jedoch etwas dagegen.
Da geht noch mehr!
Wir haben hier keineswegs eine vollständige, abgeschlossene Liste zusammengestellt. Uns war es vielmehr wichtig, unterschiedlichste Designversuche, Kuriositäten und Epochen abzubilden. Bereits Anfang der 2000er-Jahre, als die ersten Farbbildschirme und Kameras in die – damals noch Handys genannten – Telefone wanderten. Mit dem Siegeszug der Smartphones erreichten die Möglichkeiten, in die mobilen Begleiter in allen erdenklichen Formen Gadgets zu integrieren, ungeahnte Sphären. Und das Sammelsurium an Experimenten wird auch in den nächsten Jahren um viele unterschiedliche Varianten erweitert werden. Da können Sie sicher sein!