Meinungsfreiheit vs. Zensur: Das Dilemma von Facebook und Twitter im Kampf gegen die IS-Propaganda

Redaktion 29. November 2015 0 Kommentar(e)

Wie wehrhaft müssen Demokratien sein, damit sie nicht Opfer ihrer offenen Gesellschaften werden? Seit den Anschlägen von Paris rückt die Propagandamaschinerie des sogenannten „Islamischen Staates“ (IS), die ihre mörderische Ideologie auf sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter verbreitet, erneut in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. 

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Auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hat sein Profilbild mit der französischen verziert, um Solidarität mit den Opfern der Terroranschläge in Paris zu bekunden.

Auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hat sein Profilbild mit der französischen Flagge verziert, um Solidarität mit den Opfern der Terroranschläge in Paris zu bekunden.

Nichts im Leben kommt ohne Widersprüche aus. Wie viel Wahrheit in dieser Bauernweisheit steckt, stellt tagtäglich der „Islamische Staat“ unter Beweis: Einerseits propagiert die Terror-Miliz ein Leben, wie es einst Prophet Mohammed führte. Andererseits hat der IS keine Probleme damit, auf Techniken des 21. Jahrhunderts zu setzen, um neue Anhänger zu rekrutieren. Auf Facebook, Twitter und anderen sozialen Netzwerken bejubeln Accounts, die dem „Islamischen Staat“ zugerechnet werden, militärische Erfolge der Organisation, teilen Fotos und Videos von Gräueltaten und verbreiten das menschenverachtende Weltbild des IS.

Medienarbeit des IS wird professioneller

Nach den Anschlägen von Paris, die 130 Unschuldigen das Leben gekostet haben, bekundeten Millionen und Abermillionen von Menschen ihre Solidarität mit Frankreich. Sie legten Blumen vor der französischen Botschaft nieder, beteiligten sich an Trauermärschen oder verpassten ihrem Facebook-Profilbild die Tricolore. Abseits davon, unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit, verbreitete der „Islamische Staat“ auf den sozialen Netzwerken aber weiter seine Propaganda.

Diese wird, so berichtet die Washington Post, außerdem immer professioneller. Wurden auf Facebook oder Twitter anfangs lediglich wacklige Kamerabilder von Fußsoldaten veröffentlicht, würden heute richtige Kamerateams ausschwärmen, um professionelles Bildmaterial für die Inszenierungen des IS zu sammeln. Dahinter stehen echte Medienprofis in den Reihen der Terrororganisation, deren Arbeit dem „Islamischen Staat“ so wichtig ist, dass er sie im Rang sogar militärischen Befehlshabern gleichgestellt hat. Damit erhalten sie unter anderem ein größeres Einkommen, großzügige Wohnräumlichkeiten und andere Vergünstigungen.

Facebook und Twitter, als die beiden bekanntesten sozialen Netzwerke der Welt, stehen aufgrund der IS-Propaganda vor einem besonders großen Dilemma. Die beiden US-amerikanischen Unternehmen schreiben sich einerseits die Meinungsfreiheit auf die Flagge, so wäre etwa der „Arabische Frühling“ oder der Sturz der ukrainischen Regierung durch die Maidan-Bewegung ohne die Plattformen als Kommunikations-Werzeug wohl kaum möglich gewesen. Andererseits nutzt der „Islamische Staat“ eben diese Öffentlichkeit, um seine Ideologie zu verbreiten und macht Facebook und Twitter damit zu einer Waffe in seinem Kampf gegen eine offene, liberale Welt.

Wo endet die freie Meinungsäußerung?

In seinen eigenen Nutzungsbedingungen verbietet Twitter mittlerweile das „Bewerben von Terrorismus“, eine klare Definition des Tatbestandes bleibt der Kurznachrichtendienst aber schuldig. Gehört der Jubel über Terroranschläge noch zu freien Meinungsäußerung oder wird damit bereits Terrorismus beworben? Was ist mit der Bewerbung strenger Scharia-Gesetze, dem bloßen Zeigen der IS-Flagge oder dem Verlinken auf Webseiten des „Islamischen Staates“?

Wo endet die freie Meinungsäußerung, wo beginnt Terrorpropganda? Dieser Gretchenfrage müssen sich in Zeiten des Terrorismus nicht nur Facebook und Twitter stellen, sondern die gesamte Gesellschaft.

Quelle: derStandard

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